Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus erstatteten pauschalen Verpflegungsmehraufwendungen anlässlich Fahrertätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Einem Unternehmer, der seinen Kraftfahrern anlässlich ihrer Fahrertätigkeit Verpflegungsmehraufwendungen nach Pauschbeträgen erstattet, steht der pauschale Vorsteuerabzug aus diesen Erstattungsbeträgen nicht zu.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 4; UStDV §§ 36-38; UStG § 14
Tatbestand
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus erstatteten Reisekostenpauschbeträgen.
Der Kläger betreibt in … ein Transport- und Speditionsunternehmen. Im Jahr 1996 erstattete er seinen Kraftfahrern anläßlich ihrer Fahrertätigkeit entstandene Verpflegungsmehraufwendungen nach Pauschbeträgen i.H.v. 73.334 DM, die er in der Jahressteueranmeldung nicht berücksichtigte. Nach Zustimmung des beklagten Finanzamts (FA) am 22. April 1998 stand die Steueranmeldung gemäß § 168 Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO gleich. Durch Änderungsbescheid vom 29. April 1998 gemäß § 164 Abs. 2 AO setzte das FA die Umsatzsteuer 1996 erklärungsgemäß um 135 DM höher fest.
Mit dem am 20. Mai 1998 eingelegten Einspruch machte der Kläger erstmals einen pauschalen Vorsteuerabzug für die erstatteten Verpflegungsmehraufwendungen entgegen der Regelung im Abschnitt 196 Abs. 10 Umsatzsteuer-Richtlinien geltend. Durch Entscheidung vom 27. August 1998 wies das FA den Einspruch mit der Begründung zurück, der Vorsteuerabzug sei mangels von den Kraftfahrern unternommenen Dienstreisen nicht möglich.
Zur Begründung der am 10. September 1998 erhobenen Klage läßt der Kläger vortragen, der Vorsteuerabzug sei entgegen der Auffassung des FA anzuerkennen, welches den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 5. Juni 1996 IV B 6 – S 2353 – (BStBl I S. 657) unvollständig und in verfassungswidriger Weise angewendet habe. Die Behörde gehe unzutreffend davon aus, ein pauschaler Vorsteuerabzug sei nur anzuerkennen, wenn die Arbeitnehmer durchschnittlich im Kalenderjahr an einem Arbeitstag je Arbeitswoche ausschließlich im Betrieb tätig seien. Nach § 36 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) sei der Vorsteuerabzug für den Unternehmer zulässig, wenn seinen Arbeitnehmern solche Kosten aus Anlaß einer Dienstreise entstünden und er ihnen diese erstatte. Dabei sei der Begriff Dienstreise nach den für die Lohnsteuer geltenden Merkmalen abzugrenzen (§ 38 UStDV). Die Verweisung auf das Lohnsteuerrecht ziele allerdings nicht auf die definitorischen Teile des Abschnitts 37 der Lohnsteuer-Richtlinien ab. Denn die dort behandelten Typen der Dienstreise, Fahrertätigkeit und Einsatzwechseltätigkeit seien alles Unterfälle eines einheitlichen Sachverhalts, der Auswärtstätigkeit. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe bereits mit Urteil vom 26. Januar 1994 VI R 118/89 (BStBl II 1994, 529) dargelegt, daß bei Auswärtstätigkeit eine einheitliche Regelung geboten sei. Die unterschiedliche Behandlung verstoße gegen das Willkürverbot des Artikel 3 Grundgesetz, weil die Abgrenzung der Begriffe eine sinnvolle Rechtsfolgendifferenzierung ausschließe. Das Lohnsteuerrecht komme dem Gleichbehandlungsgebot für Auswärtstätigkeiten i. S.v. Abschnitt 37 der Lohnsteuer-Richtlinien auf der Rechtsfolgeseite in Abschnitt 39 der Lohnsteuer-Richtlinien nach, indem es den auf einer Dienstreise (Abs. 2) und bei einer Fahrertätigkeit oder Einsatzwechseltätigkeit (Abs. 6) anfallenden Verpflegungsmehraufwand gleich behandle. Der Hinweis in § 38 UStDV auf die Dienstreise könne daher verfassungskonform nur so verstanden werden, daß die Unternehmer bei allen Reisekosten, die sie den Arbeitnehmern bei Auswärtstätigkeit i. S.v. Abschnitt 37 der Lohnsteuer-Richtlinien erstatteten, zum Vorsteuerabzug berechtigt seien. Soweit der o.g. Erlaß des Bundesministers der Finanzen dieser durch höherrangiges Recht gebotenen Auslegung von § 36 UStDV entgegenstehe, sei er als rechtswidrig anzusehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 29. April 1998 sowie die Einspruchsentscheidung vom 27. August 1998 zu ändern und weitere Vorsteuern i.H.v. 9.020,57 DM zu berücksichtigen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Auffassung des Klägers, nach der auch auf den Vorsteuerabzug bei der Umsatzsteuer anwendbaren Rechtsprechung des BFH zur Lohnsteuer komme es für die Abziehbarkeit von Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten nicht mehr auf die Unterscheidung zwischen Dienstreise, wechselnder Einsatzstelle oder Fahrertätigkeit an, sondern auf die Auswärtstätigkeit an sich, könne nicht gefolgt werden. Die umsatzsteuerlichen Bestimmungen (§ 15 Abs. 5 Nr. 4 Umsatzsteuergesetz – UStG – i.V.m. § 36 UStDV) stellten allein auf das Vorliegen einer Dienstreise ab, nicht jedoch auf die von der Begriffsbestimmung der Dienstreise unabhängige Verpflegungssituation bzw. Auswärtstätigkeit. Der Begriff der Dienstreise sei aber geklärt und unabhängig von der jeweiligen Verpflegungssituation. Es sei deshalb ohne Bedeutung, daß die neue...