Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigung des FA zur Feststellung eines Grundbesitzwertes bei fehlendem vom Gutachterausschuss festgestellten Bodenrichtwert. Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gem. § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der zuständige Gutachterausschuss für ein Grundstück keinen Bodenrichtwert festgestellt und auf die Anfrage des FA mitgeteilt, im Hinblick auf die Verwendung des Grundstücks werde kein Bodenrichtwert ermittelt, kann der Bodenrichtwert vom FA durch Rückgriff auf die Bodenrichtwerte für angrenzende vergleichbare Bodenrichtwertzonen geschätzt werden. Der Berechtigung des FA zur Ableitung des Bodenwerts aus vergleichbaren Flächen für einen zum 1.1.2001 festzustellenden Grundstückswert steht nicht entgegen, dass eine derartige Handlungsermächtigung erst mit dem JStG 2007 durch Neufassung des § 145 Abs. 3 Satz 4 BewG eingefügt wurde.
2. Wird gem. § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG ein niedrigerer Verkehrswert durch ein dem Grunde nach anzuerkennendes Privatgutachten nachgewiesen, ist zu prüfen, inwieweit sämtliche Positionen der Wertermittlung schlüssig und plausibel sind (hier: Anpassung an rechtliche Beschränkungen hinsichtlich der Ausnutzung des Grundstücks, Abschlag von 50 v.H. wegen gemeinbedarflicher Zweckbindung, keine Berücksichtigung von Wertminderungen wegen Erschließung bei einem ortsüblich nutzungsfähigen und erschlossenen Grundstück).
Normenkette
BewG 1991 § 145 Abs. 3 Sätze 3-4, § 147 Abs. 2 S. 1; JStG 2007; ErbStR R 161
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 1. Januar 2001 vom 6. Oktober 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. September 2004 wird der Grundbesitzwert für das Grundstück G.1. auf 2.296.000 DM (1.173.926 EUR) festgestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 43 % der Klägerin und zu 57 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Streitig ist die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswerts zum 1. Januar 2001 für das 7.358 m² große Grundstück G.1. in A, das zusammen mit anderen Grundstücken von X in das Betriebsvermögen der zuvor gegründeten Klägerin eingebracht worden war, die auf diesem Gelände den B-Betrieb betreibt. Zur Festsetzung der durch die Einbringung entstandenen Grunderwerbsteuer wurde die streitige Feststellung erforderlich.
Die Besonderheit im Streitfall bestand darin, dass für das zu bewertende Grundstück kein Bodenrichtwert von den Gutachterausschüssen festgestellt war. Allerdings war auf den Einbringungszeitpunkt 1. Januar 2001 ein Gesamtverkehrswertgutachten von der C-GmbH für alle … betriebe, die X zu diesem Zeitpunkt in die klagende GmbH eingebracht hatte, erstellt worden, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (s. 2 Aktenordner). Daraus ließ sich für das hier streitgegenständliche Grundstück ein Grund- und Bodenwert von 5.297.760 DM (7.358 m² X 720 DM) entnehmen. Die Klägerin fügte demgemäß ihrer Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwertes den entsprechenden Auszug aus dem Gesamtverkehrswertgutachten (überschrieben mit „Anlage IV-B”) bei und begehrte den Ansatz des genannten Wertes.
Der Beklagte stellte mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum 1. Januar 2001 vom 6. Oktober 2003 für das unbebaute Grundstück erklärungsgemäß einen Grundstückswert von 5.297.000 DM (2.708.313,09 EUR) fest. Dabei zog er zunächst einen Bodenrichtwert auf den 1. Januar 1996 von 1.300 DM/m² heran. Nach Berücksichtigung eines Abschlags von 20 % ergab sich ein höherer Wert als aus dem Gesamtverkehrswertgutachten auf den 1. Januar 2001, so dass letzterer der Feststellung zugrunde gelegt wurde.
Mit ihrem fristgemäß eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend, es müsse ein deutlich niedrigerer Grundstückswert festgestellt werden.
Zur Begründung bezog sie sich insbesondere auf ein von ihr vorgelegtes Wertgutachten des D vom … März 2004 über den Gesamtstandort des B-Betriebes, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (vgl. Heftung zur Streitakte). Dieses kam auf den Stichtag 31. Dezember 2000 für das streitbefangene Grundstück zu einem Bodenwert von 1.797.820 DM. Davon entfielen 1.785.820 DM auf 6.158 m² Bauland (290 DM/m²) und 12.000 DM auf 1.200 m² Grünfläche/Verkehrsfläche (10 DM/m²).
Da das zu bewertende Grundstück außerhalb von Bodenrichtwertzonen lag, verwendete der Gutachter für das Bauland den Bodenrichtwert der benachbarten Bodenrichtwertzone in Höhe von 1.150 DM/m² (Geschoßfläch...