Entscheidungsstichwort (Thema)
Offenbare Unrichtigkeit bei Nichtumrechnung eines in Schweizer Franken erklärten ausländischen Arbeitslohns in einen DM-Betrag. Einkommensteuer 1996
Leitsatz (amtlich)
Eine offenbare Unrichtigkeit i. S. des § 129 AO liegt vor, wenn dem Bearbeiter der Einkommensteuerveranlagung ein Fehler dahin unterlaufen ist, dass er den in der Steuererklärung in Schweizer Franken erklärten Arbeitslohn nach Umrechnung in einen DM-Betrag in den Rechner eingeben wollte, jedoch infolge eines Versehens die Umrechnung unterlassen hat.
Normenkette
AO 1977 § 129
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Einkommensteuerbescheid nach § 129 Abgabenordnung (AO) zu berichtigen ist, weil in Schweizer Franken erklärter ausländischer Arbeitslohn bei der Veranlagung nicht in einen DM-Betrag umgerechnet wurde.
Die Kläger sind vom beklagten Finanzamt (FA) zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger, ein im Jahr 1940 geborener Diplom-Volkswirt, war bei der angestellt und befand sich im Streitjahr 1996 im sogenannten Vorruhestand. Daneben bezog er im Streitjahr aus einem Dienstverhältnis mit der Management GmbH als Geschäftsführer Arbeitslohn. In der Anlage N-Gre zur gemeinsamen Einkommensteuererklärung 1996 trug der Kläger den vom ausländischen Arbeitgeber erhaltenen Lohn in das im Vordruck dafür vorgesehene Feld in Schweizer Franken ein. Der Steuererklärung war ein Lohnausweis der beigefügt, in welcher der Lohn ebenfalls in Schweizer Franken bescheinigt wurde. Ausweislich des Eingabeprotokolls für die maschinelle Erstellung des Steuerbescheids rechnete der Bearbeiter der Veranlagung den in Schweizer Franken erklärten Arbeitslohn nicht in einen DM-Betrag um, sondern gab diesen zusammen mit den Bezügen aus dem inländischen Arbeitsverhältnis als einen DM-Betrag in den Rechner ein. Der Bescheid vom 10. März 1998 mit der unzutreffenden Besteuerungsgrundlage wurde bestandskräftig.
Nachdem das FA bei der Veranlagung des Folgejahres bemerkt hatte, dass im Einkommensteuerbescheid 1996 die Vorruhestandsbezüge nicht in DM umgerechnet, sondern in Schweizer Franken berücksichtigt worden waren, erließ es am 8. März 1999 einen Änderungsbescheid gemäß § 129 AO, in welchem die ausländischen Auskünfte nach Umrechnung in DM angesetzt wurden.
Hiergegen legten die Kläger am 26. März 1999 mit der Begründung Einspruch ein, die Voraussetzungen des § 129 AO seien bei einem „Währungsirrtum” nicht erfüllt. Durch Entscheidung vom 26. Januar 2000 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Die am 25. Februar 2000 erhobene Klage lassen die Kläger im Wesentlichen wie folgt begründen: Entgegen der Auffassung des FA sei vorliegend keine offenbare Unrichtigkeit gegeben. Denn es liege weder ein Schreib-, noch ein Rechenfehler, noch eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO vor. Die Fehler, die dem FA bei Erstellung des Einkommensteuerbescheids 1996 unterlaufen seien, ließen sich den in § 129 AO aufgelisteten Fehlerkategorien nicht zuordnen. Der Bearbeiter hätte sich zunächst einmal vergegenwärtigen müssen, dass vorliegend ein atypischer Fall des Vorhandenseins eines Fremdwährungsbetrags gegeben gewesen sei. Hierfür allein hätte es bereits der Sachverhaltsaufklärung bzw. der Tatsachenwürdigung bedurft. Mangelnde Sachverhaltsaufklärung bzw. unrichtige Tatsachenwürdigung falle nicht unter den Begriff der offenbaren Unrichtigkeit. Ein für die Anwendung des § 129 AO erforderlicher Versehensfehler scheide demnach aus. Im Übrigen dürfe es keinen Unterschied machen, ob der betreffende Sachbearbeiter eine gebotene Sachverhaltswürdigung falsch vorgenommen oder – wie hier – völlig unterlassen habe. Andernfalls würde der Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetz (GG) verletzt. Nach Feststellung eines Fremdwährungslohns hätte der Sachbearbeiter den Umrechnungskurs ermitteln müssen. Erst danach hätte er die Umrechnung vornehmen können. Mit einem solchen Vorgang seien automatisch gedankliche Anstrengungen und rechtliche Wertungen verbunden. Es handle sich eben nicht um ein rein mechanisches Versehen, vielmehr hätten mehrere gedankliche Vorgänge hintereinander ausgeführt werden müssen, um zum Ziel zu gelangen. Da der begangene Fehler damit automatisch in den Bereich des Überlegens, Denkens und Schlussfolgerns falle, hätte er nicht nach § 129 AO berichtigt werden dürfen. Hieran ändere die Tatsache nichts, dass der Sachbearbeiter die erforderliche rechtliche Wertung unterlassen habe. § 129 AO dürfe auch dort keine Anwendung finden, wo eine rechtliche Wertung, welche einer Berichtigung nach § 129 AO nicht zugänglich wäre, pflichtwidrig unterlassen worden sei. Hätte der Sachbearbeiter zwar umgerechnet, tatsächlich jedoch statt Schweizer Franken einen Betrag in Französischen Francs angesetzt, so wäre dies aus den o.g. Gründen gleichfalls nicht im Wege des § 129 AO korrigierbar. Da über den Fall eines Währungsirrtums – soweit ersichtlic...