Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Feststellungsinteresse für eine (erneute Nichtigkeits-)Feststellungsklage bei früherem, bereits durch rechtskräftiges Urteil bzw. übereinstimmende Hauptsacheerledigungserklärung abgeschlossenen finanzgerichtlichen Klageverfahren. Rechtsverhältnis i.S. des § 41 Abs. 1 FGO. Voraussetzungen einer Fortsetzungsfeststellungsklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Feststellungsinteresse für eine Nichtigkeitsklage i. S. d. § 41 FGO besteht nicht, wenn über den betreffenden Steuerbescheid bereits rechtskräftig durch ein früheres finanzgerichtliches Urteil entschieden worden ist.
2. War ein Steuerbescheid bereits Gegenstand eines früheren finanzgerichtlichen Verfahrens, in dem die Beteiligten einvernehmlich die Erledigung der Hauptsache erklärt haben, ist es der Klägerin verwehrt, die Rechtmäßigkeit des von ihr beanstandeten Verwaltungshandelns im Rahmen einer erneuten Klage klären zu lassen. Insoweit ist auch die isolierte Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig.
3. Zusätzlich zu den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen erfordert die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung, welches substantiiert dargelegt werden muss.
4. Unter einem „Rechtsverhältnis” i. S. d. § 41 Abs. 1 FGO ist die sich aus einem konkreten Sachverhalt ergebende, aufgrund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen zu verstehen. Nicht feststellungsfähig sind allerdings die Feststellungen von einzelnen Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses (hier: Vorliegen einer Steuerhinterziehung als Voraussetzung für Einkommensteueränderungsbescheide).
5. Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH mit Beschluss v. 3.3.2016 (Az.: VIII B 89/15) als unbegründet zurückgewiesen.
Normenkette
FGO § 41 Abs. 1-2, § 138 Abs. 1, § 100 Abs. 1 S. 4
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1996 wegen Nichtigkeit der Bescheide, die mit folgendem Datum zuletzt geändert wurden:
Kalenderjahr |
Letzter Änderungsbescheid |
1984 |
25.03.2003 |
1985 |
25.03.2003 |
1986 |
28.03.2003 |
1987 |
17.11.2000 |
1988 |
17.11.2000 |
1989 |
17.11.2000 |
1990 |
17.11.2000 |
1991 |
17.11.2000 |
1992 |
07.09.1999 |
1993 |
07.09.1999 |
1994 |
07.09.1999 |
1995 |
15.10.2003 |
1996 |
15.10.2003 |
Das Finanzgericht Baden – Württemberg hat in seinen Urteilen vom 22. Mai 2003 4 K 75/98 wegen Einkommensteuer 1987 bis 1994 vom 20. September 2005 4 K 46/02 wegen Einkommensteuer 1984 und 1985, vom 06. September 2005 4 K 195/02 wegen Einkommensteuer 1995, vom 06. September 2005 4 K 226/02 wegen Einkommensteuer 1996, vom 27. Januar 2010 4 K 102/07 wegen Einkommensteuer 1984 bis 1996, vom 27. Januar 2010 4 K 131/07 wegen Einkommensteuer 1996 die Klagen jeweils abgewiesen. Auf die Entscheidungen wird vollumfänglich Bezug genommen.
Die Klägerin vertrat auch in diesen Verfahren die Auffassung, dass die streitgegenständlichen Steuerbescheide rechtswidrig bzw. nichtig und willkürlich seien. In den Verfahren trug sie jeweils sinngemäß vor, dass die Steuerbescheide wegen Nichtigkeit und Missachtung der Unschuldsvermutung aufzuheben seien. Die Bescheide seien nichtig, weil sie sich aus den Ermittlungen der Steuerfahndung herleiten würden. Sie beantragte die Feststellung, dass sie keine Hinterziehung der Einkommensteuer der Jahre 1984 bis 1996 begangen habe sowie die Feststellung, dass die Einkommensteuer für das Jahr 1996 nichtig sei.
Hiergegen erhobene Beschwerden wegen Nichtzulassung der Revision bzw. Verfassungsbeschwerde blieben ohne Erfolg (vgl. Bundesfinanzhof –BFH– Beschlüsse vom 04. Mai 2005 XI B 230/03, vom 15. November 2006 XI B 17/06 und XI Bs 23/06, vom 12. Dezember 2006 VIII B 28/06 und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 12. Dezember 2006 VIII S 22/02, und BFH-Beschluss vom 27. Januar 2010 VIII B 52/10). Auf die Entscheidung wird vollumfänglich Bezug genommen.
Den Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1986 haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2005 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Verfahren wurde mit Beschluss des FG Baden-Württemberg vom 16. August 2005 abgetrennt (4 K 187/05) und nur noch über die Kosten entschieden. Auf den Beschluss wird Bezug genommen (Bl. 212 Gerichtsakte 4 K 46/02).
Mit Schreiben vom 23. Februar 2013 beantragte die Klägerin erneut, die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1996 sowie der Vermögenssteuerbescheide 1989 bis 1996 beim Beklagten. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 05. Mai 2013 ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 27. Mai 2013 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 29. August 2013 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 16. September 2013 Klage erhoben in der sie beantragt:
- „Es wird festgestellt, die Einkommensteuerbescheide 1984-1996 und die Vermögensteuerbescheide 1989-1996 si...