rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzt im Praktikum als Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG; Änderung einer Kindergeldfestsetzung. Kindergeld. Arzt im Praktikum ist im Berufsausbildung
Leitsatz (amtlich)
1. Die nach bestandenen Staatsexamen nach der Approbationsanordnung für Ärzte (ÄAppo) zur ärztlichen Ausbildung gehörende 18-monatige Tätigkeit als Arzt im Praktikum gehört zur Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
2. Ob in Fällen, in denen eine ursprünglich rechtmäßige Kindergeldfestsetzung durch ein Überschreiten des Jahresgrenzbetrags i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unrechtmäßig wird, nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 aufgehoben oder geändert werden kann, blieb dahingestellt, weil die Angabe einer falschen Änderungsvorschrift die Rechtsmäßigkeit des Änderungsbescheides nicht berührt, wenn der Änderungsbescheid im Zeitpunkt seines Ergehens durch einen Änderungstatbestand materiell gedeckt ist.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, S. 2; ÄAppo § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; EStG § 70 Abs. 2; AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Sohn des Klägers (Kl) als Arzt im Praktikum (AiP) sich noch in Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) befand.
Der am Januar 1970 geborene Sohn des Kl, leistete Grundwehrdienst bei der Bundeswehr. Nach dem Wehrdienst absolvierte der Sohn des Kl ein Studium der Humanmedizin, das er mit der ärztlichen Prüfung abschloß. Wegen der Einzelheiten wird auf das Zeugnis des Regierungspräsidiums Landesprüfungsamt Baden-Württemberg für Medizin und Pharmazie vom 25. April 1997 Bezug genommen.
Aufgrund Ausbildungsvertrags mit dem – Verein vom 18. Februar 1997 übte er in der Zeit vom 1. Juni 1997 bis 30. November 1997 in einem von diesem betriebenen Krankenhaus in die Tätigkeit als AiP aus. Wegen der Einzelheiten wird auf den Ausbildungsvertrag vom 18. Februar 1997 Bezug genommen.
Im Rahmen dieses Ausbildungsverhältnisses flossen ihm Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von DM 15.323,60 zu.
Während des Medizinstudiums seines Sohnes erhielt der Kl vom Beklagten (Bekl) ausweislich der Kindergeldakten Kindergeldzahlungen, im Jahr 1997 für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Juli 1997 insgesamt DM 1.540 (7 × DM 220).
Nachdem der Kl dem Bekl mit Schreiben vom 23. Mai 1997 mitgeteilt hatte, daß der Sohn als AiP monatliche Bruttobezüge in Höhe von ca. DM 2.000 beziehen werde, übersandte ihm der Bekl mit Schreiben vom 16. Juni 1997 einen Vordruck über die „Erklärung zu den Einkünften, Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes für das Kalenderjahr 1997”, der vom Kl dem Bekl mit Schreiben vom 28. September 1997 am 29. September 1997 vorgelegt wurde. In dem Erklärungsvordruck, auf den nebst seiner Anlagen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ermittelte der Kl und sein Sohn die Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Hinblick auf die Anschaffung einer Computeranlage, einer Pauschale für Kontoführungsgebühren sowie Umzugskosten von nach in Höhe von DM 200 mit insgesamt DM 3.749,95.
Da der Bekl die Zahlungen von Kindergeld im August 1997 eingestellt hatte, stellte der Kl mit seinem Schreiben vom 28. September 1997 zudem einen Antrag auf Weitergewährung des Kindergelds mit dem Hinweis, nach Abzug der geltend gemachten Werbungskosten lägen die Einkünfte des Sohnes 1997 unter der Grenze von DM 12.000.
Unter Ablehnung dieses Antrags setzte der Bekl mit Bescheid vom 3. November 1997 das Kindergeld für den Sohn des Kl für die Zeit vom 1. Januar 1997 an mit DM 0 fest. In dem Bescheid, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, vertrat der Bekl die Auffassung, die in den Werbungskosten enthaltenen Aufwendungen für die Computeranlage seien im Wege der Abschreibung für Abnutzung (AfA) jährlich lediglich in Höhe von DM 20 v. H. der Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Die insgesamt in Ansatz zu bringenden Werbungskosten mit insgesamt ca. DM 813,50 lägen damit unter dem Arbeitnehmerpauschbetrag in Höhe von DM 2.000, so daß die voraussichtlichen Einkünfte und Bezüge des Sohnes im Kalenderjahr 1997 den maßgebenden Grenzbetrag von DM 12.000 überschreiten würden.
Gegen den am 11. November 1997 zur Post gegebenen Bescheid legte der Kl am 26. November 1997 form- und fristgerecht Einspruch ein mit dem Begehren, nach § 70 Abs. 2 EStG sei die Kindergeldfestsetzung frühestens ab dem 1. Juni 1997 aufzuheben oder zu ändern.
Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 1998, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, vertrat der Bekl die Auffassung, die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG (Schul- oder Berufsausbildung, Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten) hätten im Streitfall während des gesa...