Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernungspauschale übersteigende Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel als Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Teil der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt, sind die Kosten für das öffentliche Verkehrsmittel, die die Entfernungspauschale übersteigen, als Werbungskosten nach § 9 Abs. 2 S. 2 EStG steuermindernd zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG 2003 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 04.03.2004 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Finanzamts … vom 10.10.2007 geändert und die Einkommensteuer 2003 wird auf 17.606 Euro festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit geleistet hat.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Die Klägerin wohnt zusammen mit ihrem Ehemann in W. und arbeitet als Redaktionsassistentin bei einem Verlag in H.. Ihre Arbeitsstätte befindet sich in der dortigen Hauptstrasse (einfache Entfernung 28 Kilometer). Für ihre täglichen Fahrten zum Arbeitsplatz benutzt sie einen Pkw, mit dem sie die 25 Kilometer bis nach H./H. fährt. Von dort fährt sie die die restlichen 3 Kilometer zum Verlag mit der Straßenbahn.
In ihrer Einkommensteuer-Erklärung für 2003 machte sie folgende Fahrtkosten geltend:
218 Tage × 10 km × 0,36 Euro = |
784,80 Euro |
218 Tage × 15 km × 0,40 Euro = |
1.308.00 Euro |
12 Monatskarten Straßenbahn zu 44 Euro |
528,00 Euro |
12 Monate Parkgebühren, zu 75 Euro |
900.00 Euro |
abzüglich Fahrtkostenersatz Arbeitgeber |
372.00 Euro |
Summe: |
3.178,80 Euro |
Das Finanzamt berücksichtigte sowohl im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 4. März 2004 wie auch in der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2004 aber nur 1.983 Euro, die wie folgt ermittelt wurden:
Wege mit dem eigenen PKW (wie oben) |
2.093.00 Euro |
Wege mit sonstigen Verkehrsmitteln |
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218 × 3 km × 0,40 Euro |
262.00 Euro |
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Entfernungspauschale: |
2.355.00 Euro |
Abzüglich Fahrtkostenersatz Arbeitgeber |
372,00 Euro |
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Summe: |
1.983.00 Euro |
Die höheren Aufwendungen für die Monatskarten wurden nicht berücksichtigt, weil auch dieser Teil der Wegstrecke nach dem Gesetz nur mit der angesetzten Entfernungspauschale berücksichtigt werden könne. Ebenso könnten die Parkhausgebühren nicht angesetzt werden, weil mit der vom Gesetz vorgesehenen Entfernungspauschale sämtliche mit der Benutzung des Pkw zusammenhängenden Kosten abgegolten seien.
Mit der dagegen erhobenen Klage will die Klägerin erreichen, dass die Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel (528 Euro) unter Beachtung der angesetzten Kilometerpauschale (262 Euro), mithin 266 Euro als weitere Werbungskosten anerkannt werden.
Der Beklagte tritt dem Begehren unter Hinweis auf die Gründe der Einspruchsentscheidung entgegen.
Der Streitwert beträgt im Streitfall unter 1.000 Euro (begehrte Steuerersparnis für 2003: 84 Euro). Die Beteiligten wurden daher darauf hingewiesen, dass das Gericht sein Verfahren nach billigen Ermessen bestimmen und insbesondere ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. Auf eine solche haben die Beteiligten übereinstimmend verzichtet.
Der Rechtsstreit wurde durch Senatsbeschluss vom 15. Januar 2008 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung –FGO– durch den Einzelrichter und gemäß § 94 a FGO im vereinfachten Verfahren.
Danach war der Klage stattzugeben.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Einkommensteuergesetz –EStG– in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,36 Euro für die ersten 10 Kilometer und 0,40 Euro für jeden weiteren Kilometer anzusetzen, höchstens jedoch 5.112 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 5.112 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer unter anderem einen eigenen Kraftwagen benutzt.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG sind durch die Entfernungspauschalen sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte veranlasst sind. Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.
Der Bundesfinanzhof hat hierzu in seinem Urteil vom 11. Mai 2005 VIR 40/04 BStBl II 2005, 713 entschieden, das...