rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Gestaltungsmissbrauch bei Bestellung eines befristeten unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs an einem vermieteten Grundstück zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch ein aufgrund der Bestellung eines unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs an einem Grundstück nur befristet Nutzungsberechtigter kann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.
2. Eltern steht es frei, zu entscheiden, ob sie ihrem Kind zum Zwecke der Gewährung von Unterhalt Barmittel überlassen oder ob sie ihm – auch befristet – die Einkunftsquelle selbst übertragen. Entscheiden sie sich aus steuerlichen Gründen dafür, einen befristeten, unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch an einem vermieteten Grundstück zu bestellen, führt allein dies nicht dazu, dass die zugrunde liegende rechtliche Gestaltung als unangemessen im Sinne des § 42 AO anzusehen wäre.
3. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass das betroffene Grundstück von der Ehefrau als Eigentümerin an den Ehemann für dessen betriebliche Zwecke vermietet war.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Nr. 2; AO § 42
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom 1. April 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. September 2015 wird dahingehend geändert, dass die Steuer unter Berücksichtigung von um 7.806 EUR geringeren Einkünfet n festgesetzt wird; die Berechnung wird dem beklagten Finanzamt übertragen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Anerkennung eines Zuwendungsnießbrauchs.
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2013 nach § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihre 1992 geborene, gemeinsame Tochter begann im Oktober 2011 in A mit dem Studium.
Der Kläger ist Handwerksmeister und erzielt seit dem Jahr 1992 Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Sein Betrieb befindet sich in B, … straße x. Die Klägerin ist alleinige Eigentümerin des Betriebsgrundstücks, das sie mit Vertrag vom xx.xx. 1991 erworben und im Anschluss bebaut hatte. Nach Fertigstellung im Jahr 1995 vermietete sie die „Halle mit Werkstattgebäude” an den Kläger und erklärte fortan laufende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (vgl. Mietvertrag vom xx.xx. 1996, Bl. 13 ff. Allgemeine Akte). Der Kläger machte die Mietzahlungen als Betriebsausgaben geltend. Für das Streitjahr 2013 erklärte die Klägerin nachträgliche Einkünfte aus der Vermietung dieses Objekts i.H.v. 996 EUR (Bl. 145 ESt-Akte). Darüber hinaus bezog und bezieht die Klägerin laufende Einkünfte aus einem Anstellungsverhältnis bei ihrem Ehemann.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom xx.xx. 2012 räumte die Klägerin ihrer Tochter ab dem 1. Januar 2013 einen bis zum 31. Dezember 2017 befristeten, unentgeltlichen Nießbrauch an dem Betriebsgrundstück ein (UR xxxx/xxxx des Notariats C, Bl. 34 ff. FG-Akte). Der Nießbrauch zugunsten der Tochter wurde ins Grundbuch eingetragen. Ihr stehen die Einnahmen in voller Höhe zu und sie trägt alle Lasten des Grundbesitzes. Seit dem 1. Januar 2013 vermietet die Tochter das Betriebsgebäude an ihren Vater (vgl. Mietvertrag vom 1. Januar 2013, Bl. 28 ff. FG-Akte), welcher dieses unverändert im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit als Handwerker nutzt(e).
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der Kläger für das Jahr 2013 erkannte das Finanzamt (FA) die Bestellung des Nießbrauchs zugunsten der Tochter steuerlich nicht an, da insoweit ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO vorliege. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 erhöhte es daher die Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung um die bisher in der Einkommensteuererklärung der Tochter angegebenen laufenden Einkünfte aus der Vermietung des Objekts … straße x in B auf insgesamt 8.802 EUR und ermittelte so ein zu versteuerndes Einkommen von 95.443 EUR. Mit Bescheid vom 1. April 2015 setzte esdie Einkommensteuer für das Jahr 2013 auf 18.004 EUR fest.
Gegen diesen Bescheid ließen die Kläger Einspruch einlegen und zur Begründung ausführen, die laufenden Einkünfte aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks seien nicht bei der Klägerin, sondern bei deren Tochter anzusetzen. Die Bestellung des Nießbrauchs zugunsten ihrer Tochter stelle keinen Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO dar, weil für die Gestaltung außersteuerliche Gründe maßgeblich gewesen seien. Das FA änderte aus nicht mehr strittigen Gründen die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2013 nach § 172 ...