Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Vermietungseinkünften bei Bestellung eines schuldrechtlichen Nießbrauchs
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nicht maßgeblich, ob der Steuerpflichtige rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Mietobekts ist und wem das Ergebnis der Vermietung zugutekommt. Entscheidend ist vielmehr, wer den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht.
2. Den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG verwirklicht derjenige, der die rechtliche und tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen, und Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtvertrag ist.
3. Bei der Bestellung eines obligatorischen Nießbrauchrechts tritt der Nießbraucher nur dann in die Vermieterstellung ein, wenn er durch rechtsgeschäftliche Vertragsübernahme mit Zustimmung des Mieters den Mietvertrag übernimmt.
4. Es ist weder für die Annahme einer „gesicherten Rechtsposition” noch für die steuerliche Anerkennung des Nutzungsrechts eine von vornherein vereinbarte Mindestlaufzeit des obligatorischen Nießbrauchs von einem Jahr erforderlich. Ist im Ergebnis eine Mindestlaufzeit des Nießbrauchs von sechs Monaten garantiert, verfügt der Nießbraucher über eine gesicherte Rechtsposition.
5. Je kürzer die Dauer der Nutzungsausübung ist, umso mehr kann dafür sprechen, dass der Nutzende tatsächlich gar nicht den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt.
Normenkette
EStG § 21; BGB § 567
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. August 2008 wird geändert und die Einkommensteuer auf den Betrag herabgesetzt, der sich ergibt, wenn die Einkünfte aus der Vermietung des Objekts X-Straße 1 in Höhe von 6.565 EUR außer Ansatz bleiben. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist wegen der den Klägern zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500,00 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500,00 EUR, ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrags vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger (Kl) wurden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Die Klägerin (Klin) ist Eigentümerin des Objekts X-Straße 1 in A. Am 08. Dezember 2002 schloss sie mit ihrer am Mai 1984 geborenen Tochter Y einen „Vertrag zur Nutzungsüberlassung” (Bl. 32 der ESt-Akten) mit folgendem Inhalt ab:
- „Die Überlasserin überträgt der Berechtigten das Nutzungsrecht an ihrem Haus in A, X-Straße 1
- Das Nutzungsrecht beginnt am 1. Januar 2003.
- Das Nutzungsrecht kann von beiden Beteiligten mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderhalbjahres ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.
- Die Berechtigte ist verpflichtet, die Verwaltungs- und Unterhaltskosten insgesamt zu übernehmen. Dies beinhaltet auch außergewöhnliche Instandsetzungskosten.
- Darüber hinaus ist die Berechtigte verpflichtet, die von den Mietern der Wohnung zu zahlenden Nebenkostenpauschale von zur Zeit Euro 66,47 monatlich an die Überlasserin zu überweisen, ebenso die anderen Kosten, die durch die Wohnung entstehen. Kosten, die nicht auf die Mieter umgelegt werden können, übernimmt ebenfalls die Berechtigte.
- Mieteinnahmen, die nach Vertragsbeginn noch auf dem Konto der Überlasserin eingehen, überweist die Überlasserin abzüglich der Kosten gemäß der Punkte 4 und 5 auf das Konto der Berechtigten.”
Am 10. Dezember 2002 vereinbarten die Klin und ihre Tochter mit den Mietern des Objekts X-Straße 1 in einem „Nachtrag zum Mietvertrag vom 31.03.1999” (Bl. 49 der EStAkten), dass Frau Y ab dem 01. Januar 2003 in die Rechtstellung der Vermieterin eintritt.
Am 15. Juli 2004 fassten die Klin und ihre Tochter in einem „Nachtrag zum Vertrag zur Nutzungsüberlassung vom 08.12.2002” (Bl. 49 der Finanzgerichts(FG)-Akten) die Ziff. 2 des Nutzungsüberlassungsvertrages vom 08. Dezember 2002 wie folgt neu:
„Das Nutzungsrecht beginnt am 1. Januar 2003 und hat eine Mindestlaufzeit von einem Jahr.”
Mit Schreiben vom 19. März 2006 (Bl. 75 der FG-Akten) kündigte die Klin den „Vertrag zur Nutzungsüberlassung” vom 08. Dezember 2002 zum 30. Juni 2006 und führte ergänzend aus: „Sollten die Mieter noch über den 30.06.2006 hinaus das Haus bewohn...