Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1990–1992
Tenor
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 09. August 1995 und Änderung der angegriffenen Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1992 werden die Einkommensteuerveranlagungen dahingehend abgeändert, daß die Gewinne aus der Forstwirtschaft jeweils um die Beträge von 10.583 DM (1990), 2.857 DM (1991) und 3.078 DM (1992) gekürzt werden.
Die Berechnung der Steuer wird nach Maßgabe der Gründe dem Finanzamt übertragen.
2. Das Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist für die Kläger hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob staatliche Zuwendungen, die bei außergewöhnlichen Schäden durch Naturereignisse – hier Schäden durch Orkane – für die. Naßlagerung und Entrindung von Holz an Waldbesitzer gezahlt werden, in die Bemessungsgrundlage nach § 51 Abs. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) einzubeziehen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt wurden. Er ist als Land- und Forstwirt tätig. Die Einkünfte aus dem forstwirtschaftlichen Betrieb werden nach Maßgabe des § 51 Abs. 1 EStDV unter Berücksichtigung von pauschalierten Betriebsausgaben in Höhe von 65 v. H. der Einnahmen aus der Holznutzung ermittelt. Im Rahmen ihrer ESt-Erklärungen bzw. im Nachgang dazu erklärten sie die hier streitigen Einnahmen:
90/91 |
Naßlagerprämie |
6.240,64 DM |
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Entrindungsprämie |
10.041,20 DM |
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16.281,84 DM |
91/92 |
Naßlagerprämie |
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4.395,50 DM |
92/93 |
Naßlagerprämie |
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4.736,61 DM |
Diesen Einnahmen lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Dem Kläger war nach einer Richtlinie des Ministeriums für ländlicher Raum, Ernährung, Landwirtschaften und Forsten wegen außergewöhnlicher Schäden in seinem Forstbetrieb durch Orkane eine Zuwendung gewährt worden. Ohne Rechtsanspruch wurden die genannten Beträge für das Entrinden von Nadelholz sowie die Naßlagerung gezahlt (vgl. Richtlinie vom 27. April 1990 – Az. 52–8678.04 –, veröffentlicht im Gemeinsamen Amtsblatt für Baden-Württemberg – GABl. – 1990, 248; Bl. 12 der Gerichtsakten). Das beklagte Finanzamt (FA) erfaßte diese Gelder bei den Einnahmen des forstwirtschaftlichen Betriebes. Eine Betriebsausgabenpauschale gemäß § 51 Abs. 1 EStDV wurde – insoweit – nicht gewährt (ESt-Bescheide 1990 bis 1992 jeweils vom 18. Januar 1995).
Die hiergegen fristgerecht erhobenen Einsprüche vom 15. Februar 1995 blieben erfolglos und wurden mit Einspruchsentscheidungen vom 09. August 1995 als unbegründet zurückgewiesen. Das FA vertrat darin die Auffassung, daß die Einnahmen nicht als solche aus der Holznutzung i.S.d. § 51 Abs. 1 EStDV zu verstehen seien. Die Prämien seien als Zuschüsse unabhängig von den Einnahmen aus der Holznutzung gewährt worden; sie hätten für den Begünstigten keine weiteren Betriebsausgaben bewirkt. Hiergegen wurde fristgerecht am 11. September 1995 Klage erhoben, zu deren Begründung die Kläger durch ihren Prozeßbevollmächtigten im wesentlichen folgendes vortragen lassen:
Ausgelöst durch die schweren Orkane in den ersten Monaten des Jahres 1990 habe der Kläger erhebliche Mengen an Sturmholz zu verzeichnen gehabt. In Baden-Württemberg habe die Sturmholzmenge das Doppelte des normalen Hiebsatzes betragen. Erschwerend sei hinzu gekommen, daß zum Zeitpunkt der Schäden ein Großteil des Normalhiebes bereits eingeschlagen gewesen sei, so daß die dreifache Jahreseinschlagsmenge zum Verkauf angestanden habe. Zur Entlastung des Holzmarktes, zur Vermeidung von Qualitäts- und Wertverlusten sowie zur Abwehr von Borkenkäferschäden habe das Land Baden-Württemberg für das Entrinden von Nadelsturmholz und die Naßlagerung des aufbereiteten Nutzholzes eine Prämie nach Maßgabe der Richtlinie vom 27. April 1990 an die Waldbesitzer gezahlt. Im Gegensatz zur „Ausgleichszulage Wald” sei diese Prämie nur für die tatsächlich gelagerte und später verkaufte Holzmenge gewährt worden. Insoweit liege eine eindeutig auf die Verkaufsmenge bezogene Einnahme vor. Die Folge sei, daß auch hinsichtlich dieser Einnahmen die Vorschrift des § 51 Abs. 1 EStDV zur Anwendung komme. Auch seien die Zuwendungen nicht, wie das FA meint, der normalen Waldbewirtschaftung zuzurechnen wie etwa die Waldkalkungszuschüsse. Es übersehe insoweit, daß die hier streitigen Prämien einschlagsbezogen seien. Die strittigen Prämien seien in kleinster Weise mit der normalen Waldbewirtschaftung verbunden, sondern seien als Einnahmen aus Holzerlösen zu qualifizieren, wenn auch auf unfreiwilliger Basis, da durch die Orkanschäden bedingt.
Weiter wird vorgetragen, daß durch die Gewährung dieser Zuwendungen ein tiefer Fall der Holzpreise vermieden worden sei. Die geschädigten Landwirte hätten hierdurch zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen geordneter Verhältnisse ihr Holz verkaufen können. Jedoch hätten auch bei einer...