Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrtkosten zu im Altersheim lebenden Eltern als außergewöhnliche Belastungen. Aufwendungsersatzanspruch für Betreuungskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Unterlässt es der Steuerpflichtige, Fahrtkosten, die ihm für die Betreuung seiner Eltern entstehen, nach § 1908 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1835 Abs. 1 BGB gegenüber der Staatskasse geltend zu machen, sind die Fahrtaufwendungen nicht zwangsläufig i.S.v. § 33 Abs. 1 EStG und somit nicht als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar.
2. Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen sind typische Aufwendungen der Lebensführung und keine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG. Dies gilt auch, wenn der besuchte Angehörige erkrankt oder pflegebedürftig ist und Fahrten in kürzeren zeitlichen Abständen oder über größere Entfernungen durchgeführt werden, soweit die Aufwendungen das übliche Maß der Besuchsfahrten, die auch ohne die Erkrankung üblicherweise ausgeführt worden wären, nicht überschreiten.
3. Sind von dem Angehörigen vorgenommene Besuche medizinisch indiziert und tragen diese zur Heilung oder Linderung einer bestimmten Krankheit entscheidend bei, können sie als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig sein, soweit die medizinische Indikaton nachgewiesen wird.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1, 3; BGB §§ 1835, 1908
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Fahrtkosten zur im Altenheim lebenden Mutter des Klägers als außergewöhnliche Belastungen.
Der Kläger wurde im Beschluss des Amtsgerichts – Vormundschaftsgericht – X vom 7. Juli 1999 (Az. 8 XVII 2522) für seine Mutter, Frau A.B., geboren am 15. Dezember 1916, zum Betreuer mit dem Wirkungskreis Wohnungs-, Heim- und Vermögensangelegenheiten bestellt, da diese aufgrund internistischer Erkrankungen nicht in der Lage war, die als Wirkungskreis der Betreuung bestimmten Angelegenheiten des Lebens selbständig zu besorgen (Bl. 6 der Rechtsbehelfsakten). Der Aufgabenkreis des Betreuers wurde in der Bestellung des Amtsgerichts … vom 24. Mai 2004 (Az. 11 XVII 254/99) konkretisiert und um die Gesundheitssorge ergänzt (Bl. 8 der Rechtsbehelfsakten). Die Betreute lebte im Streitjahr 2005 in einem Altenheim in …, welches 500 km vom Wohnort der Kläger entfernt war.
In der Einkommensteuererklärung 2005 vom 16. Juni 2006 machten die zur Einkommensteuer zusammen veranlagten Kläger Aufwendungen für acht von insgesamt zehn durchgeführten Fahrten zur Betreuten (8 * 500 km * 0,60 EUR/km = 2.400 EUR) sowie weitere 499 EUR für damit verbundene sonstige Kosten (z.B. Übernachtung) als außergewöhnliche Belastung geltend (Bl. 5 der ESt-Akten 2005). Nach dem Vortrag des Klägers im Klageverfahren belaufen sich die Kosten für die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel/Taxi für die Strecke von 430 Entfernungskilometern auf 200 EUR (Hin- und Rückfahrt, Bl. 41, 44 d.A.).
Der Beklagte berücksichtigte diese Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 26. Juli 2006 nicht, da sie nicht außergewöhnlich seien. Die zumutbare Belastung der Kläger gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) war bereits durch anderweitige Aufwendungen überschritten.
Dagegen legten die Kläger mit Schreiben vom 30. Juli 2006, eingegangen beim Beklagten am 31. Juli 2006, Einspruch ein. Neben den als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten acht Fahrten, die der Kläger in Ausübung seiner Tätigkeit als gerichtlich bestellter Betreuer seiner Mutter durchgeführt habe, seien im Streitjahr zwei Besuchsfahrten erfolgt.
Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 26. September 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Mai 1990 III R 63/85, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1990, 894 würden Aufwendungen für Besuchsfahrten zu nahen Angehörigen regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Gegen den Charakter als Besuchsfahrten spreche auch nicht die Bestellung des Klägers zum Betreuer. Derartige, den innerfamiliären Hilfeleistungen zuzurechnenden Tätigkeiten seien nicht außergewöhnlich. Im Übrigen habe der BFH es nicht als außergewöhnlich angesehen, dass die Kinder alle zwei Wochen ihre über 80 Jahre alten Eltern in einem 400 km entfernten „Heim für altersgerechtes Wohnen” besuchten, um die Eltern zu baden und zu waschen, deren Wäsche zu reinigen, größere Einkäufe zu tätigen, die Wohnung zu versorgen und den Schriftverkehr zu erledigen (Urteil vom 22. Oktober 1996 III R 265/94, BStBl II 1997, 558).
Hiergegen richtet sich die Klage vom 23. Oktober 2006. Nach der Entscheidung des BFH vom 6. April 1990 III R 60/88, BStBl II 1990, 958 seien Aufwendungen für Fahrten zur krankheitsbedingten Betreuung der pflegebedürftigen Mutter insoweit als außergewöhnlich anzuerkennen, als sie die Aufwendungen für Besuchsfahrten überschreiten, die der Steuerpflichtige auch ohne ...