Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschafter-Geschäftsführer: Verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (redaktionell)
Erzielen Gesellschafter-Geschäftsführer die Hälfte des Umsatzes aufgrund persönlicher Kontakte zu Großkunden, ist es aufgrund der personenbezogenen Leistung der Geschäftsführer nicht sachgerecht, abstrakt ermittelte und damit beschränkt aussagefähige Vergleichswerte (Gehaltsuntersuchung der OFD-Karlsruhe, BBE-Studie) zu extrapolieren. Es ist vielmehr danach zu fragen, wie ein Anteilseigner einen berufserfahrenen Fremdgeschäftsführer dotiert, der ihm mit dem Mitarbeiterstamm und dem eingesetzten Kapital derartige Jahresüberschüsse erwirtschaftet.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tenor
1. Die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 26. Mai 2003 wird aufgehoben und der geänderte Körperschaftsteuerbescheid 1999 vom 22. Juni 2005 wird dahingehend abgeändert, dass das Einkommen der Klägerin ohne Zugrundelegung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 4 Mio. DM ermittelt wird. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Körperschaftsteuer 1999 entsprechend zu errechnen, der Klägerin das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EURO, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert von nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstatttungsanspruchs Sicherheit leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Geschäftsführervergütungen zum Teil verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Unternehmen, das die Fertigung und den Vertrieb modischer Freizeit- und Jeansbekleidung zum Gegenstand hat. Das Unternehmen hat ein Stammkapital von 1 Mio. DM und ist am 9. Oktober 1979 gegründet worden. Gesellschafter der Klägerin sind … und … mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von jeweils 500.000 DM. Die Gesellschaft hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni. Bei der Klägerin waren in den Wirtschaftsjahren 1998 und 1999 ca. 60 Arbeitnehmer tätig. Sieben Mitarbeiter waren in der Verwaltung, die übrigen Arbeitnehmer lediglich geringfügig zu 325 EUR pro Monat oder aber im Versand bzw. im Lager als gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin erzielte in den Wirtschaftsjahren von 1996 bis 2000 gemäß den eingereichten Steuererklärungen folgende Umsätze und Gewinne (nach Steuern – ohne Berücksichtigung der bestrittenen verdeckten Gewinnausschüttung):
Wirtschaftsjahr |
Umsatz DM |
Jahresüberschuss DM |
Einkommen DM |
01.07.1996-30.06.1997 |
98.859.152 |
12.627.463 |
19.650.752 |
01.07.1997-30.06.1998 |
90.410.336 |
10.288.711 |
15.523.710 |
01.07.1998-30.06.1999 |
88.018.657 |
9.974.146 |
14.651.452 |
01.07.1999-30.06.2000 |
78.118.627 |
6.297.086 |
9.853.993 |
Der Jahresüberschuss vor Steuern betrug:
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
22.681.961 DM |
17.728.979 DM |
17.194.292 DM |
11.504.046 DM |
Das Eigenkapital belief sich ausweislich der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vorgelegten Übersicht auf:
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
18.627.747 DM |
23.902.267 DM |
21.776.414 DM |
28.073.500 DM |
Unter Berücksichtigung dieses Eigenkapitals beträgt die Eigenkapitalrentabilität:
Jahr |
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
vor Steuern |
121,76 % |
74,17 % |
78,96 % |
40,98 % |
nach Steuern |
67,79 % |
42,53 % |
45,80 % |
22,42 % |
Bezogen auf das Stammkapital der Klägerin berechnet sich die Eigenkapitalrentabilität wie folgt:
Jahr |
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
vor Steuern |
2268,20 % |
1772,90 % |
1719,43 % |
1150,40 % |
nach Steuern |
1262,75 % |
1016,54 % |
997,41 % |
629,71 % |
Geschäftsführer der Gesellschaft ist seit dem Jahr 1979 … Im Jahr 1981 ist auch die Gesellschafterin … in die Geschäftsführung eingetreten. Von 1979 bis 1981 war … Leiterin des Vertriebs der Gesellschaft. Herr … ist im Streitjahr außerdem noch alleiniger Geschäftsführer einer Schwestergesellschaft der Klägerin. Mit Ausnahme der Verwaltung eines Forderungskontos gegenüber der Klägerin ruht der Geschäftsbetrieb dieser Schwestergesellschaft. Des Weiteren sind die Ehegatten … an 15 gewerblichen Gesellschaften beteiligt.
In den Wirtschaftsjahren 1991 bis 1994 hatten die Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils folgende Gesamtbezüge:
1991/1992 |
1992/1993 |
1993/1994 |
4.933.090 DM |
4.967.627 DM |
6.759.009 DM |
Eine Betriebsprüfung durch den Beklagten hat für die Jahre 1992 und 1993 ein angemessenes Gehalt in Höhe von jeweils 3 Mio. DM und für 1994 ein angemessenes Gehalt in Höhe von jeweils 3....