rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1996. Zuflusszeitpunkt einer Abfindungszahlung. kein Gestaltungsmissbrauch durch Hinausschieben der Fälligkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird die Fälligkeit eines Teilbetrags einer Abfindungszahlung – auch – im Interesse des Arbeitgebers durch eine nachträgliche Vereinbarung hinausgeschoben, so ist dieser Teilbetrag der Abfindung dem Empfänger erst mit tatsächlicher Auszahlung zugeflossen.
2. Das Hinausschieben der Fälligkeit wäre selbst dann nicht als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 42 AO anzusehen, wenn es maßgeblich auf Betreiben des Abfindungsempfängers erfolgt wäre.
Normenkette
AO 1977 § 42 S. 1; EStG 1990 § 11 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
I. Der Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 27. Januar 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 1999 wird aufgehoben.
II. Das beklagte Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Zeitpunkt des Zuflusses einer Abfindungszahlung.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Veranlagung für das Streitjahr 1996 wurde mit Bescheid vom 01. Oktober 1997 antragsgemäß durchgeführt.
In der Steuererklärung für das Folgejahr 1997 erklärten die Kläger in Zeile 11 der Anlage N der Klägerin eine Abfindungszahlung in Höhe von 45.000 DM. Auf Aufforderung des Finanzamtes reichten die Kläger einen Aufhebungsvertrag bezüglich des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und ihrer ehemaligen Arbeitgeberin vom 28. Februar 1996 nach. Darin ist geregelt, dass die Klägerin aus ihrem Arbeitsverhältnis zum 30. November 1996 gegen die Zahlung eines einmaligen Abfindungsbetrages von 75.000 DM, zahlbar im November 1996, ausscheidet.
Zugleich legten die Kläger eine weitere Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitgeberin, ebenfalls vom 28. Februar 1996, von der Klägerin am 19. November 1996 unterzeichnet, vor, worin vereinbart ist, dass der steuerpflichtige Teil der Abfindung von 45.000 DM erst im Januar 1997 fällig wird. Entsprechend erfolgte die Zahlung von 45.000 DM im Januar 1997. Nach Darstellung der Klägerin beruhte die Verschiebung der Auszahlung auf finanziellen Schwierigkeiten der Firma, gerade auch im Hinblick auf die zahlreichen Abfindungszahlungen.
Das Finanzamt erblickte in der weiteren Vereinbarung eine Verfügung der Klägerin und nahm einen Zufluss der Abfindungszahlung bereits im Jahr 1996 an. Mit Bescheid vom 27. Januar 1999 änderte es den vorgehenden Bescheid gem. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO).
Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 1999).
Hiergegen richtet sich die am 21. Juni 1999 (Montag) beim Finanzamt rechtzeitig eingegangene Klage. Die Klägerin trägt vor, dass dem Finanzamt auch im Hinblick auf andere Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers die Tatsache von Abfindungszahlungen in zwei Teilbeträgen bekannt gewesen sei und deshalb eine neue Tatsache nicht angenommen werden könne. Im Übrigen habe auch eine Verfügung von ihr nicht vorgelegen, so dass der Zufluss des Betrages von 45.000 DM entsprechend der Auszahlung erst im Jahr 1997 erfolgt sei.
Die Kläger beantragen,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 27. Januar 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 1999 aufzuheben.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage aus den Gründen der Einspruchsentscheidung, auf die verwiesen wird, abzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.
In der Streitsache ist am 15. März 2004 ein Gerichtsbescheid ergangen, gegen den das beklagte Finanzamt rechtzeitig Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat. Damit gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen.
Die mündliche Verhandlung hat sodann am 29. April 2004 stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Zu Unrecht hat das beklagte Finanzamt einen Zufluss des streitigen Betrages von 45.000 DM im Jahre 1996 bejaht. Weder hat ein solcher Zufluss im Jahre 1996 stattgefunden, noch ist in der weiteren Vereinbarung vom 28. Februar 1996, die die Klägerin im 19. November 1996 unterzeichnet hat, ein Rechtsmissbrauch i.S.v. § 42 Satz 1 AO zu sehen.
1. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die eigentliche Zahlung des Betrages von 45.000 DM erst im Januar 1997 erfolgt ist. Eine Verfügung der Klägerin über diesen Betrag zu einem früheren Zeitpunkt hat aber nicht vorgelegen, eine solche ist insbesondere nicht in der weiteren Vereinbarung mit ihrer Arbeitgeberin zu sehen. Das Zu- und Abflussprinzip in § 11 Einkommensteuergesetz (EStG) stellt auf das Zufließen von Einnahmen und die Leistung von Ausgaben ab. Unerheblich sind grundsätzlich die Fälligkeit und der Zeitraum, für den die Leistung erfolgt. Im Zweifelsfalle kann allerdings maßgeblich sein, ob und wann der Steuerpflichtige die wirtschaftliche...