Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzuschätzung zu den Betriebseinnahmen eines Restaurants wegen unterbliebener vollständiger Aufbewahrung aller Kassensummenbons mit Z-Nummern, Zweifeln an der Verbuchung unbarer Betriebseinnahmen und mehrfacher Rückstellung des Z-Bon-Zählers der elektronischen Kasse auf 0
Leitsatz (redaktionell)
1. Es besteht zwar für die Überschussermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG keine ausdrückliche Verpflichtung zur Führung eines Kassenbuchs, dafür aber eine Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung der Betriebseinnahmen.
2. Auch ein Steuerpflichtiger mit einer Vielzahl von Einzel-Barumsätzen (im Streitfall: Restaurant) ist nach § 147 AO und dem ihn hinsichtlich der Vollständigkeit der Einnahmenerfassung treffenden Grundsatz der Feststellungslast zur Aufbewahrung aller Belege, aus denen sich die Vollständigkeit nachweisen lässt, bei Führung einer elektronischen Registrierkasse zur vollständigen Aufbewahrung auch von Kassensummenbons mit durchgehenden Z-Nummern, und zu entsprechender Dokumentation verpflichtet.
3. Die elektronische Kassenbuchführung eines Restaurants ist nicht ordnungsgemäß und berechtigt folglich zu einer Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen, wenn u. a. trotz technisch bestehender Möglichkeiten nicht zwischen baren und unbaren Betriebseinnahmen (Kreditkartenumsätze) differenziert worden ist und nach Überzeugung des Gerichts erhebliche Zweifel daran bestehen, dass auch die unbaren Betriebseinnahmen tatsächlich wie vom Steuerpflichtigen in der Kasse als Bareinnahmen gebucht worden sind, wenn ferner der Z-Bon-Zähler mehrfach jährlich auf null zurückgestellt worden ist und damit die fortlaufende und vollständige Erfassung aller Bons nicht mehr gewährleistet ist, und wenn zudem die tatsächlich durchgeführten Stornobuchungen nicht vollständig ausgewiesen worden sind.
4. Es existiert kein Anspruch auf eine Schätzung nach den Mittelwerten des Rohgewinnaufschlagsatzes gemäß der amtlichen Richtsatzsammlung (im Streitfall: Hinzuschätzung in Höhe der aus den Bankkonten nachvollziehbaren unbaren, in der Buchführung mutmaßlich nicht erfassten Kreditkarteneinnahmen des Restaurants).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, 1; AO §§ 145-147, 158, 162 Abs. 1-2; UStG § 22 Abs. 2 Nr. 1; UStDV § 63 Abs. 1, §§ 64-68
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR). Sie betrieb in C. ein Restaurant. Das Unternehmen wurde im Jahr 2009 eingestellt. Die Klägerin ermittelte ihre Einnahmen durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG –. In der Zeit vom 19.12.2005 bis 26.07.2006 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Kalenderjahre 2000 bis 2002 statt. In der Zeit vom 15.12.2008 bis 28.07.2009 fand eine Anschlussprüfung statt, die zu den vorliegend streitigen Bescheiden führte. Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Die so genannten Z-Bons entsprächen nicht den gesetzlichen Bestimmungen gemäß dem einschlägigen BMF-Schreiben vom 09.01.1996. In Tz. 14 des Betriebsprüfungsberichts ist festgehalten, dass eine fortlaufende Z-Nummerierung nicht vorgelegen habe, mehrfach sei der Zähler während des Jahres auf Null gestellt worden. Ein Ausweis der getätigten Stornobuchungen sei nicht vollständig erfolgt, die entsprechende Zeile sei teilweise ausgeblendet worden. Ein getrennter Ausweis der Zahlungswege nach Barzahlung, Scheckzahlung, EC-Zahlung und Kreditkartenzahlung sei nicht erfolgt. Vielmehr seien auf den Z-Bons lediglich Bareinnahmen ausgewiesen worden. Die Prüferin schätzte daraufhin die unbar vereinnahmten Beträge hinzu. Das Finanzamt schloss sich den Feststellungen der Prüferin in Tz. 14 bis 16 des Betriebsprüfungsberichtes vom 03.08.2009 an und erließ entsprechend geänderte Bescheide. In den Einspruchsentscheidungen ist ausgeführt, dass die Höhe der Zuschätzungen den von der Klägerin unbar vereinnahmten Beträgen entspräche.
Die Klägerin bringt vor, dass Gründe, die gegen eine Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprächen, nicht vorgetragen worden seien. Die Voraussetzungen einer Schätzung lägen nicht vor. Die Aufzeichnungen seien ordnungsgemäß. Gemäß § 158 Abgabenordnung – AO – seien die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen der Besteuerung zu Grunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass gegeben sei, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Bloße formale Fehler seien irrelevant, wenn das sachliche Ergebnis der Buchführung dadurch nicht beeinflusst werde. Für die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit seien alle Umstände im Einzelfall maßgebend, so dass eine Buchführung trotz einiger formeller Mängel aufgrund der Gesamtbewertung noch als formell ordnungsgemäß angesehen werden könne. Eine Aufzeichnung sei erst dann nicht mehr ordnungsgemäß, wenn sie wesentliche Mängel aufweise.
Bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung sei der Steuerpflichtige nicht zum Führen eines Kassenbuchs verpflichtet. ...