rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltlicher Erwerb eines Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserfolg als immaterielles geschäftswertähnliches Wirtschaftsgut. Abzugsfähigkeit der Aufwendungen eines Prozesskostenfinanzierungsfonds
Leitsatz (redaktionell)
1. Die von einem Prozesskostenfinanzierungsfonds zum Erwerb eines Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös geleisteten Zahlungen sind als Anschaffungskosten eines immateriellen geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts zu aktivieren. Der Anspruch auf Beteiligung am Prozesserlös stellt einen – für den Wirtschaftsgutbegriff nicht unabdingbaren – selbständig verkehrsfähigen und selbständig bewertbaren Vorteil dar.
2. Wäre kein immaterielles Wirtschaftsgut anzunehmen, wäre die Zahlung zum Erwerb des Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös als Anzahlung zu aktivieren.
3. Die Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsguts Beteiligung am Prozesserlös kann prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschieden Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang erfolgen und entspricht damit einer Absetzung für Substanzverringerung nach § 7 Abs. 6 EStG.
4. Die von einem Prozesskostenfinanzierungsfonds gezahlten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen sowie die Rechts- und Beratungskosten sind nicht sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, sondern als Anschaffungskosten zu aktivieren. Eine sofortige Abziehbarkeit der Aufwendungen kommt nur in Betracht, als ein Erwerber der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 2, 1, § 4 Abs. 4, § 7 Abs. 6, 1, § 6 Abs. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; HGB § 248 Abs. 2, § 266 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Gesellschaftszweck der am 27. Dezember 2001 gegründeten Klägerin (im Folgenden auch als Fonds bezeichnet) ist die Übernahme von Prozesskostenfinanzierungen für Dritte mit dem Ziel, die Anleger an den Erlösen aus erfolgreich geführten Prozessen zu beteiligen.
Komplementärin der Klägerin ist die nicht am Gesellschaftskapital beteiligte D-GmbH. Gründungskommanditistin, Fondsinitiatorin und alleinige Gesellschafterin der Komplementärin ist die E-AG mit einer Kommanditeinlage von 1.000,– EUR. Treuhandkommanditistin ist die F GmbH. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – durch Betriebsvermögensvergleich. Ihre Mitunternehmer erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Das Gesellschaftskapital der Klägerin wurde durch Kapitalgeber (im Folgenden als Anleger bezeichnet) dadurch aufgebracht, dass sich diese mittelbar als Treugeber an der Hafteinlage der Treuhänderin beteiligten oder – in wenigen Fällen – der Gesellschaft als Kommanditisten beitraten (sog. Direktkommanditisten). Jeder Anleger war verpflichtet, eine Kommanditeinlage von mindestens 5.000,– EUR sowie eine Rücklage (Agio) in Höhe von 5 % bezogen auf die Kommanditeinlage zu erbringen (§ 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages).
Das zur Finanzierung angestrebte Prozessvolumen und das Kommanditkapital sollten in einem proportionalen Zusammenhang mit dem Faktor 10 stehen, das Prozessvolumen also das Zehnfache des Kommanditkapitals betragen. Die Zeichnung für den Fonds wurde zu Beginn des Jahres 2004 beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt zeichneten 451 Anleger ein Kommanditkapital in Höhe von 5.034.980,– EUR. Das gezeichnete Kapital wurde wie folgt eingezahlt:
|
2002 |
2003 |
2004 |
Kapital |
1.170,140,– EUR |
3.794.840,– EUR |
70.000,– EUR |
Aufgrund eines zwischen der Klägerin und der E-AG geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages (Bl. 77 ff. der Gerichtsakten) führte die E-AG (im Folgenden auch als Geschäftsbesorgerin bezeichnet) gegen die Zahlung einer Pauschalvergütung eigenverantwortlich das operative Geschäft der Klägerin. Die Klägerin beauftragte die E-AG mit der Erbringung folgender Leistungen auf eigene Kosten:
- • Bildung und Verwaltung des Fonds,
- • Akquise und Organisation des Vertriebs,
- • Bonitätsprüfung des jeweiligen Beklagten,
- • mehrstufige Begutachtung der Erfolgsaussichten des Prozesses,
- • Prozessbeobachtung und -begleitung,
- • Bezahlung von Gebühren und Kosten (z. B. Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren, Sachverständigenkosten) sowie
- • Unterhaltung eines Bürobetriebes.
Aus dem Beteiligungsprospekt der Klägerin ergibt sich folgender Ablauf:
Die E-AG überprüfte auf eigene Kosten die Erfolgsaussichten eines potentiellen Aktivprozesses. Während der Prüfung bestand eine vertragliche Bindung des potentiellen Klägers. Bei positivem Ausgang der Prüfung wurde ein Prozessfinanzierungsvertrag mit dem Kläger abgeschlossen. Die E-AG trug sämtliche Kosten des Verfahrens. Im Erfolgsfall erhielt die E-AG von den Prozessführenden von dem durch obsiegendes Urteil oder Vergleich erzielten Betrag nach Abzug der Verfahrenskosten jeweils einen Anteil in Höhe von 30 % zuzüglich Umsatzsteuer. Die E-AG war nach § 4 des Geschäftsbesorg...