rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemischte Schenkung bei einer Teilerbauseinandersetzung zwischen Vater und Tochter als Miterben und hohen Wertunterschieden der Grundbesitzwerte der von den Miterben übernommenen Immobilien
Leitsatz (redaktionell)
1. Übernimmt bei einer Teilerbauseinandersetzung einer aus Angehörigen (hier: Vater und Tochter) bestehenden Erbengemeinschaft ein Miterbe (hier: Vater) eine Immobilie und der andere Miterbe (hier: Tochter) ein landwirtschaftliches Hofgut, das er kurz nach der Teilerbauseinandersetzung veräußert, so liegt eine gemischte Schenkung zwischen den Miterben vor, wenn der nunmehr auf den Stichtag der Teilerbauseinandersetzung auf Basis des Liquidationswerts (§ 162 Abs. 3 BewG in Verbindung mit § 166 BewG) festgestellte Grundbesitzwert des Hofguts den ebenfalls auf den Stichtag der Teilerbauseinandersetzung festgestellten Grundbesitzwert für die Immobilie um mehr als das Doppelte übersteigt und den Erben zum Zeitpunkt der Teilerbauseinandersetzung der erhebliche Wertunterschied (im Streitfall: in Millionenhöhe) zwischen Hofgut und Immobilie auch bewusst und bekannt war.
2. Der Wert der Bereicherung ist bei einer gemischten Schenkung durch bloßen Abzug der Gegenleistung vom Grundbesitzwert des zugewendeten Grundbesitzes zu ermitteln. Soweit dies im Einzelfall einen Unterschied zwischen dem nach dem Bewertungsgesetz ermittelten Wert und dem gemeinen Wert ergibt, ist dies aufgrund der typisierenden Bewertungsmethoden hinzunehmen. Das gilt auch für Ermittlung der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung.
3. Eine gemischte freigebige Zuwendung ist dann gegeben, wenn einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrags enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt.
4. Besteht bei einer gemischten Schenkung eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich war, d.h. dass dem Zuwendenden der Wertunterschied bekannt und bewusst war (BGH, Urteil v. 18.10.2011, X ZR 45/10, NJW 2012 S. 605). Ein solches Missverhältnis wird regelmäßig angenommen, wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um 20 bis 25 % unterschreitet.
Normenkette
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, §§ 9, 12 Abs. 1, 3; BewG § 162 Abs. 3, § 166
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Der Antrag auf Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird abgelehnt.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Teilerbauseinandersetzung zu einer gemischten Schenkung geführt hat.
I. Die Klägerin ist die Erbengemeinschaft nach der am xx. April 2015 verstorbenen Frau E L. Letztere war die Alleinerbin ihres am xx. März 2015 verstorbenen Vaters D F, der neben E L hälftiger Miterbe seiner am xx. Januar 2009 verstorbenen Ehefrau G F geworden war. Im gemeinschaftlichen Testament der Eheleute F vom 15. Februar 2006 war außerdem bestimmt, dass D F einen lebenslänglichen Nießbrauch an dem Erbteil von Frau E L erhalten sollte.
Zum Nachlass von Frau G F gehörten unter anderem ein Hofgut in X sowie ein Grundstück in der Y Straße x in Z. Auf den Stichtag xx. Januar 2009 wurde der Grundbesitzwert für das Grundstück Y Straße x in Z vom zuständigen Finanzamt mit Bescheid vom 12. November 2010 auf 570.000 EUR festgestellt, der Grundbesitzwert für das Hofgut in X mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 auf 732.094 EUR.
Am 11. Mai 2012 schlossen die Erben einen Teilerbauseinandersetzungsvertrag, durch welchen die bislang im hälftigen Miteigentum stehenden Nachlassgegenstände Y Straße x, in Z, und das Hofgut in X so auseinandergesetzt wurden, dass diese jeweils in das Alleineigentum der Erben übergingen. Frau E L erhielt das Hofgut in X zu Alleineigentum, Herr D F das Anwesen Y Straße x in Z. Auf den Teilerbauseinandersetzungsvertrag vom 11. Mai 2012 wird Bezug genommen (Bl. 2 bis 4 der Schenkungsteuerakten). Am 5. Juni 2012 veräußerte Frau L das Hofgut für 3.140.000 EUR an M P.
Wegen der Teilerbauseinandersetzung wurden das Grundstück Y Straße x in Z und das Hofgut in X auf den Stichtag 11. Mai 2012 erneut bewertet. Der Grundbesitzwert des Grundstücks Y Straße x in Z wurde mit Bescheid vom 12. Dezember 2014 auf 886.536 EUR festgestellt, der Grundbesitzwert für das Hofgut mit Bescheid vom 5. August 2013 auf 592.219 EUR. Mit Bescheid vom 19. Juli 2017 zog das zuständige Finanzamt die Folge daraus, dass das Hofgut am 5. Juni 2012 veräußert worden war. Gemäß § 162 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) stellte es nunmehr unter Zugrundelegung des Liquidationswerts mit Bescheiden vom 19. Juli 2017 den Grundbesitzwert des Hofguts auf den Zeitpunkt des Erbfalls auf 2.042.689 EUR, auf den Zeitpunkt der Teile...