Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1989
Tenor
I. Der Ablehnungsbescheid vom 18. Oktober 1991 und die Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 1992 werden aufgehoben. Das Finanzamt wird verpflichtet, den zuletzt geänderten Einkommensteuerbescheid 1989 vom 14. November 1994 erneut zu ändern und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Bausparerhöhungsgebühr in Höhe von 2.560,– DM als weitere Werbungskosten zu berücksichtigen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Finanzamt.
III. Das Urteil ist wegen der den Klägern zu erstattenden Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kläger ein grobes Verschulden i.S.v. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) daran trifft, daß sie eine Bausparerhöhungsgebühr in Höhe von 2.560,– DM erst nach Bestandskraft des Einkommensteuer-(ESt-)Bescheides 1989 als Werbungskosten geltend gemacht haben, da sie den betreffenden Beleg angeblich falsch abgeheftet hatten.
Die in den Jahren 1951 und 1953 geborenen Kläger sind verheiratet. Sie haben zwei Kinder, die in den Jahren 1984 und 1988 geboren wurden. Die Klägerin war im streitigen Veranlagungszeitraum 1989 als Gymnasiallehrerin in … tätig. Der Kläger ist Fachanwalt für Steuerrecht. Er war in diesem Jahr Mitglied einer Rechtsanwaltssozietät in …. Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines am 30. September 1986 für 465.000,– DM angeschafften Zweifamilienhauses in … dessen Hauptwohnung sie mit ihren Kindern selbst bewohnen und dessen Einliegerwohnung sie für monatlich 300,– DM vermietet haben.
Zur Finanzierung des Hauskaufs hatten sie ein durch eine Lebensversicherung gesichertes Darlehen bei der … aufgenommen, für das sie im Jahr 1989 Schuldzinsen in Höhe von 21.626,– DM bezahlten. Außerdem schlossen sie am 01. September 1986 bei der … Bausparkasse AG … zwei Bausparverträge über eine Bausparsumme von je 60.000,– DM (Vertrags-Nr. …-01 und 02) und am 18. März 1987 einen weiteren Bausparvertrag (Vertrags-Nr. 03) ab, dessen Bausparsumme sie im Jahr 1989 auf 220.000,– DM erhöhten. Dieses Bausparkonto wurde – wie sich aus dem Jahreskontoauszug für 1989 ergibt – zum 30. Juni 1989 mit einer Erhöhungsgebühr von 2.560,– DM belastet. Insgesamt erbrachten die Kläger im Jahr 1989 die folgenden Bausparleistungen (einschließlich gutgeschriebener Zinsen):
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Sparleistung insgesamt |
darin enthaltene Guthabenszinsen |
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DM |
DM |
Vertrag 01 |
7.543 – |
342.82 |
Vertrag 02 |
2.155 – |
354,51 |
Vertrag 03 |
16.669 – |
468.39 |
Summe |
26.367,– |
1.165,72 |
Die genannten Sparleistungen sind sowohl aus den Jahreskontoauszügen der Bausparkasse für 1989 als auch aus den von ihr erteilten Steuerbescheinigungen für 1989 ersichtlich. Die genannten Guthabenszinsen und die Bausparerhöhungsgebühr von 2.560,– DM ergeben sich dagegen ausschließlich aus den Jahreskontoauszügen für 1989. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die genannten Steuerbescheinigungen und Kontoauszüge Bezug genommen.
In ihrer gemeinsamen ESt-Erklärung 1989, vom 01. Januar 1991, die am 08. Januar 1991 beim Finanzamt (FA) einging, machten die Kläger einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung (V.u.V.) in Höhe von 27.986,– DM geltend. Dabei berücksichtigten sie die o.a. Guthabenzinsen aus Bausparverträgen in Höhe von 1.165,– DM als Einnahmen und die o.a. Schuldzinsen in Höhe von 21.626,– DM als Werbungskosten. Außerdem machten sie die o.a. Bausparkassenbeiträge in Höhe von insgesamt 26.367,– DM als Sonderausgaben geltend. Die Bausparerhöhungsgebühr in Höhe von 2.560,– DM berücksichtigten sie nicht als Werbungskosten.
Im Gegensatz hierzu hatten sie in der ESt-Erklärung 1986 vom 24. Mai 1987 (Eingang beim FA am 11. Januar 1988) die Anerkennung der Bausparabschlußgebühren für die Verträge 01 und 02 in Höhe von insgesamt 3.022,– DM als Werbungskosten beantragt, was das FA anerkannte.
Im ESt-Bescheid 1989 vom 21. Februar 1991 berücksichtigte das FA den Verlust aus V.u.V. in der erklärten Höhe von 27.966,– DM. Der Bescheid erging ohne Vorbehalt der Nachprüfung und war teilweise vorläufig hinsichtlich des Grundfreibetrages und der Kinderfreibeträge. In den Erläuterungen zu dem Bescheid wies das FA die Kläger darauf hin, daß sich die Bausparkassenbeiträge bei den Sonderausgaben nicht ausgewirkt hätten und regte die Prüfung an, ob Wohnungsbauprämie beantragt werden könne.
Auf den Einspruch der Kläger vom 04. März 1991 (Eingang beim FA am 05. März 1991) änderte das FA den ESt-Bescheid 1989 durch Bescheid vom 02. April 1991 gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO und berücksichtigte die in der Anlage V in Zeile 55 beantragte, aber im Bescheid versehentlich nicht angesetzte Steuerermäßigung gemäß § 34 f Einkommensteuergesetz –EStG– (das sog. Baukindergeld) in Höhe von 600,– DM. Die ESt 1989 ermäßigte sich dadurch auf 17.130,– DM. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid teilte das FA den...