Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids über das steuerliche Einlagekonto fehlende Steuerbescheinigung über eine Ausschüttung aus der Kapitalrücklage führt zu einer kapitalertragsteuerpflichtigen Leistung
Leitsatz (redaktionell)
1. § 27 Abs. 5 KStG ist verfassungsgemäß.
2. Auch mit Blick auf nicht anrechnungsberechtigte Anteilseigner erfüllt § 27 Abs. 5 S. 2 KStG seinen Zweck, Folgeanpassungen auf der Besteuerungsebene der Gesellschafter zu vermeiden, und ist nicht einschränkend auszulegen.
3. Ist für eine Leistung bis zum Tag der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des Wirtschaftsjahrs der Leistung eine Steuerbescheinigung i. S. d. § 27 Abs. 3 KStG nicht erteilt worden, gilt der Betrag der Einlagenrückgewähr als mit 0 Euro bescheinigt. Die Kapitalertragsteuer ist am Tag der Auszahlung der Leistung entstanden.
Normenkette
KStG § 27 Abs. 2-3, 5; EStG § 44 Abs. 1, 5; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids über das Einlagekonto fehlende Steuerbescheinigung über eine Ausschüttung aus der Kapitalrücklage zu einer kapitalertragsteuerpflichtigen Leistung führt.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Anteilseignerin die Stadt X ist. Gegenstand des Unternehmens sind Versorgungsbetriebe und Bäder.
Zum 31.12.2009 wies die Klägerin bei einer Bilanzsumme von XX.XXX.XXX EUR ein Stammkapital von XX Mio EUR, eine Kapitalrücklage von XX.XXX.XXX EUR, eine Gewinnrücklage von X.XXX.XXX EUR, einen Verlustvortragvon X.XXX.XXX EUR und einen Jahresfehlbetrag von X.XXX.XXX EUR aus.
Am 27. Juli 2010 beschloss die Klägerin eine Ausschüttung aus der Kapitalrücklage in Höhe von X Mio EUR und bezahlte den Betrag am 28. Juil2010 an die Anteilseignerin aus, ohne eine Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) zu erstellen.
In der Bilanz zum 31.12.2010 belief sich der Jahresfehlbetrag auf X.XXX.XXX EUR, die Gewinnrücklage auf XXX.XXX EUR und die Kapitalrücklage auf X.XXX.XXX EUR, nachdem der aufgelaufene Verlustvortrag und der Jahresfehlbetrag von 2009 in Höhe von insgesamt X.XXX.XXX EUR mit Rücklagen verrechnet worden war. Aus den Bilanzerläuterungen war ersichtlich, dass eine Ausschüttung erfolgt sein musste.
Die am 12. Dezember 2011 beim Beklagten eingegangene Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos sowie die mit der Körperschaftsteuererklärung für 2010 eingereichte Anlage WA enthielten keine Hinweise auf eine eventuelle Ausschüttung.
Entsprechend den Angaben in der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos erließ der Beklagte unter dem Datum 10. Februar 2012 einen Bescheid zum 31.12.2010 über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 S. 1 KStG, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) im Sinne des § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stand und das steuerliche Einlagekonto in Höhe von XX.XXX.XXX EUR feststellte.
Am 6. Dezember 2012 ging beim Beklagten eine am 4. Dezember 2012 erstellte Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ein, in der die Höhe des steuerlichen Einlagekontos, nach Verminderung um im Wirtschaftsjahr erbrachte Leistungen i.H.v. X Mio EUR, mit XX.XXX.XXX EUR erklärwt urde, sowie ein Antrag gemäß § 164 Abs. 2 AO auf Abänderung des Feststellungsbescheids vom 10. Februar 2012. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28. März 2013 ab.
Im Betriebsprüfungsbericht vom 10. April 2013 wurde die Auffassung vertreten, dass das steuerliche Einlagekonto unverändert auf XX.XXX.XXX EUR festzustellen und Kapitalertragsteuer auf die Ausschüttung vom 28. Juli 2010 zu erheben sei.
Am 22. April 2013 erhob die Klägerin Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 28. März 2013.
Der Beklagte erließ unter dem Datum 25. Juni 2013 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid zum 31.12.2010 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG, in dem der VdN aufgehoben wurde. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.
Bezugnehmend auf Tz. 33 des Prüfungsberichts vom 16. April 2013 erließ der Beklagte unter dem Datum 15. November 2013 gegenüber der Klägerin einen Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer sowie Solidaritätszuschlag mit Bezug auf den „Zeitraum 28.7.2010” gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 und 5 Einkommensteuergesetz (EStG). Da die Klägerin der Verpflichtung zur Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung nicht nachgekommen sei, würden die vorstehend angeführten Steuern gegen die Klägerin als Entrichtungsschuldnerin festgesetzt. Im Begründungsteil des Bescheids wird ausgeführt, die Klägerin werde nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG durch den vorliegenden Nachfo...