rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Herstellungs-/Erhaltungsaufwand bei einem vermieteten Zwei-Familien-Haus: die Beseitigung eines Instandhaltungsstaus ist auch dann als Erhaltungsaufwand zu qualifizieren, wenn die Kosten erheblich sind und die Maßnahmen zu einer Mietwertsteigerung führen
Leitsatz (amtlich)
1. Aufwendungen zur Beseitigung eines 20-jährigen Erhaltungsrückstandes dienen der Substanzerhaltung und Modernisierung und sind jedenfalls dann ausschließlich als Erhaltungskosten zur qualifizieren, wenn sich die Gesamtwohnfläche durch die Renovierungsmaßnahmen nicht verändert. Dies gilt selbst dann, wenn einzelne Räume durch die Herausnahme von Trennwänden und die Verlegung von Türöffnungen in ihrem Zuschnitt verändert wurden oder eine andere Funktion erhalten haben.
2. Auch der durch die Maßnahmen von 2 DM/qm auf 6 DM/qm gestiegene Mietwert ist für sich genommen kein ausreichender Anhaltspunkt für eine Umqualifizierung der Erhaltungsaufwendungen in Herstellungskosten, wenn sich die Mietsteigerung aus der Schaffung eines zeitgemäßen Wohnkomforts und der hierdurch möglichen und längst überfälligen Anpassung an die örtlicher Vergleichsmieten erklärt.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1, § 21
Tenor
I. Der Einkommensteuer (ESt)-Änderungsbescheid 1985 vom 04. April 1990 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 1990 – beide in der Fassung der Änderungsbescheide vom 04. November 1991, 19. August 1994 und 07. September 1994 – wird dahingehend abgeändert, daß die ESt von bisher 59.694 DM auf nunmehr 17.535 DM festgesetzt wird.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist wegen der den Klägern zu erstattenden Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kosten für die Renovierung eines Zweifamilienhauses steuerlich als Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand zu behandeln sind.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und erzielten im Streitjahr u. a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Kl. wurde im Jahr 1973 durch Erbfolge Eigentümer des Zweifamilienhauses in … erbaut worden. Bis zur Renovierung im Jahr 1985 war das gesamte Haus für 430 DM vermietet (Mietwert ca. 2 DM/m² pro Monat). Es war von den Kl. seit der Anschaffung im Jahr 1973 nicht instand gesetzt worden. Die letzten größeren Aufwendungen waren um 1960 herum getätigt worden (Einbau der Ölzentralheizung, Anstrich der Verschindelung mit Ölfarbe).
Im Jahr 1985 und 1986 sollten laut Angebot des Bauunternehmers … u. a. folgende Renovierungsmaßnahmen durchgeführt werden:
- Dachneueindeckung
- Wärmedämmung
- Erneuerung des Schindelmantels
- Demontage eines alten, Aufbau zweier neuer Balkone
- Tür- und Wanddurchbrüche
- Anbringung von Schneehaken
- Einbau von doppelverglasten Fenstern
- Anbringung von Holzdecken und einer Holzlamperie
- Verlegen eines Holzparkettbodens
- Erneuerung der Elektroinstallation
- Einbau einer Elektroheizung
- Einbau einer Sprech- und Türöffnungsanlage
- Erneuerung der Sanitärinstallation
Die gesamten Kosten für die Renovierung beliefen sich auf 335.813 DM, davon entfielen auf das Jahr 1985 170.658 DM. Die Hälfte davon, also 85.329 DM hatten die Kl. in ihrer Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1985 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sofort als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt (FA) ließ die Aufwendungen zum Abzug zu und erließ den ESt-Bescheid 1985 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
1987 wurde für die Jahre 1983 bis 1985 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Aufgrund der Angebotsunterlagen des Bauunternehmers gelangte das FA zu dem Ergebnis, daß die Renovierungskosten als Herstellungsaufwand zu behandeln seien. Das FA änderte daher den ESt-Bescheid 1985 am 04. April 1990. Das Einspruchsverfahren blieb bezüglich dieses Punktes erfolglos. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 1990 erhoben die Kl. Klage.
Sie tragen vor, das Gebäude sei nicht über seinen bisherigen Zustand hinaus wesentlich verbessert worden. Eine Restaurierung des Gebäudes sei nicht beabsichtigt gewesen. Die Nutzflächen seien nur unwesentlich verändert worden. Die Zusammenfassung von mehreren kleinen Räumen zu einem großen Raum durch Wanddurchbrüche könne die Maßnahme nicht als Herstellungsmaßnahme qualifizieren. Im Zuge der Renovierung sei auch nichts umgebaut worden. Weder eine Terrasse noch ein neuer Balkon seien hergestellt worden. Es seien auch keine neuen Bäder eingebaut worden. Von einer Generalüberholung könne nicht die Rede sein, da durch den Aufwand keine erhebliche Zustandsänderung eingetreten sei.
Die Kl. beantragen,
der ESt-Bescheid 1985 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 1990 beide in der Fassung des Änderungsbescheids vom 07. September 1994 wird dahingehend abgeändert, daß die ESt unter Berücksichtigung von Werbungskosten i.H.v. 85.329 DM bei den Einkünft...