Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des § 174 Abs. 3 AO bei Rechtsirrtum (BMF Schreiben vom 28. August 2001). Entnahme eines Grundstücks zu Buchwerten oder zum Teilwert
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Geschäftsführer einer KG ist berechtigt, gegen den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns Einspruch einzulegen (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 AO) und Klage zu erheben (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO).
2. Eine Grundstücks-GbR ist auch bei beschränkter Haftung vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig, so dass die Übertragung eines Grundstücks von einer KG auf die GbR, deren Vermögen zum Privatvermögen der Gesellschafter gehört, eine Entnahme von Wirtschaftsgütern aus einem Betriebsvermögen in das Privatvermögen darstellt.
3. Hat das FA rechtsirrig eine Entnahme zu Buchwerten angenommen, ist nicht der Sachverhalt der Entnahme unberücksichtigt geblieben.
4. Die jeder Verstrickung immanente Annahme, dass stille Reserven früher oder später realisiert werden, reicht für die nach § 174 Abs. 3 AO erforderliche Annahme einer Berücksichtigung in einem anderen Steuerbescheid nicht aus (entgegen BMF, Schreiben v. 28.8.2001, BStBl I 2001 S. 614).
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1; AO § 174 Abs. 3, § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 352 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 15 Abs. 3 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Der geänderte Bescheid vom 27. Dezember 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der gewerblichen Einkünfte für 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. November 2003 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen die zu erstattenden Kosten nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs leistet. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch 1.500 EUR, hat die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs zu leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Entnahme eines Grundstücks zum Buchwert oder zum Teilwert anzusetzen ist und die Änderung des Bescheids nach § 174 Abs. 3 Abgabenordnung der (AO) zulässig gewesen ist.
Die Klägerin (Klin) ist eine KG, die mit Vertrag vom 19. März 1964 gegründet wurde und im Handelsregister des Amtsgerichts A unter HRA – X – eingetragen ist. Komplementär ist B.T., Kommanditisten sind die Geschwister des Komplementärs E.T. und T.E.. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten sowie deren Transport.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 1995 wurden die Grundstücke …. Straße 1 u. 2 in – R – mit den dazugehörigen Verbindlichkeiten auf zwei neu gegründete Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu Buchwerten übertragen. Das Grundstück … Str. 1 mit Wohn- und Geschäftshaus und Tankstelle wurde auf die „T Grundstücks GbR mit beschränkter Haftung” und das Grundstück … Str. 2 mit Wohn- und Geschäftshaus sowie Lagerhalle und Lagerplatz der Klin auf die „T Liegenschafts GbR mit beschränkter Haftung” übertragen. Gesellschafter der T Grundstücks GbR mbH sind die drei Gesellschafter der KG. Nach Ziffer III 1 des Vertrags vom 23. Dezember 1995 erfolgte die Besitzübergabe zum 1. Januar 1996 um 00:00 Uhr.
Die T Liegenschafts GbR wurde in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Das übertragene Grundstück wurde dort zu Buchwerten eingelegt.
In der Steuererklärung für 1996 sowie in der Bilanz auf 31. Dezember 1996 wurde die Entnahme der Grundstücke von der Klin zum Buchwert erklärt. Mit Bescheid vom 28. August 1998 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Klin folgte der Beklagte (Bekl) dieser Erklärung und setzte den Gewinn in Höhe von 73.097 DM antragsgemäß fest.
Mit Schreiben vom 11. Juli 2002 kündigte der Bekl die Änderung des Bescheids an. Mit BGH-Urteil vom 27. September 1999 (II ZR 371/98, Deutsches Steuerrecht 1999, 1704) sei entschieden worden, dass die Grundstücks-GbR auch bei beschränkter Haftung vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig sei und daher deren Vermögen zum Privatvermögen der Gesellschafter gehöre. Nach dem BMF-Schreiben vom 18. Juli 2000 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2000, 1198) liege daher in der Vergangenheit eine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vor, als einzelne Wirtschaftsgüter aus einem Betriebsvermögen in eine – vermeintlich gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägte – GbR eingebracht wurden. Diese Entnahme sei gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert anzusetzen und führe zur Aufdeckung der stillen Reserven. Mit dem BMF-Schreiben wa...