Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuervergünstigung nach § 13a ErbStG. Widerruf der Schenkung. fiktive Behandlung des Beschenkten als Nießbraucher
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 ErbStG und § 13a Abs. 2 ErbStG sind auch dann zu gewähren, wenn der Erwerber aufgrund eines ihm von einem Mitunternehmer schenkweise oder von Todes wegen zugewendeten Nießbrauchs an einem Anteil an einer Personengesellschaft Mitunternehmer wird.
2. Dasselbe gilt auch dann, wenn der ehemals Beschenkte aufgrund eines Widerrufs einer Schenkung nach der Vorschrift des § 29 Abs. 2 ErbStG wie ein Nießbraucher zu behandeln ist und es sich damit nicht um einen von Beginn an tatsächlich eingeräumten, sondern um einen kraft Gesetzes angeordneten rückwirkenden fiktiven Nießbrauch handelt.
Normenkette
ErbStG § 13a Abs. 1-2, 4 Nr. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Tenor
1) Der Beklagte wird verpflichtet, den Schenkungsteuerbescheid, zuletzt vom 07.06.2019, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.05.2020 dahingehend zu ändern, dass für die Besteuerung der infolge der Rückübertragung von Teilen der geschenkten Unterbeteiligungen an den Gesellschaften A AG & Co. KG, B GmbH & Co. KG und C Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG verbliebenen Nutzungen i.S.d. § 29 Abs. 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG in der am 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Art. 13 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 gewährt werden. Die Berechnung der neu festzusetzenden Schenkungsteuer wird dem Beklagten übertragen.
2) Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3) Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob bei einer Besteuerung nach § 29 Abs. 2 ErbStG infolge eines Widerrufs einer vorangegangenen Schenkung von Betriebsvermögen weiterhin die Steuerbegünstigungsvorschrift des § 13a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) a.F. anwendbar ist.
Der Kläger ist Gesellschafter der A AG & Co. KG, der B GmbH & Co. KG und der C Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG. Mit notariellen Schenkungsverträgen vom 21.12.2004 räumte der Kläger seiner am … geborenen Tochter, Frau D (im Folgenden auch „Beschenkte”), Unterbeteiligungen an seinen Beteiligungen von jeweils ca. 3/10 an den vorgenannten Gesellschaften ein. Der Kläger verpflichtete sich, eine etwaige auf die Übertragung anfallende Schenkungsteuer zu übernehmen. In § 1 Ziffer 3 der Schenkungsverträge war ein Widerrufsrecht des Klägers als Schenker u.a. für den Fall vorgesehen, dass nach der Einräumung der Unterbeteiligung Änderungen des Erbschaftsteuergesetzes oder des Bewertungsgesetzes eintreten, die zu einer gänzlichen oder teilweisen unmittelbaren oder mittelbaren geringeren Belastung der Vermögensübertragung führen würden oder ihm nach Vertragsschluss ein weiterer oder mehrere weitere leibliche eheliche Abkömmlinge geboren werden.
Für den Erwerb der Unterbeteiligungen wurde mit unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Steuerbescheid vom 29.04.2005 Schenkungsteuer in Höhe von insgesamt … EUR festgesetzt. Als Steuerwert der freigebigen Zuwendung wurde ein klägerseits vorläufig ermittelter Wert des übertragenen Vermögens i.H.v. … EUR zugrunde gelegt (Wert A AG & Co. KG: … EUR, B GmbH & Co. KG: … EUR und C Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG: … EUR); für die eine Mitunternehmerstellung vermittelnden übertragenen Unterbeteiligungen wurde die Steuervergünstigung nach § 13a ErbStG in der am 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Art. 13 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 gewährt, d.h. der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 ErbStG i.H.v. 225.000 EUR und ein Abschlag nach Abzug des Freibetrags von 35 % (… EUR) nach § 13a Abs. 2 ErbStG. Nachdem die Klägerseite das Betriebsvermögen auf den Schenkungstag neu ermittelt hatte, wurde mit geändertem Schenkungsteuerbescheid vom 23.05.2006 Schenkungsteuer in Höhe von … EUR festgesetzt. Der Steuerwert der freigebigen Zuwendung wurde mit … EUR zugrunde gelegt (Wert A AG & Co. KG: … EUR, B GmbH & Co. KG … EUR und C Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG … EUR); erneut wurde die Steuervergünstigung nach § 13a ErbStG a.F. gewährt, d.h. der Freibetrag i.H.v. 225.000 EUR und ein Abschlag nach Abzug des Freibetrags von 35 % (… EUR).
Unter Bezugnahme auf das Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24.12.2008 erfolgte klägerseits am 15.12.2009 die privatschriftliche Erklärung des Widerrufs hinsichtlich 95% der übertragenen Anteile an der A AG & Co. KG; die Rückübertrag...