Entscheidungsstichwort (Thema)
Doppelte Haushaltsführung eines Ledigen; Führung eines eigenen Hausstandes
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem nichtverheirateten Arbeitnehmer liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, wenn er neben der Wohnung am Beschäftigungsort auch am Ort seines Lebensmittelpunktes einen eigenen Hausstand führt, d.h. den Hausstand aus eigenem Recht nutzt. Eine solche gesicherte Rechtsposition kann sich auch aus einem Leihverhältnis ergeben, das keiner Form bedarf und auch durch schlüssiges Verhalten begründet werden kann (hier: unentgeltliche Überlassung einer Wohnung in einem Zweifamilienhaus an den Sohn, der in die Wohnung investiert und auch die laufenden Kosten trägt).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Tatbestand
Streitig ist eine doppelte Haushaltsführung des Klägers (Kl).
Der Kl war im Streitjahr … Jahre alt und lediger Arbeitnehmer der … als Versicherungskaufmann. Er war im Streitjahr als Projektleiter für die … zur Hälfte in … und zur Hälfte in … berufstätig. Seit 1992 hatte er in … eine Wohnung angemietet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag verwiesen. Die Mietaufwendungen betrugen DM … die der Kl neben Mehraufwendungen für Verpflegung für 115 Tage, also DM … in seiner Steuererklärung als Werbungskosten geltend machte. Der Kl legte eine Bestätigung seiner Eltern vom 2. Dezember 1995 vor, wonach er die untere Wohnung (ca. 109 m²) im Zweifamilienhaus seiner Eltern bewohne und dort einen eigenen Hausstand führe. Einen schriftlichen Mietvertrag gebe es nicht. Der Beklagte (Bekl), der die Höhe der Aufwendungen nicht bestritt, lehnte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen ab, weil der Kl im Streitjahr keinen eigenen Hausstand in … geführt habe. Gegen den Bescheid vom 13. Mai 1996 über Einkommensteuer (ESt) für 1994 legte der Klägervertreter für den Kl am 28. Mai 1996 Einspruch ein. Er trug vor, der Kl bewohne eine abgeschlossene Wohnung im Hause seiner Eltern, die ihm über 10 Jahre zur alleinigen Nutzung überlassen worden sei.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 5. März 1997 zurückgewiesen. Der Bekl vertrat die Ansicht, das unentgeltliche Bewohnen einer Wohnung im elterlichen Haus sei kein eigener unterhaltener Hausstand.
Mit der Klage vom 8. April 1997 trägt der Klägervertreter vor, der Bekl habe nicht ausreichend berücksichtigt, daß der Kl an zwei Arbeitsorten tätig gewesen sei und aus beruflichen Gründen die Aufwendungen für die Wohnung in … habe tragen müssen. Auch ohne schriftlichen Mietvertrag habe er eine gesicherte Rechtsposition im Haus der Eltern gehabt, in deren Interesse die Nutzung durch ihn gelegen habe. Er sei mit … Jahren nicht in den Haushalt seiner Eltern integriert gewesen. Die Eltern hätten nicht seinen Haushalt geführt. Das Unterhalten einer Wohnung erfordere keine finanzielle Beteiligung und den Aufwand für die Wohnung in … den er steuerlich geltend mache, habe er unstreitig getragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 8. April und 8. September 1997 verwiesen.
Der Kl beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5. März 1997 den Bescheid vom 13. Mai 1996 über ESt für 1994 unter Berücksichtigung von DM … als Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung abzuändern und die ESt von bisher DM … um DM … auf DM … herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vor, die Unterhaltung eines eigenen Haushalts erfordere nicht nur eine persönliche Beteiligung und wesentliche Mitbestimmung aus eigenem Recht, sondern auch eine wirtschaftliche Belastung durch den Unterhalt der Wohnung. Vom Kl werde nur die Wohnung in … in diesem Sinne unterhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 11. Juni 1997 verwiesen.
Der Berichterstatter (BE) hat aufgrund eines Beweisbeschlusses vom 19. Juni 2000 die Wohnung am 13. Juli 2000 besichtigt, sich Belege vorlegen lassen und die Eltern des Kl als Zeugen vernommen. Auf die Niederschrift vom 13. Juli 2000 wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Danach bewohnte der Kl die abgeschlossene Wohnung im Haus der Eltern von 1983 bis zum Jahr 2000. Die Wohnung umfaßt Wohnraum, Schlafraum, Bad und WC, Büroraum und eine voll eingerichtete Küche. Der Kl hat die Kosten für Strom, Wasser, Heizöl, eigenes Telefon, Kabelanschluß getragen sowie die Aufwendungen für eine Renovierung der Wohnung für den Einbau einer Duschkabine, Teppichboden, Kamin und Bar.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die geltend gemachten Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sind zu berücksichtigen.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten die notwendigen Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehme...