Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus Anzahlungen bei Rücktritt vom Vertrag. Umsatzsteuer 1999
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach Abgabe einer wirksamen Rücktrittserklärung kann nur ein neuer Vertragsabschluss die Leistungspflichten wieder begründen. Mit Abgabe der Erklärung wird der Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt. Damit steht fest, dass die vereinbarte Lieferung nicht zustande kommt.
2. Tritt der Auftraggeber wegen Verzögerung der Herstellungsarbeiten der Werft vom Werkvertrag über die Erstellung einer Segelyacht zurück, so ist der Vorsteuerabzug aus bereits geleisteten Anzahlungen im Veranlagungszeitraum des Rücktritts zu berichtigen.
Normenkette
UStG 1997 § 17 Abs. 1, 2 Nr. 2; BGB §§ 349, 631
Nachgehend
BFH (Rücknahme vom 22.07.2004; Aktenzeichen V B 195/03) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen nicht ausgeführter Leistung (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz – UStG –).
Die Klägerin meldete im Jahr 1999 bei der Gemeinde B ein Handelsgewerbe an. Mit Vertrag vom 8. Januar 1999 bestellte sie bei der Werft GmbH eine Segelyacht zum Preis von 348.000 DM einschließlich 16 v.H. Umsatzsteuer. Von dem Entgelt waren 50.000 DM bei Vertragsabschluss, 90.000 DM (1. Rate) bis 20. Januar 1999 (Baubeginn), 122.000 DM (2. Rate) bis 1. April 1999 (Rohbaufertig-Aufbaubeginn), 67.000 DM (3. Rate) bis 15. Mai 1999 (ca. 6 Wochen vor Fertigstellung) sowie 19.000 DM bei Übergabe (1. August 1999) zu zahlen. Bestandteil des Vertrags wurden die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen”. In deren Punkt 4 ist in Absatz 3 folgende Regelung enthalten:
Nach Ablauf der Lieferfrist kann der Käufer den Verkäufer schriftlich auffordern, binnen einer Frist von 30 Tagen zu liefern. Wird auch dieser Termin überschritten, ist der Käufer berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten.
Am 13. Januar 1999 zahlte die Klägerin 50.000 DM an. Wegen verzögertem Baubeginn leistete sie erst am 3. Mai 1999 eine weitere Zahlung i.H.v. 90.000 DM. Trotz Drängens der Klägerin wurden dieser keine wesentlichen Baumaßnahmen nachgewiesen. Nachdem das Schiff am 1. August 1999 nicht fertiggestellt worden war, setzte die Klägerin mit Schreiben vom 3. August 1999 eine Frist zur Fertigstellung von 30 Tagen. Diese Nachfrist wurde ebenso wenig eingehalten wie der von der Werft zur Abwendung der Vertragsauflösung zugesagte neue Herstellungsablauf.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin daraufhin den Rücktritt vom Vertrag und forderte Rückzahlung der geleisteten Anzahlung i.H.v. 140.000 DM. Auf den Widerspruch der Werft gemäß § 174 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 erneut den Rücktritt vom Vertrag und wies die gemäß § 174 BGB gegen die Wirksamkeit des Gestaltungsrechts erhobenen Einwendungen substantiiert zurück. Die Werft wies auch in der Folgezeit keine Herstellungsarbeiten nach.
Im August 2001 erhob die Klägerin schließlich Klage gegen die Werft sowie deren Mitarbeiter auf gesamtschuldnerische Zahlung von 140.000 DM. Im November 2001 wurde über das Vermögen der Werft GmbH die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Da die Klage gegen die Werft GmbH nicht zugestellt werden konnte, nahm die Klägerin diese in der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2002 zurück. Die Klage auf Schadensersatz gegen den Angestellten der Werft wurde durch Urteil des Landgerichts abgewiesen.
In der Umsatzsteuererklärung 1999 machte die Klägerin ebenso wie in den zuvor abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen ihre mit den An- bzw. Ratenzahlungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Nach Prüfung des Sachverhalts kam das beklagte Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass der Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu berichtigen sei und setzte die Umsatzsteuer 1999 gegenüber der Klägerin im erstmaligen Bescheid vom 12. Juni 2002 sowie im Änderungsbescheid vom 25. Juli 2002 entsprechend höher fest.
Den gegen den erstmaligen Bescheid am 5. Juli 2002 eingelegten Einspruch wies das FA durch Entscheidung vom 14. August 2002 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der am 5. September 2002 erhobenen Klage lässt die Klägerin im Wesentlichen folgendes vortragen: Sie habe die am 1. April 1999 fällige Rate nicht bezahlt, da sie aufgrund verschiedener Ungereimtheiten Zweifel an der Rechtschaffenheit der Werft bekommen habe. Nach erfolglosen Bemühungen habe sie versucht, den Vertrag zu beenden. Die Werft sei ihrer Kündigung jedoch entgegengetreten. Gleichwohl habe sie gegen die Werft beim Landgericht Klage erhoben. Im Jahr 2002 habe die Werft Insolvenz beantragt. Der Insolvenzverwalter habe auf dem Werftgelände Bootsrümpfe festgestellt, von denen einer ihr gehören könnte. Die Klärung dieser Frage sei noch nicht abgeschlossen. Es sei deshalb nicht beweisbar, dass die Werft aufgrund der Anzahlung keine Gegenleistung erbracht habe. Dam...