rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuersatz für die Herstellung von Mischfutter
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Umsätze aus der Herstellung von Mischfutter unterliegen auch in den Jahren 2008 und 2009 dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
2. Weder die Abgabe von Mineral- und Zusatzstoffen noch das Mahlen und Mischen sind als eigene, selbstständige Leistung anzusehen, so dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.
3. Diese einheitliche Leistung ist eine Werklieferung i. S. d. § 3 Abs. 4 UStG, wenn der Unternehmer das Mahlen und Mischen des von den Kunden beigestellten Getreides übernommen und hierbei Stoffe mit speziellen Funktionen für die Nahrung von Tieren verwendet, die er selbst beschafft hat und es sich bei diesen Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt.
4. Lediglich, wenn die Dienstleistungen des Mischens und Mahlens überwiegen, ist der Umsatz als sonstige Leistung zu beurteilen.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1; UStG Anlage 2 Nr. 37; UStG § 3 Abs. 4
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 25.02.2015; Aktenzeichen XI B 7/14) |
Tenor
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2011 werden der Umsatzsteuerbescheid 2008, zuletzt vom 1. Juli 2011, sowie der Umsatzsteuerbescheid 2009, zuletzt vom 13. April 2012, dahin gehend geändert, dass die Umsatzsteuer 2008 auf xx.xxx,xx Euro und die Umsatzsteuer 2009 auf xx.xxx,xx Euro herabgesetzt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit geleistet hat.
Tatbestand
Der Kläger (Kl) betreibt ein Lohnunternehmen und den Handel mit Futtermittel. Er hat einen mobilen Mahl- und Mischdienst, d.h. er mahlt und mischt vor Ort das von Landwirten gestellte Futter mit diversen eigenen Stoffen zu Mischfutter.
Der Kl machte in seinen Umsatzsteuer(USt)-Erklärungen 2008 und 2009 folgende Angaben in EUR:
|
2008 |
2009 |
Umsätze zum allgemeinen Steuersatz |
xxx. xxx |
xxx. xxx |
Umsätze zum ermäßigten Steuersatz |
xxx. xxx |
xxx. xxx |
Abziehbare Vorsteuerbeträge |
xx. xxx, xx |
xxx. xxx, xx |
Umsatzsteuer |
xx. xxx, xx |
xx. xxx, xx |
Abschlusszahlung |
- x. xxx, xx |
xxx, xx |
Seine Umsätze aus der Herstellung des Mischfutters unterwarf er dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Der Beklagte (Bekl) stimmte der USt-Erklärung 2008 mit Schreiben vom 15. Juni 2010 zu (Rechtsbehelfs(Rb)-Akte, S. 2). Bezüglich USt 2009 wich der Bekl mit Bescheid vom 18. August 2011 von den Angaben des Kl ab. Er berücksichtigte die Ergebnisse der USt-Sonderprüfung.
Der Kl hatte 1997 telefonisch beim Bekl wegen der steuerlichen Behandlung seiner Umsätze angefragt. Daraufhin führte dieser eine USt-Außenprüfung (Ap). Der Prüfer hielt in einem Aktenvermerk über die Ap vom 7. Januar 1998 fest, der Kl „mischt von Landwirten bereitgestelltes Futter mit eigenen Stoffen zu einem Mischfuttermittel. Der Steuersatz der vorliegenden Werklieferungen ist abhängig von den gelieferten Stoffen.” Sodann teilte der Bekl dem Kl mit Schreiben vom 12. Januar 1998 (Rb-Akte, S. 8) mit, dass die Prüfung zu keiner Änderung der Bemessungsgrundlage geführt habe und nachrichtlich:
„Der Steuersatz für die erbrachte Leistung ist abhängig von den vom Mischbetrieb gelieferten und zugemischten Stoffen.
Zumischung von |
Steuersatz |
– nur Soja oder nur Salz mit/ohne Konservierungsmittel |
15 % |
– nur Konservierungsmittel |
15 % |
– Mineralfutter auch gemischt mit anderen Stoffen |
7 %” |
Der Bekl führte dann 2009 beim Kl eine USt-Sonderprüfung für den Zeitraum 1. – 4. Quartal 2008 sowie 1. Quartal bis Juni 2009 durch. Die Prüferin gelangte nunmehr zu dem Ergebnis, dass die Umsätze aus dem Verkauf des Mischfutters dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegen. Das Mahlen und Mischen von Getreide des Landwirts sei eine sonstige Leistung, auch wenn Nebenstoffe durch den Kl geliefert und beigemischt werden. Sie teilte die Umsätze auf und unterwarf 33 % bzw. 34 % der erklärten Umsätze zum ermäßigten Steuersatz als Umsätze, die auf Mahl- und Mischdienste entfallen, dem Regelsteuersatz. Sie führte ferner aus, dass die Beurteilung eines Sachverhalts im Prüfungsbericht einer verbindlichen Zusage nicht gleich stehe. Der nachrichtliche Vermerk im Schreiben vom 12. Januar 1998 bezüglich der USt-Ap für das 1. – 3. Quartal 1997 könne jedoch als Rechtsauskunft bewertet werden. Die geänderte Rechtsprechung sei mit Aufnahme des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) in die USt-Richtlinien (UStR) in 2008 (A 29 Abs. 1) ab diesem Zeitpunkt, also ab 2008, gültig. Für 2007 könne daher auf die Anwendung der geänderten Rechtsprechung verzichtet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht vom 9. De...