Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug von Aufwendungen für die Unterbringung eines Familienangehörigen in einem Pflegeheim als haushaltsnahe Dienstleistungen bei Zahlung an die Stadtkämmerei und nicht direkt an den Leistungserbinger
Leitsatz (redaktionell)
1. Der durch den Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigte Teil der Aufwendungen für die Unterbringung in einem Pflegeheim kann grundsätzlich nach § 35a EStG steuerlich berücksichtigt werden.
2. Die Steuerermäßigung nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen steht neben der pflegebedürftigen Person auch anderen Personen zu, wenn diese für entsprechende Pflege- oder Betreuungsleistungen aufkommen.
3. Dies gilt nach § 35a Abs. 5 S. 3 EStG jedoch nicht, wenn die Zahlung des Angehörigen aufgrund seiner Inanspruchnahme als Unterhaltsverpflichteter an die Stadtkämmerei und nicht unmittelbar an den Heimträger und Leistungserbringer erfolgt; denn für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung ist es Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.
Normenkette
EStG §§ 35a, 33, 33a
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Abzug von Aufwendungen der Klägerin für die Unterbringung ihrer Mutter in einem Pflegeheim als haushaltsnahe Dienstleistungen.
Die Kläger werden als Eheleute zur Einkommensteuer der Jahre 2010 und 2011 (der Streitjahre) zusammenveranlagt. Die Klägerin ist die Tochter der im xx 1923 geborenen Frau c C. Frau C war schwerbehindert und in den Streitjahren auf die Unterbringung in einem Pflegeheim – dem vom Caritasverband unterhaltenen „Haus D” in X – angewiesen. Sie verfügte in den Streitjahren über eigene Einkünfte und Bezüge in Höhe von 10.334 EUR, von denen sie für ihre eigene Krankenversicherung 974 EUR aufbringen musste. Der Heimträger stellte Frau C die Kosten der Unterbringung abzüglich der von der Pflegekasse erbrachten Versicherungsleistungen in Rechnung und buchte den Differenzbetrag jeweils monatlich von einem für sie unterhaltenen Girokonto ab. Hierfür erhielt Frau C laufende Leistungen als Hilfe zur Pflege vom Sozialamt der Stadt X in Höhe von monatlich 1.180 EUR. Die Stadt X zog ihrerseits die Klägerin als Angehörige zu Unterhaltsleistungen für ihre Mutter in Höhe von monatlich 393 EUR heran.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger die Zuzahlungen der Klägerin für die Heimunterbringung ihrer Mutter in Höhe von jeweils 4.716 EUR (12 × 393 EUR) als außergewöhnliche Belastung geltend. Das beklagte Finanzamt (der Beklagte) ließ sie im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 24. Februar 2012 und im geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 20. März 2012 zunächst unter Hinweis auf die zu hohen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Mutter als Unterhaltsleistungen außer Ansatz. Im geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 2. April 2012 und im erstmaligen Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 14. Januar 2013 wurden die Zuzahlungen zwar als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt; dies wirkte sich jedoch für 2010 in voller Höhe und für 2011 in Höhe von 3.435 EUR wegen des Abzugs der zumutbaren Belastung nicht aus. Die von den Klägern beantragte Berücksichtigung des sich dort nicht auswirkenden Betrages als Aufwendungen für haushaltsnahe Pflegeleistungen nach § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) lehnte der Beklagte jeweils ab.
Gegen die Festsetzungen für beide Streitjahre legten die Kläger über ihre damaligen Bevollmächtigten fristgerecht Einsprüche ein. Darin machten sie – soweit noch im Streit – geltend, dass die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG auch von Personen in Anspruch genommen werden könne, die in einem Altenheim, Pflegeheim oder Wohnstift lebten. Neben der pflegebedürftigen Person stehe die Steuerermäßigung auch anderen Personen zu, wenn diese für die Pflege- und Betreuungsleistungen aufkämen. Dies ergebe sich in sinngemäßer Anwendung aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. Februar 2010 – IV C 4 – S 2296 – b/07/0003 (BStBl I 2010, 140). Dort sei zwar nur von „Pflege- und Betreuungsleistungen” die Rede. Indessen erscheine es folgerichtig, dass auch für den Fall der Übernahme von Heimkosten die Gewährung der Steuerermäßigung möglich sein müsse. Die Tatsache, dass die Zahlungen an die Stadtkämmerei der Stadt X und nicht direkt an das Pflegeheim erfolgt seien, sei unproblematisch. Wenn die Finanzen und die Konten des Heimes von der Stadtkämmerei verwaltet würden, dann müsse die Stadtkämmerei der Sphäre des Leistenden zugerechnet werden, weil sonst bei gemeindlichen Heimen ein Abzug nach § 35a EStG ausscheiden würde, während er bei privaten Trägern weiterhin möglich sei.
Der Beklagte erklärte die Einkommensteuerfestsetzungen im Hinblick auf den Abzug einer zumutbaren Belastung bei den außergewöhnlichen Belastu...