Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1993

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.01.1999; Aktenzeichen V R 88/97)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2.999 DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Lieferung von Rindenhumus dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegt.

Die Klägerin, eine GmbH, stellt u.a. Rinden-Dauerhumus her. Der Humus wird aus Nadelholzrinde gewonnen. Zur Förderung der Verrottung wird die Rinde mit Wasser unter Zugabe von Harnstoff befeuchtet. Aufgrund einer unverbindlichen Zolltarifauskunft der Oberfinanzdirektion Frankfurt a. M. – Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt – vom 24. Februar 1988 (Sonderband Umsatzsteuer des Finanzamts Frankfurt a. M. III, Bl. 22) hatte der damals für die Besteuerung der Klägerin zuständige Beklagte mit Schreiben vom 02. März 1988 dieser zugesagt, daß der Rindenhumus dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 i.V.m. Nr. 39 (jetzt Nr. 45) der Anlage dazu unterliege. Mit Schreiben vom 19. November 1993 widerrief der Beklagte mit sofortiger Wirkung diese Zusage. Er vertrat nunmehr die Ansicht, daß der Humus nicht unter die Nr. 39 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 falle, weil die Klägerin durch die Beigabe von Harnstoff den Humus im Sinne der genannten Bestimmung chemisch bearbeite. Der Beklagte wich deshalb von der Umsatzsteuervoranmeldung der Klägerin für Dezember 1993 insoweit ab, als er die Lieferung des Rindenhumus dem Regelsteuersatz von 15 v.H. unterwarf. Gegen den entsprechenden Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für Dezember 1993 vom 15. März 1994 legte die Klägerin Einspruch ein mit dem Begehren, auf die streitigen Lieferungen – wie bisher – den ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Zur Begründung legte sie eine Stellungnahme des Instituts für Bodenkunde und Waldernährungslehre der Universität … vom 29. April 1994 (Rechtsbehelfsakten des Beklagten, Bl. 10) vor. Darin wird die Auffassung vertreten, daß der Rindenhumus ein Naturstoff sei, der mechanisch und biologisch aufbereitet werde. Die Befeuchtung mit Wasser unter Zugabe einer sehr geringfügigen Menge Harnstoff stelle keine chemische Behandlung dar, sondern diene lediglich der Förderung der biologischen Prozesse. Der Einspruch blieb erfolglos. Der Beklagte vertrat in der Einspruchsentscheidung vom 20. April 1995 die Ansicht, daß auf den streitbefangenen Humus der ermäßigte Steuersatz nach Nr. 45 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 nicht anzuwenden sei, da die Zugabe von Harnstoff eine chemische Behandlung sei. Begünstigt seien nur pflanzliche Düngemittel, die chemisch nicht behandelt seien.

Gegen die Einspruchsentscheidung des Beklagten hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Der Beklagte hat während des Klageverfahrens am 19. Mai 1995 der Klägerin den Umsatzsteuerjahresbescheid für 1993 erteilt. Mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 29. Mai 1995 hat die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt. Im vorliegenden Verfahren hat ihr Prozeßbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 01. Juni 1995 u.a. folgendes mitgeteilt: „… erweitere ich den Klagegegenstand auf den Umsatzsteuerbescheid für 1993 vom 19.05.95 (Anlage)”.

Mit der Klage beantragt nunmehr die Klägerin, die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 20. April 1995 aufzuheben und den Umsatzsteuerjahresbescheid 1993 vom 19. Mai 1995 dahin abzuändern, daß die Umsatzsteuer 1993 auf./. 713 DM festgesetzt wird.

Zur Begründung trägt sie vor Entgegen der Auffassung des Beklagten liege eine chemische Behandlung, durch die die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 i.V.m. Nr. 45 der Anlage dazu ausgeschlossen sei, nicht vor. Aus dem Gutachten der Universität … vom 29. April 1994 ergebe sich, daß der Naturstoff Rindenhumus durch die Zugabe geringer Mengen Harnstoff chemisch nicht behandelt werde. Die Zugabe von Harnstoff diene lediglich der Optimierung der biologischen Rotteprozesse und habe somit nur eine Hilfsfunktion. Ohne die Zugabe von Harnstoff würde der Rotteprozeß ebenfalls, wenn auch mit Verzögerung, eintreten. Nach dem Wortlaut der Erläuterung zur Tarifnummer 31.05 Abs. 1 Nr. 2 des Zolltarifs sei eine chemische Bearbeitung gegeben, wenn tierische und pflanzliche Erzeugnisse durch Einwirken chemischer Stoffe in Düngemittel umgewandelt würden. Dementsprechend entstehe durch das Einwirken von Schwefelsäure auf Leder ebenso wie durch den mit Kalk versetzten Kompost ein neues Produkt. Bei Rindenhumus entstehe dagegen durch die Zugabe von Harnstoff kein neues Produkt, sondern es werde lediglich der Verrottungsprozeß beschleunigt. Der Rindenhumus sei somit nicht unter Pos. 31.05, sondern unter Pos. 31.01 des Zolltarifs einzuordnen. Auf unter Pos. 31.01 des Zolltarifs fallende Waren sei jedoch der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Februar 1990 VII R 172/84 (BStBl II 1990, 760) könne zur E...

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