rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Uneinbringlichkeit allein aufgrund des Übergangs der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter. Vereinnahmung einer noch vom Insolvenzschuldner begründeten Forderung durch den Insolvenzverwalter
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob allein der Übergang der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Vermögen des Insolvenschuldners auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 Abs. 1 InsO zur Uneinbringlichkeit i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 UStG führt.
2. Ernstlich zweifelhaft ist auch, ob bei Vereinnahmung einer noch vom Insolvenzschuldner begründeten Entgeltforderung durch den Insolvenzverwalter die auf die Leistung entfallende Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit oder aber als allgemeine Insolvenzforderung anzusehen ist.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1; InsO §§ 21, 80 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tenor
Die Vollziehung des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. November 2012 wird mit Wirkung vom Fälligkeitstag bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung einer Entscheidung in dem parallelen Klageverfahren in der Hauptsache (Aktenzeichen [Az.]: 7 K 7337/12) oder dessen anderweitiger Erledigung ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin im Wege der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Aussetzung der Vollziehung der Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Juli 2012, um von ihm für frühere sonstige Leistungen der Insolvenzschuldnerin vereinnahmte Leistungsentgelte beziehungsweise [bzw.] die daraus herrührenden Umsatzsteuerforderungen nicht als Masseverbindlichkeit und deshalb als einer gesonderten Steuerfestsetzung zugängliche steuerpflichtige Umsätze behandeln lassen zu müssen, sondern sie zu den allgemeinen Insolvenzforderungen zählen zu können.
Die Insolvenzschuldnerin ist zu Zwecken des Handels mit Lagertechnik, Fördertechnik und Betriebsmitteln sowie des Innenausbaus (Systemtrennwände) mit Gesellschaftsvertrag vom 1. August 2002 in der Rechtsform einer Gesellschaft mbH mit Sitz in C. gegründet worden und seither im Handelsregister beim Amtsgericht – AG – C. unter der Handelsregisternummer HRB … eingetragen. Mit Beschluss vom 7. Juni 2012 ordnete das AG C. über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin die vorläufige Insolvenzverwaltung an und bestimmte bezogen auf § 21 der Insolvenzordnung – InsO – den Antragsteller zum sogenannten [sog.] starken vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit weiterem Beschluss vom 19. Juli 2012 (Az.: 36t IN 2553/12) eröffnete das AG C. nunmehr endgültig das Insolvenzverfahren und bestellte den Antragsteller zum Insolvenzverwalter.
Im Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum Juli 2012 vereinnahmte der Antragsteller in Höhe von 13.241,90 EUR Entgeltzahlungen für sonstige Leistungen, die die Insolvenzschuldnerin noch vor Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens erbracht hatte.
Im Rahmen seiner für die Insolvenzschuldnerin am 15. August 2012 eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Zeitraum Juli 2012 berücksichtigte der Antragsteller diese Leistungsentgelte bzw. die mit ihnen verbundenen Umsatzsteueransprüche in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom 9. Dezember 2010 – V R 22/10 – Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 232, 301, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2011, 996, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2011, 720, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 2011, 1998, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2011, 551, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2011, 952) zunächst als Masseverbindlichkeit und bezog sie in Höhe von (13.241,90 EUR: 1,19 = abgerundet) 11.127,– EUR (netto) in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze ein. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung stand auf der Grundlage von § 168 Satz 1 der Abgabenordnung – AO – einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Zugleich aber erhob der Antragsteller gegen diese Festsetzung der UmsatzsteuerVorauszahlung für den Monat Juli 2012 Einspruch. Er begründete ihn damit, dass die angegebene BFH-Rechtsprechung nicht mit dem in § 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr 2012 geltenden Fassung – UStG 2012 – angelegten Grundsatz der Unternehmeridentität zu vereinbaren sei, nach der der Insolvenzschuldner auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen alleiniger Unternehmensträger bliebe, daher zwischen ihm einerseits und dem sein Vermögen verwaltenden Insolvenzverwalter andererseits keine getrennten Unternehmensteile gebildet werden könnten, sondern die Tätigkeit des Insolv...