Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbliche Infektion der Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft durch Beteiligung an in Liquidation befindlichen Flugzeugleasingfonds. Bindungswirkung des Feststellungsbescheids für die Untergesellschaft. Keine Bagatellgrenze für Einkünfte aus Beteiligungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft sind gewerblich infiziert, wenn der Gesellschaft gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen an Flugzeugleasingfonds zugerechnet werden.
2. Im Feststellungsverfahren für die Obergesellschaft ist nicht zu prüfen, ob die Untergesellschaften (Fondsgesellschaften) nach dem Verkauf der Flugzeuge und der Einstellung ihrer werbenden Tätigkeiten überhaupt noch gewerblich tätig waren.
3. Die von der Rechtsprechung entwickelte Bagatellgrenze für die Abfärbung originär gewerblicher Einkünfte einer Personengesellschaft kommt für Einkünfte der Gesellschaft aus Beteiligungen an gewerblich tätigen Gesellschaften nicht zur Anwendung, die Bagatellgrenze gilt mithin nicht für gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG.
4. Die Abfärberegelung bei Einkünften aus einer Beteiligung an einer gewerblich tätigen Gesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG bleibt auch ohne Bagatellgrenze schon deshalb verhältnismäßig, weil die Obergesellschaft die Möglichkeit hat, der Abfärberegelung durch einfache gesellschaftsrechtliche Gestaltung auszuweichen, indem sie eine zweite personenidentische Schwestergesellschaft gründet, die die Beteiligung hält.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2, Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 20, 21 Abs. 1 Nr. 1; AO § 182 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen erzielt. Die alleinvertretungsberechtigten Komplementäre, die nicht am Kapital der Klägerin beteiligt sind, sind Eheleute, Kommanditisten sind ihre vier Kinder. Mit notariellen Verträgen vom 25. Februar 2008 und vom 28. November 2008 hatte ein Komplementär mit Wirkung ab 2008 bzw. 2009 eine siebenprozentige und eine 2,5225-prozentige Beteiligung an jeweils einem Flugzeugleasingfonds, der jeweils in der Form der GmbH & Co KG betrieben wurde, auf die Klägerin übertragen. Das Vermögen der Fonds bestand jeweils aus einem Flugzeug. Die Einkünfte der Fonds aus Gewerbebetrieb wurden vom Betriebsstättenfinanzamt jeweils gesondert und einheitlich festgestellt.
Ab 2008 wurden die Einkünfte der Klägerin infolge der sog. Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als solche aus Gewerbebetrieb gesondert und einheitlich festgestellt.
In den Jahren 2008 und 2010 wurden die Flugzeuge vertragsgemäß an die jeweiligen Leasingnehmer veräußert.
Mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2011 vom 5. Oktober 2012 und vom 30. Oktober 2012 stellte das Betriebsstättenfinanzamt für die Klägerin als Beteiligte der in Liquidation befindlichen Fondsgesellschaften Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -1.804,15 EUR bzw. -497,95 EUR fest.
Mit Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 11. April 2013 stellte der Beklagte für die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 443.592,05 EUR, darunter Beteiligungseinkünfte von zusammen -2.302,15 EUR fest.
Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch und trug vor, die Fondsgesellschaften hätten mit Ausnahme jeweils eines Flugzeugs kein sonstiges Anlage- oder Umlaufvermögen und auch kein eigenes Personal oder Büroräume gehabt. Nach dem Verkauf der Flugzeuge habe die gesetzlich vorgeschriebene Liquidationsphase begonnen. Mit dem Verkauf der Flugzeuge hätten die Gewerbebetriebe geendet. Daran ändere die Liquidationsphase nichts, da die unternehmerische Tätigkeit eingestellt worden sei. Auch eine werbende Tätigkeit liege nicht mehr vor, ihre Mitunternehmerschaft an den Fonds habe geendet. Die Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG setze die mitunternehmerische Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft voraus. Nach Beendigung der gewerblichen Tätigkeit ende auch die Abfärbung. Selbst wenn man in der Liquidationsphase der Fonds noch Gewerbebetriebe annehmen wolle, wäre die Anwendung der Abfärberegelung unverhältnismäßig. Den Bagatellverlusten aus den Fonds in Höhe von -1.804,15 EUR bzw. -497,95 EUR stünden positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen gegenüber. Damit sei der Fall des „äußerst geringen Anteils” der gewerblichen Einnahmen am Gesamtumsatz gegeben, der eine Infizierung der Einkünfte auch nach den Richtlinien der Finanzverwaltung verbiet...