rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsakts. Bekanntgabe eines während des gerichtlichen Verfahrens erlassenen Änderungsbescheids an den Prozessbevollmächtigten. Einkommensteuer 1992, 1994 und 1995
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Wortlaut des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO und dessen Sinn und Zweck erfordern neben der Angabe des Streitgegenstands (materielles Begehren) auch die Angabe des angefochtenen Verwaltungsakts (formelles Klagebegehren bzw. Verfahrensgegenstand). Diese Angaben müssen, neben der Bezeichnung des Klägers und des Beklagten, vor Ablauf der Klagefrist festgelegt sein. Hat der Kläger die angefochtenen Verwaltungsakte eindeutig bezeichnet, so ist es ihm nach Ablauf der Klagefrist nicht mehr gestattet, neben diese einen anderen Verwaltungsakt als Gegenstand der Anfechtung zu setzen.
2. Ändert das FA einen mit der Klage angefochtenen Steuerbescheid während des gerichtlichen Verfahrens, in welchem der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß vertreten ist, so war seit dem 1.1.1993 der Änderungsbescheid dem Prozessbevollmächtigten bekannt zu geben. Hatte der Prozessbevollmächtigte mit der Angabe einer Rechtsanwaltsgesellschaft auf den Briefbögen sowie in der Vollmachtsurkunde diese durch konkludente Erklärung gegenüber dem FG sowie dem FA zu seinem Passivvertreter bestellt, konnte das FA während des gerichtlichen Verfahrens erlassene Änderungsbescheide auch wirksam bekannt geben, wenn sie an die Rechtsanwaltsgesellschaft adressiert waren.
Normenkette
FGO § 65 Abs. 1 S. 1, § 68; AO 1977 § 124; BGB § 164 Abs. 3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zulässigkeit der Klage.
Die Klägerin wurde für die Streitjahre zusammen mit ihrem im Jahr 1996 verstorbenen Ehemann vom beklagten Finanzamt (FA) zur Einkommensteuer veranlagt. Der verstorbene Ehemann erwarb das ca. 2000 m² große Grundstück zum Preis von 278.326 DM und errichtete auf diesem im Jahr 1983 mit Herstellungskosten von 1.032.609 DM ein Zweifamilienhaus. Die Hauptwohnung nutzten die Eheleute selbst, die Einliegerwohnung wurde vermietet. Abweichend von den Steuererklärungen ermittelte das FA in Einkommensteuer-Änderungsbescheiden 1992 bis 1994 gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) sowie im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 1995, alle vom 13. August 1997, den Nutzungswert der selbst genutzten Wohnung nach der Kostenmiete und kürzte die auf die vermietete Wohnung entfallenden Werbungskosten wegen verbilligter Überlassung gemäß § 21 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG).
Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin am 25. August 1997, gegen den erstmaligen Bescheid am 10. September 1997 Einspruch ein. Aufgrund einer Neuberechnung der Wohnfläche setzte das FA nach Hinweis auf eine Schlechterstellung in der zusammengefassten Entscheidung vom 15. Februar 2000 die Einkommensteuer der Streitjahre geringfügig höher fest und wies die Einsprüche als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 15. März 2000 „wegen Einkommensteuer 1993, 1994 und 1995 gegen die Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2000” erhobene Klage. Die Klage wurde auf einem Briefbogen der, erhoben, auf welchem auch die Rechtsanwältin aufgeführt wurde. In der Klageschrift wird die als Prozessbevollmächtigte bezeichnet. Die im fremden Namen erhobene Klage ist in der „Wir”- Form abgefasst. Die Stellung der Anträge sowie die Begründung sollte einem späteren Schreiben vorbehalten bleiben. Mit Schreiben vom 21. März 2003 be-stätigte das Finanzgericht gegenüber der Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Eingang am 15. März 2000 der wegen Einkommensteuer 1993 bis 1995 erhobenen Klage. Am 29. Mai 2000 beantragte die Klägerin „Rubrumsberichtigung dahingehend, dass nicht nur die Einkommensteuer für die Jahre 1993 bis einschließlich 1995 betroffen ist, sondern auch für das Jahr 1992”. Die Klage sei auch im Hinblick auf die begehrte Änderung der Einkommensteuerfestsetzung im Veranlagungszeitraum 1992 zulässig. In der Klageschrift vom 14. März 2000 sei ausdrücklich gegen die Einspruchentscheidung vom 15. Februar 2000 Klage erhoben worden. Gegenstand dieser Einspruchsentscheidung sei auch der Veranlagungszeitraum 1992. Aufgrund der eindeutigen Benennung der Einspruchsentscheidung sei der Inhalt der Einspruchsentscheidung zum Gegenstand der Klage gemacht worden und damit auch die Festsetzung der Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 1992. Die Angabe der Jahreszahlen im Rubrum sei damit unbeachtlich. Zum gleichen Ergebnis führte auch die Annahme, dass die Benennung der Jahreszahlen 1993, 1994 und 1995 im Rubrum beachtlich wäre. In diesem Fall läge ein Widerspruch zwischen Rubrum und Klagebegehren vor, so dass die in der Klageschrift verkörperte Willenserklärung auszulegen wäre. Im Zeitpunkt der Klageerhebung seien zwei Erklärungsempfänger vorhanden gewesen, das Finanzgericht und das FA. Daher sei der in der Erklärung verkörperte w...