Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Nachforderungszinsen auf nach § 14 Abs.2 UStG geschuldete Umsatzsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat ein Kfz-Händler für steuerfreie Lieferungen oder trotz Anwendungen der Differenzbesteuerung voll Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, ohne diese Rechnungen ausreichend zu berichtigen, so sind die bestandskräftig festgesetzten Nachforderungszinsen auf die vom FA nach § 14 Abs.2 UStG nacherhobene Umsatzsteuer nicht wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen (vgl. Rechtsprechung zur sachlichen Unbilligkeit von Nachforderungszinsen); ein Erlassanspruch ergibt sich auch nicht aus der Billigkeitsregelung im BMF-Schreiben in BStBl I 1996, 370 zu Fällen, in denen die Endabrechnung die vorherigen Abschlagszahlungen und die darauf entfallende Umsatzsteuer nicht berücksichtigt und deswegen die Steuer nach § 14 Abs.2 UStG nacherhoben sowie Zinsen festgesetzt worden sind.
2. Nachforderungszinsen nach § 233a AO 1977 könnnen grundsätzlich erlassen werden, auch wenn eine Spezialregelung wie in §§ 234 Abs.2 oder § 237 Abs.4 AO 1977 fehlt.
Normenkette
AO 1977 § 227; UStG 1991 § 14 Abs. 2; UStG 1993 § 14 Abs. 2; AO 1977 § 233a; UStG § 25a; AO 1977 § 234 Abs. 2, § 237 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Nachzahlungszinsen (§ 233 a der Abgabenordnung -AO-) auf gemäß § 14 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetz (UStG) entstandene Umsatzsteuer (USt) aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen sind (§ 227 AO).
Der Kläger betreibt einen Kraftfahrzeughandel. Anlässlich einer die Jahre 1991, 1992 und 1993 umfassenden Außenprüfung beim Kläger stellte der Prüfer unter anderem fest, der Kläger habe in seinen Ausgangsrechnungen für steuerfreie Ausfuhrlieferungen, für steuerfreie Lieferungen von Kraftfahrzeugen an Abnehmer in anderen EG-Ländern ohne USt-Identifikations-Nr. und für Lieferungen trotz Anwendung des § 25 a UStG USt in Rechnung gestellt, ohne diese Rechnungen (ausreichend) zu berichtigen. Der Kläger schulde die USt gemäß § 14 Abs. 2 UStG (vgl. Tz. 4.02 zu d, e und h des Prüfungsberichts vom 12. Oktober 1995).
Das beklagte Finanzamt (FA) erhob daraufhin mit USt-Änderungsbescheiden 1991 – 1993 vom 7. Februar 1996 die entsprechenden USt-Beträge, die der Kläger nicht vorangemeldet und entrichtet hatte, nach. Außerdem setzte es auf die nacherhobene USt in den vorgenannten drei Fallgruppen mit (verbundenem) Zinsbescheid vom gleichen Tage Nachzahlungszinsen gemäß § 233 a AO für 1991 in Höhe von 2.295 DM, für 1992 in Höhe von 363 DM und für 1993 in Höhe von 920 DM fest. Die USt-Festsetzung und der Zinsbescheid wurden nicht angefochten.
Mit Schreiben vom 14. Mai 1996 beantragte der Kläger Erlass dieser Zinsen im Billigkeitswege. Er verwies dabei auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 1. April 1996 (Bundessteuerblatt -BStBl- 1996, 370).
Mit Bescheid vom 29. August 1996 lehnte das FA den Erlass ab.
Der Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 1997 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner Klage macht der Kläger im wesentlichen geltend, das BMF-Schreiben in BStBl I 1996, 370 gehe davon aus, die Festsetzung von Nachzahlungszinsen sei sachlich unbillig, wenn die gemäß § 14 Abs. 2 UStG nacherhobene USt darauf beruhe, dass in einer Endrechnung die vor der Ausführung der Leistung des Unternehmers vereinnahmten Teilentgelte und die auf diese entfallenden USt-Beträge nicht abgesetzt oder angegeben seien und die Endrechnung erst in einem späteren Kalenderjahr berichtigt werde. Die sachliche Unbilligkeit resultiere in derartigen Fällen daraus, dass die Berichtigung nicht zurückwirke, sondern die USt erst im Kalenderjahr der Berichtigung zum Wegfall bringe. Für derartige Fälle seien die festgesetzten Nachzahlungszinsen zu erlassen. Auch vorliegend beruhe die Nacherhebung der USt auf § 14 Abs. 2 UStG. Auch vorliegend habe diese Steuer nicht rückwirkend in die Besteuerungszeiträume der ursprünglichen Rechnungserteilung hinein berichtigt werden können. Vielmehr sei die Berichtigung erst im Dezember 1995 – alsbald nach der Aufdeckung der Fehlerhaftigkeit der ursprünglichen Rechnungen – vorgenommen worden. Die gleichen Erwägungen, deretwegen die USt im Falle des BMF-Schreibens im Billigkeitswege zu erlassen sei, müssten auch im Falle des Klägers zum Erlass der Nachzahlungszinsen führen. Das FA sei an den Erlass gebunden. Der vorliegende Fall sei ein „derartiger Fall” im Sinne des Erlasses. Deshalb steile es eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, den Erlass der Nachzahlungszinsen im vorliegenden Fall zu versagen. Deren Erhebung verfehle den Zweck des § 233 a AO. Der Kläger habe nämlich keinerlei Liquiditätsvorteile erreicht. Er habe vielmehr von seinen Abnehmern, den Käufern, die in Rechnung gestellte USt nicht erhalten. Der Kläger habe deshalb sogar einen Liquiditätsnachteil erfahren.
Der Kläger beantragt,
den Ablehnungsbescheid vom 29. August 1996 sowie die Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 1997 ...