rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1993

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Kläger (Kl) sind Ehegatten und im Streitjahr 1993 zusammen zu veranlagen.

Im Einkommensteuer (ESt)-Bescheid für 1993 vom 24.11.1994 sind die Einkünfte der Kl aus Kapitalvermögen erklärungsgemäß wie folgt ermittelt worden:

Kläger

Klägerin

Einnahmen

28.216 DM

845 DM

ab Werbungskosten

195 DM

5 DM

ab Sparerfreibetrag

11.160 DM

840 DM

Einkünfte

16.861 DM

0 DM

Im Einspruchsverfahren machten die Kl geltend, die Regelung über die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen gewährleisteten nicht die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geforderte gleichmäßige Besteuerung. Sie beantragten „deshalb bis zu einer entsprechenden gesetzlichen Regelung” das Ruhen des Verfahrens gemäß § 363 Abgabenordnung (AO).

Durch Einspruchsentscheidung vom 23.8.1995 wies das Finanzamt (FA) den Einspruch als unbegründet zurück.

Das FA meinte, die Einkünfte der Kl aus Kapitalvermögen seien bei der ESt-Veranlagung 1993 unter Berücksichtigung des § 20 Einkommensteuergesetz (EStG) in der gemäß dem Gesetz zur Neuregelung der Zinsbesteuerung ab 1993 geltenden Fassung besteuert worden.

Wie aus Art. 108 Grundgesetz (GG) i.V.m. §§ 85, 4 AO ersichtlich sei, entspreche es dem Willen des Gesetzgebers, daß eine gesetzliche Vorschrift von der Finanzverwaltung solange anzuwenden sei, wie die gesetzliche Regelung in Kraft sei. Auch ein Ruhen eines Einspruchsverfahrens gemäß § 363 Abs. 2 AO oder eine insoweit vorläufige Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Nr. 3 AO komme nur in Betracht, wenn die vom Steuerpflichtigen aufgeworfene Verfassungsfrage in einem gleichgelagerten Fall dem BFH, dem BVerfG oder dem Europäischen Gerichtshof bereits zur Entscheidung vorliege.

Die Kl hätten weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht, daß die Verfassungsmäßigkeit der Zinsbesteuerung ab 1993 bereits dem BFH, dem BVerfG oder dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorliege. Auch beim FA sei ein entsprechendes Verfahren nicht bekannt, weshalb über den Einspruch gemäß § 367 AO zu entscheiden sei.

Da die Veranlagung unter Berücksichtigung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt worden sei, sei der Einspruch als unbegründet zurückzuweisen.

Im Klageverfahren meinen die Kl erneut, die durch das Zinsabschlagsgesetz vom 9.11.1992 geänderte Regelung bei der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen gewährleiste keine gleichmäßige Besteuerung. Somit werde den vom BVerfG im Urteil vom 27.6.1991 geforderten Grundsätzen nicht entsprochen und weiterhin Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

Sie beziehen sich auch auf eine Äußerung des Präsidenten des BFH, der das Zinsabschlagsgesetz in seiner jetzigen Fassung für nicht verfassungsgemäß halte, da keine Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewahrt sei (18. Deutscher Steuerberatertag in Wiesbaden, FAZ vom 24.10.1995, Seite 18).

Die Kl begehren wegen der mit gleichem Sachverhalt beim BFH unter den Aktenzeichen VIII R 33/95 und VIII B 12/95 anhängigen Musterverfahren das Ruhen des Verfahrens.

Die Kl beantragen,

die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 16.861 DM bei der Festsetzung der ESt 1993 außer Ansatz zu lassen.

Das FA stimmt dem Antrag der Kl auf Ruhen des Verfahrens nicht zu.

Das Finanzgericht München habe durch Urteil vom 30.3.1995 bestätigt, daß die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach den Vorschriften des Zinsabschlaggesetzes verfassungsgemäß sei. Dem FA sei nicht bekannt, ob und ggf. mit welcher Begründung gegen dieses Urteil Revision erhoben worden sei (laut Bevollmächtigten der Kl: Revision Aktenzeichen VIII R 33/95).

Auch die Kl hätten nicht dargelegt, aus welchen Gründen sie sich gegen die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen wendeten. Der allgemeine Hinweis auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei nicht geeignet, fundierte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung zu begründen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Das Ruhen des Verfahrens (§ 155 FGO, § 251 ZPO) kommt im Streitfall mangels übereinstimmenden Antrags der Beteiligten nicht in Betracht.

Die Aussetzung des Verfahrens (§ 74 FGO) scheidet ebenfalls aus. Ein Musterprozeß beim BFH ist kein Aussetzungsgrund in diesem Sinne. Eine Verfassungsbeschwerde ist wegen der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht anhängig (BFH-Beschluß vom 30.11.1992 X B 18/92, BFH/NV 1993, 732 m.w.N.).

Die Klage ist unbegründet. Eine Einholung der Entscheidung des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG erfolgt nicht.

Im ESt-Bescheid für 1993 vom 24.11.1994 sind die Einkünfte der Kl aus Kapitalvermögen zutreffend in Höhe von 16.861 DM (Kl) bzw. in Höhe von 0 DM (Klin) unter Berücksichtigung der Sparerfreibeträge für den Kl in Höhe von 11.160 DM und für die Klin in Höhe von 840 DM berücksichtigt worden. Insoweit wurden auch zutreffend Werbungskosten in Höhe von je 195 DM bzw. 5 DM abgezogen. Die Berechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen beruhte auf § 20 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 EStG (Gesetz zu...

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