Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung und der Festlegung des Prüfungsbeginns
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Prüfungsanordnung und dem Beginn einer Außenprüfung handelt es sich um jeweils selbständige Verwaltungsakte.
2. Auskunftsverlangen sowie die Aufforderung zur Vorlage bestimmter Unterlagen sind Prüfungshandlungen, die den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO hemmen, vorausgesetzt der Verwaltungsakt, mit dem der Prüfungsbeginn festgesetzt wird, ist rechtmäßig.
3. Dem Beginn der Außenprüfung steht ein vom Steuerpflichtigen gegenüber dem Prüfer ausgesprochenes „Hausverbot” nicht entgegen.
4. Die Duldung der Aufnahme der Außenprüfung kann dann nicht als konkludenter Verzicht auf die Einhaltung der formalen Prüfungsvoraussetzungen angesehen werden, wenn deren Verletzung ausdrücklich gerügt wird.
5. Die in § 5 Abs. 4 BpO für die Bekanntgabe des voraussichtlichen Prüfungsbeginns bestimmte Frist von vier Wochen kann bei der Erweiterung einer Prüfungsanordnung abgekürzt werden.
6. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung steht dem Antrag auf Verlegung der Außenprüfung nach § 197 Abs. 2 AO gleich, wenn der Prüfungsbeginn rechtmäßig festgelegt worden ist.
7. Die Festlegung der Person des Außenprüfers kann grundsätzlich weder selbständig noch im Verfahren gegen die Prüfungsanordnung sondern nur mit der Steuerfestsetzung, der die Prüfungshandlung zugrunde liegt, angefochten werden.
8. Der Verwaltungsakt, mit dem der Prüfungsbeginn festgelegt wird, erledigt sich unabhängig von dem tatsächlichen Beginn der Außenprüfung mit dem Ablauf des Tages, der für den Beginn der Außenprüfung vorgesehen ist, so dass hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung der Rechmäßigkeit des Prüfungsbeginns ab diesem Zeitpunkt nur noch die Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig ist.
Normenkette
AO § 197 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, §§ 169-170, 171 Abs. 4, §§ 200, 202 Abs. 1 S. 3, §§ 122, 83; BPO § 5 Abs. 4; BpO § 4 Abs. 2-3, §§ 13, 19; GG Art. 13
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung (PA) des Beklagten (Bekl) vom 11. Dezember 2006 sowie der Festlegung des Prüfungsbeginns auf den 18. Dezember 2006.
Die Klägerin (Klin) ist eine GmbH, die der Z-Firmengruppe angehört. Sie ist vom Bekl als Großbetrieb bzw. als Konzernunternehmen im Sinne der Betriebsprüfungsordnung (BPO) eingestuft. Seit dem Jahr 2002 führt der Bekl bei der Klin eine Außenprüfung (AP) für die Jahre 1996 bis 2000 durch. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Am 30. Oktober 2006 verfügte er den Erlass einer PA, wonach für die Jahre 2001 bis 2004 Körperschaftsteuer einschließlich gesonderter Feststellungen, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer geprüft werden sollten. Als voraussichtlicher Beginn der Prüfung war der 11. Dezember 2006, 8:00 Uhr, angegeben. Als Prüfer waren die Betriebsprüfer – A – und – B – sowie der EDV-Fachprüfer – C – und der Auslandsfachprüfer der Oberfinanzdirektion – D – vorgesehen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klin auf telefonische Nachfrage des Bekl vom 7. Dezember 2006 erklärt hatte, eine PA vom 30. Oktober 2006 sei der Klin nicht zugegangen, erließ der Bekl am 11. Dezember 2006 eine PA über dieselben Prüfungsgegenstände und Besteuerungszeiträume wie in der PA vom 30. Oktober 2006 und bestimmte den voraussichtlichen Prüfungsbeginn auf den 18. Dezember 2006, 8.30 Uhr. Die PA enthielt den folgenden Zusatz:
„Diese Prüfungsanordnung ersetzt die Prüfungsanordnung vom 30.10.2006. Da seitens Ihres steuerlichen Beraters, Herrn …, am 7.12.2006 auf Nachfrage telefonisch vorgetragen wurde, dass die Prüfungsanordnung vom 30.10.2006 nicht zugegangen sei, ist eine erneute angemessene Bekanntgabefrist im Sinne von § 5 Abs. 4 BpO in Verbindung mit § 197 Abs. 1 Satz 1 AO nicht erforderlich. Die Kanzlei der Betriebsprüfungshauptstelle des Finanzamts … hat das ordnungsgemäße Absenden der oben genannten Prüfungsanordnung vom 30.10.2006 entsprechend dokumentiert.”
Als vorgesehene Prüfer wurden die selben Personen genannt wie in der PA vom 30. Oktober 2006. Die PA vom 11. Dezember 2006 wurde am gleichen Tag der Sekretärin der Klin persönlich übergeben.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Dezember 2006 legte die Klin „Einspruch gegen die Prüfungsanordnung vom 11. Dezember 2006” ein. Zur Begründung ließ sie unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Einspruchsverfahren der X.X. GmbH u. Co. KG im Wesentlichen vortragen, der Bekl habe sein Ermessen in Bezug auf die Bekanntgabefrist fehlerhaft ausgeübt. Außerdem teilte der Prozessbevollmächtigte mit, dass den Prüfern am 18. Dezember 2006 der Zugang zu den Geschäftsräumen verwehrt werde, falls sie versuchen sollten, mit Prüfungshandlungen zu beginnen. Zugleich beantragte die Klin, die Vollziehung der PA vom 11. Dezember 2006 auszusetzen. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2006 wies der Bekl den Antrag auf Aussetzung der Voll...