Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Margenbesteuerung für Reiseleistungen im Rahmen von High-School- und College-Reisen mit einer Dauer von drei, fünf oder zehn Monaten. Umsatzsteuer 1995, 1996 und 1997
Leitsatz (amtlich)
Ein Reiseveranstalter, der sog. High-School- und College-Reisen ins Ausland als Pauschalreisen mit einer Dauer von drei, fünf oder zehn Monaten veranstaltet, kann für die Reiseleistungen die Margenbesteuerung nach § 25 UStG in Anspruch nehmen.
Normenkette
UStG § 25 Abs. 1, 3, § 4 Nr. 23
Nachgehend
Tenor
Die Umsatzsteuerbescheide des Beklagten für 1995, 1996 und 1997 (StNr.: 32490/26174) werden abgeändert. Die Umsatzsteuer wird
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für 1995 |
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./. 113.954,40 DM, |
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für 1996 |
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./. 291.661,20 DM |
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für 1997 |
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./.311.704,98 DM |
festgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung abwenden, wenn er der Klägerin Sicherheit in Höhe der Vollstreckungsforderung leistet, es sei denn, dass die Klägerin ihm vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist bei der Umsatzsteuer für 1995 bis 1997, ob die Klägerin, die Sprach- und Studienreisen veranstaltet sowie ein Au-Pair-Programm anbietet, auch für die von ihr im Rahmen ihrer sog. High-School- und College-Programme erbrachten Reiseleistungen die Margenbesteuerung nach § 25 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Anspruch nehmen kann und ggf. ob insoweit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, weil die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 23 UStG auf die Reiseleistungen angewendet werden muss.
Die Klägerin veranstaltet internationale Sprach- und Studienreisen. Zum einen bietet sie Pauschalreisen an, die die Reiseteilnehmer in touristisch interessante Städte und Ferienregionen führen. Die Reiseteilnehmer können im Zielgebiet einen Erholungs- oder Bildungsurlaub mit dem Besuch von Sprachkursen kombinieren. Dass die Klägerin für diese Reiseleistungen die Margenbesteuerung des § 25 UStG in Anspruch nehmen kann, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Unstreitig ist auch die Vermarktung des Au-Pair-Programms. Dabei tritt die Klägerin nicht als Veranstalterin, sondern als Vermittlerin auf. Sie erbringt – nach § 4 Nr. 5 c UStG steuerfreie – Vermittlungsleistungen im jeweiligen Drittland.
Die Klägerin ist Mitglied im DFH Deutscher Fachverband High-School e. V. Sie bietet als wesentlichen Zweig ihres Unternehmens High-School-Programme, überdies auch College-Programme an. Mit ihren High-School-Programmen wendet sie sich an Schüler im Alter von 16 bis 17 Jahren, auch von 15 oder 18 Jahren, die i. d. R. ein Gymnasium oder eine Gesamtschule besuchen und die für drei, fünf oder zehn Monate – auch auf Wunsch ihrer Eltern – eine High-School oder eine vergleichbare Schule im Ausland besuchen wollen. Angeboten wird der High-School-Besuch in den USA, in Canada, Neuseeland, Australien, Japan und in verschiedenen Staaten in Europa, außer in England auch in Dänemark, Schweden, Norwegen und Frankreich.
Da im Vordergrund der Nachfrage der Aufenthalt in anglophonen Ländern und besonders in den USA steht, sei das für einen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten konzipierte Angebot ausführlicher und exemplarisch für die anderen Länder dargestellt.
In den USA besucht der Teilnehmer eine High-School, die den weltweiten Schüleraustausch nicht nur gestattet, sondern auch fördert. Er wird einem Mentor, einem Vertrauenslehrer (Guidance Teacher) zugeteilt, der ihn berät und unterstützt, insbesondere bei der Fächerauswahl und der Zusammenstellung des Stundenplans, zu Beginn auch bei der Einstufung, die nicht der Jahrgangsstufe entsprechen muß, die der Schüler in seiner heimatlichen Schule besucht hat. In Betracht kommen – je nach Bildungsstand – die Stufen 9 (Freshman), 10 (Sophomore), 11 (Junior) oder 12 (Senior). Nach einem erfolgreichen Besuch der Stufe 12 kann der Schüler den High-School-Abschluß (Graduation) erwerben; sonst steht am Ende eines Schuljahres die Prom, die in einem festlichen Rahmen gestaltete Versetzung in die nächst höhere Jahrgangsstufe, die für den Gastschüler aus Deutschland den Abschied von „seiner” High-School bedeutet. Es gilt als selbstverständlich, dass der Gastschüler nach dem Unterricht, entsprechend seinen Fähigkeiten, mit seinen Schulfreunden in der Freizeit, auch an Wochenenden, Sport treibt (z. B. Basketball, Tennis, Baseball usw.), ein Hobby, z. B. Musik, Fotografieren pflegt und abends Theateraufführungen, Konzerte. Spiele und Wettkämpfe der Schulmanschaften und Bälle besucht und sich überhaupt vom Geist der Schule (School Spirit) erfassen läßt. Für die Dauer des Aufenthalts wird die deutsche Schülerin oder der Schüler von einer Gastfamilie aufgenommen, einer Familie, die der High-School nahe steht, häufig, weil ihre Kinder auch die Schule besuchen oder besucht haben und die bereit sind, aus ideellem Interesse einen Gastschüler wie eine eigene Tochter...