Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzuschätzung zu den Betriebseinnahmen eines Restaurants in Höhe der unbaren Kreditkartenumsätze wegen Zweifeln an der der Erfassung der unbaren Betriebseinnahmen und unterbliebener Mitwirkung des Steuerpflichtigen an der Aufklärung dieser Zweifel
Leitsatz (redaktionell)
1. Wurde bei Erfassung von Betriebseinnahmen eines Restaurants mittels eines elektronischen Kassensystems trotz technisch bestehender Möglichkeit hierzu nicht zwischen baren und unbaren Einnahmen (Kreditkartenumsätze) differenziert, wurden die Kreditkartenumsätze auch nicht täglich erfasst und ist aufgrund der konkret vorgenommenen Verbuchung äußerst zweifelhaft, ob die Kreditkartenumsätze tatsächlich wie vom Steuerpflichtigen angegeben vollständig als bare Betriebseinnahmen miterfasst und versteuert worden sind, so bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Befugnis des FA zu einer Hinzuschätzung in Höhe der auf dem Girokonto des Steuerpflichtigen ersichtlichen Kreditkarteneinnahmen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Kassenbuchführung gravierende Mängel aufweist und der Steuerpflichtige seiner verschärften Mitwirkungspflicht, die ordnungsgemäße Erfassung der seinem Girokonto gutgebrachten Erlöse aus Kreditkartenumsätzen seines Restaurants plausibel darzulegen und unter Beweis zu stellen, nicht nachgekommen ist, indem er z. B. trotz mehrfacher Aufforderung weder die Tagesabrechnungen bzw. Ersatzbelege des Kreditkarteninstituts über seine täglichen Kreditkartenumsätze noch Protokolle über die Programmierung/Umprogrammierung des Kassensystems vorgelegt hat. Bei diesem Sachverhalt durfte die Finanzbehörde von weiteren Sachverhaltsaufklärungen absehen.
2. Auch bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind die Betriebseinnahmen einzeln nachzuweisen. Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn bei Führung eines elektronischen Kassensystems als Beleg für die vollständige Erfassung aller Umsätze und Einnahmen das Zustandekommen der Summe eines jeden Tagesergebnisses durch Aufbewahrung angefallener Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons oder die Einnahmen und Ausgaben eines Kassenberichts nachgewiesen werden muss.
3. Die Z-Bons müssen eine hinreichende Gewissheit über die Vollständigkeit der darin enthaltenen Einnahmen zulassen. Dies ist nur der Fall, wenn die Organisationsunterlagen aufbewahrt werden, um etwaige Manipulationen bei der Berechnung der ausgedruckten Beträge nachvollziehen zu können.
4. Wenn ein Steuerpflichtiger die ihm auferlegten allgemeinen oder besonderen Mitwirkungs-, Informations- oder Nachweispflichten verletzt, mindert sich grundsätzlich die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde oder des Finanzgerichtes entsprechend.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3; AO §§ 145-147, 158, 162 Abs. 1, 2 S. 1, § 93 Abs. 1; UStG § 22 Abs. 2 Nr. 1; UStDV § 63 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 76 Abs. 1 S. 1
Tenor
Soweit die Antragstellerin zu 1. die Aussetzung der Vollziehung betreffend die Bescheide über Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbeträge für 2009 bis 2011 beantragt hat, wird das Verfahren nach § 72 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – (teilweise) eingestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Antragstellern auferlegt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren um die Rechtmäßigkeit der Hinzuschätzung von Einnahmen bzw. Gewinnen aus dem von dem Antragsteller betriebenen griechischen Speiserestaurant.
Die Antragsteller sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Antragsteller zu 2. betrieb in den Jahren 2009 bis 2011 (Streitjahre) in C. bei D. ein griechisches Speiserestaurant mit ca. 80 Plätzen nebst Sommergarten (Bl. 49 Betriebsprüfer – Bp – Handakten). Für sein Unternehmen waren sieben Angestellte – darunter die Antragstellerin zu 1. (unentgeltlich) sowie zwei weitere Familienangehörige – tätig. Seinen Gewinn ermittelte der Antragsteller zu 2. gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes –EStG– durch Einnahmenüberschussrechnung. Die erklärten Gewinne betrugen (jeweils abgerundet) 24.252 EUR für 2009, 30.706 EUR für 2010 und 33.909 EUR für 2011. Die Speisen und Getränke wurden überwiegend in den Räumlichkeiten des Restaurants verzehrt (nebst Büffet/Feierlichkeiten), teilweise auch außer Haus (ohne Lieferservice) verkauft. Mit Ausnahme der Außer-Hausumsätze – die der Antragsteller zu 2. dem ermäßigten Umsatzsteuersatz (7 v. H.) unterwarf – unterlagen die übrigen Umsatzgeschäfte dem Regelsteuersatz (19 v. H.). Das Restaurant war in den Streitjahren Dienstags bis Sonntags in der Zeit von 11.30 Uhr bis 23.30 Uhr geöffnet und Montags (sofern kein Feiertag) geschlossen (Bl. 16 Bp-Handakte). Zur Erfassung der Umsätze verwendete der Antragsteller zu 2. in den Streitjahren ein elektronisches Kassensystem der Firma E. (Modell S560 T). Den Gästen des Restaurants war es erlaubt, ihre Zeche bar oder per Kreditkarte („Maestro”, „Visa Electron” und „EC”) zu begleichen (siehe Internetauftritt, Bl. 51 Bp-Handakte). Zur Abwicklung der Kreditkartenums...