Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerpflicht der Zahlung eines Grundstücksnachbarn für den Verzicht auf nachbarschützende Bauvorschriften
Leitsatz (redaktionell)
Erhält der Steuerpflichtige als Grundstückseigentümer aufgrund eines Vergleichs eine Zahlung dafür, dass er die geltend gemachten, auf öffentlich-rechtlichen, nachbarschützenden Vorschriften des Baurechts beruhenden Einwendungen gegen die bereits durchgeführte Bebauung des Nachbargrundstück endgültig aufgibt (hier: Überschreitung der zulässigen Firsthöhe), so führt die Zahlung zu gemäß § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtigen sonstigen Einkünften.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob die Zahlung eines Grundstücksnachbarn für den Verzicht auf nachbarschützende Vorschriften der Einkommensteuer (ESt) nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegt.
Der Kläger (Kl) ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks …. Aufgrund einer Kontrollmitteilung des Finanzamts (FA) … vom 4. Juni 1998, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, erfuhr der Beklagte (Bekl), dass der Kl am 20. Februar 1997 eine Zahlung in Höhe von DM 25.000 von der Firma … GmbH, welche auf dem Nachbargrundstück … ein Wohngebäude für die Bauherren … erstellte, dafür erhalten hatte, dass der Kl Einwände gegen die zulässige Bauhöhe nicht weiterverfolgen werde.
Der Bekl erfasste den Betrag in Höhe von DM 25.000 im ESt-Bescheid 1997 vom 22. Juli 1998 als sonstige Einkünfte. Hiergegen legten die Kl, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, form- und fristgerecht Einspruch ein. Dieser vertrat in der Einspruchsschrift vom 25. Juni 1998 die Auffassung, bei der Zahlung handele es sich um einen Schadensersatz wegen Bauüberschreitung bei der Errichtung des Nebengebäudes, der als Vermögensverlust nicht der ESt zu unterwerfen sei.
Am 28. Juli 1998 erließ der Bekl nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) wegen eines im Einspruchsverfahren anderen Streitpunktes einen geänderten ESt-Bescheid 1997. Am 21. Januar 1999 wurde der ESt-Bescheid 1997 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nochmals wegen eines anderen Punktes (Überlassung eines Firmenfahrzeugs) geändert. Dieser Bescheid wurde vom Bekl am 25. Mai 1999 schließlich nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO wegen Veränderungen bei der Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugunsten des Kl geändert.
Während des Einspruchsverfahrens wurde vom Prozessbevollmächtigten der Kl dem Bekl in Kopie des notariellen Kaufvertrags bezüglich des Grundstücks … vom 6. November 1995 einschließlich von Schnittzeichnungen des aufstehenden eigenen Gebäudes und des Nachbargebäudes sowie die Schreiben des Kl an den für das Nachbargebäude zuständigen Architekten vom 14. Mai 1996, das Schreiben des Baurechtsamts des Gemeindeverwaltungsverbands … an diesen Architekten vom 5. August 1996. das Schreiben des Kl an die baubetreuende Gesellschaft vom 23. Oktober 1996, das Schreiben des Kl an das genannte Baurechtsamt vom 11. November 1996, das Schreiben des Kl an die Fraktionen des Gemeinderats … vom 1. Dezember 1996 und das Schreiben des Kl an die baubetreuende Gesellschaft vom 18. Februar 1997, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, vorgelegt mit der Erklärung, die Entschädigung habe der Kl nicht für einen Schaden an seinem eigenen Haus, sondern für die Minderung seiner eigenen Lebensqualität, nämlich der maßgeblichen Beeinträchtigung der Aussicht, erhalten.
Nachdem die Kl dem Wunsch des Bekl, das Einspruchsverfahren im Hinblick auf das Revisionsverfahren gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 31. März 1995 K 227/94 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1997, 1022) ruhen zu lassen entgegengetreten waren, wurde der Einspruch vom Bekl mit Entscheidung vom 16. September 2000 als unbegründet zurückgewiesen. In der Einspruchsentscheidung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, vertrat der Bekl die Auffassung, eine Leistung i. S. von § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG liege auch dann vor, wenn jemand dulde, dass das Nachbargrundstück in einer bestimmten Weise genutzt werde und damit hinnehme, dass die ihm – ggf. vermeintlich – hiergegen zustehenden Nachbar- und Abwehrrechte eingeschränkt würden. Die Steuerbarkeit entfalle erst dann, wenn dem Nachbarn ein eigenes Wirtschaftsgut übertragen oder wenn ein Teil des Grundstücks in seiner tatsächlichen Substanz abgespalten werde und dem Grundstückseigentümer die Herrschaftsgewalt darüber auf Dauer verloren gehe. Der Kl habe in der Vereinbarung vom 18. Februar 1997 nur darauf verzichtet, ihm – möglicherweise – zustehende Abwehrrechte gegen die Nachbarbebauung weiterhin geltend zu machen. Soweit ihm solche Abwehrrechte zugestanden hätten, begründe der Verzicht auf solche Ansprüche keinen veräußerungsähnlichen Vorgang im Vermögensbereich. Die Zahlung habe auch nicht einen Substanzverlust für Schäden an der Bausubstanz am Gebäude des Kl im Wege einer Schadensersatzleistung sondern lediglich eine Wertminderung ohne Beeinträchtigung der Bausub...