Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnung von Genussrechten als Dauerschuldzinsen bei Kreditinstituten
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Kreditinsituten sind Genussrechte als Dauerschuldzinsen bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG i. V. m. § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV zu berücksichtigen, weil sie im Streitfall als reine Schuldtitel ohne Mitgliedschaftsrechte Vermögensrechte verbrieften, die typischerweise nur Gesellschaftern zustanden (einerseits gewinnabhängige Verzinsung, andererseits Nachrangigkeit und Verlustteilnahme) und von Finanzinstituten für den Kapitalmarkt begeben wurden.
2. Das gilt auch dann, wenn sie zum Umlauf- und nicht zum Anlagevermögen gehören.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1; GewStDV § 19 Abs. 1 S. 1; HGB § 340f Abs. 1 S. 1, § 247 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob von der Klägerin im Jahr 2001 (Streitjahr) gehaltene Genussrechte den Betrag der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung sogenannter Dauerschuldzinsen zum Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (GewStG) in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung in der für das Streitjahr geltenden Fassung (GewStDV) erhöhen.
Die Klägerin ist ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft mit Sitz in X. Sie hielt im Streitjahr, ebenso wie im Vorjahr, von Finanzinstituten ausgegebene börsenfähige Genussscheine (vgl. Bl. 7 f. der Rechtsbehelfsakte), die sie der sogenannten Liquiditätsreserve nach § 340f Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zuordnete. Der Buchwert der Genussrechte betrug in der Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 2000 xx.xxx.xxx DM und in der Bilanz zum 31. Dezember 2001 xx.xxx.xxx DM. Die Differenz zwischen den Bilanzansätzen der in § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV genannten Aktivposten und dem steuerlichen Eigenkapital betrug unter Einbeziehung der Forderungen aus Genussrechten zum 31.12.2000 ./. xx.xxx.xxx DM und zum 31.12.2001 xx.xxx.xxx DM.
In ihrer am 11. November 2002 beim Beklagten (dem Finanzamt –FA–) eingegangenen Gewerbesteuererklärung für 2001 berücksichtigte die Klägerin die Genussrechte nicht bei der Hinzurechnung eines Anteils der Dauerschuldzinsen zum Gewerbeertrag. Der Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr wurde mit Bescheid vom 18. Dezember 2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf xxx.xxx DM festgesetzt. Nachdem die Klägerin unter dem 23. Juni 2004 eine korrigierte Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr eingereicht hatte, erhöhte das FA den Gewerbesteuermessbetrag 2001 mit Bescheid vom 9. Juli 2004 auf xxx.xxx DM. Der Änderungsbescheid stand weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Aufgrund Prüfungsanordnung vom 21. November 2006 fand bei der Klägerin in der Zeit vom 12. Dezember 2006 bis zum 17. August 2007 eine Außenprüfung (BP) unter anderem in Bezug auf die Gewerbesteuer für das Streitjahr statt. Der Außenprüfer gewann unter anderem die Erkenntnis, dass die Klägerin im Streitjahr die der Liquiditätsreserve zugeordneten Genussrechte in Form von Genussscheinen hielt. Er kam in seinem Bericht vom 4. Februar 2008 zu dem Ergebnis, dass diese Genussrechte bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags gemäß § 8 Nr. 1 GewStG i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV zu berücksichtigen seien. Der Außenprüfer begründete die Einbeziehung der Genussrechte in die Ermittlung der Entgelte für Dauerschulden nach § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV im Wesentlichen damit, nach dem Wortlaut der Vorschrift seien Forderungen aus Genussrechten (anders als andere Aktivposten) auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nicht dem Anlagevermögen zuzurechnen seien.
Das FA folgte der Auffassung des Außenprüfers und erließ am 8. Mai 2008 auf Grundlage des § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) einen Änderungsbescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2001, in dem es den Gewerbesteuermessbetrag auf xxx.xxx DM heraufsetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Gegen den Änderungsbescheid für 2001 vom 8. Mai 2008 legte die Klägerin am 27. Mai 2008 Einspruch ein. Sie berief sich darauf, dass § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV aufgrund des Zusammenhangs mit § 19 Abs. 1 Satz 2 GewStDV so zu verstehen sei, dass ihm nur dem Anlagevermögen zuzurechnende Genussrechte unterfallen.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2009 als unbegründet zurück. Es führte aus, der Formulierung des § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV sei zu entnehmen, dass die Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten zu den für die Berechnung der Dauerschulden zu erfassenden Anlagen zählten, ohne dass eine Zugehörigkeit zum Anlagevermögen erforderlich sei. Es verwies zudem darauf, dass in § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) GewStG, der zum Erlass des § 19 GewStDV ermächtigt, ...