Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkauf von GmbH-Geschäftsanteilen als gemischte Schenkung. Rückdatierung der Übertragung unbeachtlich. Schätzung des gemeinen Werts eines GmbH-Anteils
Leitsatz (redaktionell)
1. Erfolgt eine entgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen weit unter dem Verkehrswert, liegt eine schenkungsteuerpflichtige gemischte Zuwendung vor.
2. Das Vorliegen einer Schenkung hängt von dem Wert der GmbH-Anteile zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung der Übertragung ab.
3. Eine Rückdatierung der Übertragung der GmbH-Anteile ist schenkungsteuerlich unbeachtlich.
4. Der Wille zur Freigebigkeit lässt sich daraus ableiten, dass ein Geschäftsanteil weit unter dem Verkehrswert zum Nennwert übertragen wird.
5. Der Steuerwert der Schenkung ist der gemeine Wert des GmbH-Anteils; lässt sich dieser nicht aus Verkäufen ableiten, ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.
Normenkette
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, §§ 11, 12 Abs. 1; GmbHG § 15 Abs. 3; BewG § 11 Abs. 2; AO § 162 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Verkauf von Gesellschaftsanteilen eine gemischte Schenkung darstellt.
I. Der Kläger (Kl) und sein Bruder B schlossen am 18. September 2003 einen notariellen „Geschäftsanteils-Kauf- und Übertragungsvertrag”, wonach B seinen Geschäftsanteil an der C GmbH, einer Werkzeugbaufirma, zum Nennwert von 24.000 DM (12.271 EUR) auf den Kl übertrug. Der Kl war bereits seit mehreren Jahren Geschäftsführer der Gesellschaft. Nach § 3 des Vertrages sollte die Veräußerung und Übertragung an den Erwerber mit schuldrechtlicher Wirkung zum 1. November 2001 erfolgen, das Gewinnbezugsrecht sollte diesem „ab dem 1. Januar 20032” zustehen. In § 5 des Vertrages erklärte der Erwerber, dass ihm die Jahresabschlüsse der Gesellschaft bis „einschließlich dem für das Geschäftsjahr 2002” bekannt seien. Das Ergebnis einer noch nicht abgeschlossenen Betriebsprüfung sollte ohne Auswirkung auf den Kaufpreis bleiben. In Abschnitt IV. gaben die Beteiligten die zur dinglichen Übertragung des Geschäftsanteils erforderlichen Erklärungen ab; danach übertrug B seinen Geschäftsanteil „hiermit” an den Kl. Der Erwerber nahm die Übertragung und Abtretung „hiermit ausdrücklich an”. In Abschnitt „V. Anzeige der Veräußerung und Übertragung” zeigten alle Vertragsschließenden „hiermit” gemäß § 16 GmbHG der Gesellschaft die Veräußerung und Übertragung des Geschäftsanteils an.
Auf Anforderung des Beklagten (Bekl) gab der bereits damals durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten vertretene Kl am 3. März 2005 eine Schenkungsteuererklärung ab. Er selbst sah in der Anteilsveräußerung vom 18. September 2003 eine Schenkung im Wert von 13.200 DM. Um diesen Betrag habe nach den Berechnungen des Prozessbevollmächtigten der Wert der Anteile ihren Kaufpreis überstiegen. Die Ermittlung des gemeinen Wertes der Anteile hatte dieser auf den 11. Oktober 2001 vorgenommen. Er stellte sich auf den Standpunkt, der wirtschaftliche Wechsel der Anteile sei bereits mit Wirkung zum 1. November 2001 vollzogen worden. Schon damals habe die Gesellschaft der Übertragung des Geschäftsanteils des B auf den Kl zugestimmt. Mit Schreiben vom 6. April 2005 forderte der Bekl den Kl auf, auf den Stichtag 18. September 2003 eine Anlage Betriebsvermögen und eine entsprechend geänderte Anlage Anteilsbewertung einzureichen. Der Kl kam dieser Aufforderung trotz Wiederholung nicht nach. Anders als noch in der Schenkungsteuererklärung lehnte er in seinem Schreiben an den Bekl vom 25. April 2005 das Vorliegen einer Schenkung gänzlich ab. Zum 1. November 2001 seien sich die Gesellschafter darüber einig gewesen, dass der Kaufpreis mit dem Unternehmenswert übereinstimme. Selbst für den Fall, dass für die zivilrechtliche Übertragung die Eintragung in das Handelsregister notwendig sei, habe der Kl bereits im Oktober 2001 die Option auf den Anteilsübertrag entgeltlich erworben. Zum Zeitpunkt der Eintragung sei lediglich die Ausübung der Option erfolgt.
Der Bekl vertrat die Auffassung, die Übertragung des Geschäftsanteils auf den Kl sei erst am 18. September 2003 geschehen. Nach nochmaliger vergeblicher Anforderung der Anlagen „Betriebsvermögen” und „Anteilsbewertung” ermittelte er den gemeinen Wert der Anteile nach dem Stuttgarter Verfahren auf den 31. Dezember 2002 mit 330.720 DM (169.094 EUR). Der Wert des Betriebsvermögens der C GmbH zum Abschlusszeitpunkt 31. Dezember 2002 hatte 501.507 EUR betragen, in den Wirtschaftsjahren 2000, 2001 und 2002 waren Betriebsergebnisse in Höhe von – 5.997 EUR, 192.192 EUR und 134.085 EUR erzielt worden. Mit Bescheid vom 27. Juni 2006 setzte der Bekl eine Schenkungsteuer in Höhe von 9.207 EUR fest. Nachdem er festgestellt hatte, dass er eine Steuerbegünstigung nach § 13a Erbschaft- und Schenkungsteuerges...