rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerzerlegung bei Verpachtung des Gasrohrnetzes durch ein Gasversorgungsunternehmen an ein anderes Konzernunternehmen: Keine Betriebsstätten der Verpächterin in den Gemeinden, in deren Gebiet das Rohrnetz verlegt ist
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat ein Gasversorgungsunternehmen, bei dem 100 % seiner Arbeitslöhne auf die Hauptverwaltung am Ort der Geschäftsleitung entfallen, infolge des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts v. 7.7.2005, BGBl 2005 I S. 1970 (sog. Unbundling) das zivilrechtlich weiter in seinem Eigentum stehende, unterirdisch verlegte Gasrohrnetz an eine zum gleichen Konzern gehörende GmbH & Co.KG verpachtet, an der es geringfügig beteiligt ist und bei der das Rohrnetz Sonderbetriebsvermögen darstellt, und ist die Verpächterin weiter Inhaberin der von den Gemeinden nach der Konzessionsabgabenverordnung eingeräumten Konzessionen geblieben, so ist ihr das verpachtete Gasnetz mangels Verfügungsmacht nicht als Betriebsstätte zuzurechnen, wenn sich aus dem Pachtvertrag keine Rechte ergeben, die eine tatsächliche Verfügungsmacht der Verpächterin am Gasnetz begründen könnten.
2. Das Gasnetz als Betriebsstätte der pachtenden Personengesellschaft ist dem verpachtenden Versorgungsunternehmen gewerbsteuerlich auch nicht aufgrund seiner Mitunternehmerstellung bei der Pächterin als Betriebsstätte zuzurechnen (Abgrenzung zur BFH-Rechtsprechung).
3. Besteht somit keine Betriebsstätte der Verpächterin in den Gemeinden, in deren Gebiet Gasrohre verlegt sind und befindet sich vielmehr die einzige Betriebsstätte am Ort der Hauptverwaltung des Gasversorgungsunternehmens, ist keine Gewerbesteuerzerlegung vorzunehmen.
4. Eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 4 ZerlG auf Gewerbesteuerzerlegungsfälle kommt nicht in Betracht.
Normenkette
GewStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 28 Abs. 1 S. 1, § 30; AO § 12 S. 1; ZerlG § 2 Abs. 4
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Gesamtrechtsnachfolgerin der B. GmbH. Gegenstand des Unternehmens der B. GmbH war der Handel mit Erdgas über Rohrnetze. Die Hauptverwaltung (einschließlich Geschäftsleitung) der B. GmbH befand sich im Streitjahr 2009 in C. in gemieteten Räumen. Auf die Hauptverwaltung in C. entfielen 100 % der Arbeitslöhne der B. GmbH.
Seit 2007 war die B. GmbH an der seinerzeit gegründeten, konzernzugehörigen D. GmbH & Co. KG mit einem Anteil von 1,5 % beteiligt.
Die B. GmbH war zunächst selbst Eigentümerin von Gasnetzen. Mit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7. Juli 2005 (BGBI. I 2005 S. 1970, 3621) wurden Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, bestimmte Entflechtungsmaßnahmen zur Trennung des Geschäftsbereichs Netzbetrieb von anderen Geschäftsbereichen durchzuführen (sog. Unbundling). Zur Erfüllung dieser Verpflichtung verpachtete die B. GmbH mit Pachtvertrag vom 7. Dezember 2006 ihr Gasnetz ab dem 1. Januar 2007 an die D. GmbH & Co. KG. Hierdurch kam es zur Trennung von Vertrieb und Netz. Das wirtschaftliche Eigentum an den Netzen ist bei der B… GmbH als Verpächterin verblieben. Der Pächterin ist für die Netzbewirtschaftung die Netzhoheit eingeräumt. Sie entscheidet im Rahmen des genehmigten Wirtschaftsplans (§ 8 des Pachtvertrags), zu dem Informations- und Mitspracherechte der Verpächterin bestehen, über den Betrieb, die Instandhaltung und den Ausbau des Netzes selbständig (§ 3 des Pachtvertrags). Danach ist die Pächterin verpflichtet, den Pachtgegenstand nach den „allgemein anerkannten Regeln der Technik” im Sinne von § 49 EnWG und entsprechend den sonstigen, den Netzbetreiber treffenden Verpflichtungen des EnWG ordnungsgemäß zu betreiben und auf ihre Kosten instand zu halten. Die Pächterin ist nach Maßgabe dieses Vertrages berechtigt und verpflichtet, aufgrund eigener Sachkunde und Beurteilung alle erforderlichen Entscheidungen zum Betrieb des Pachtgegenstandes und dessen Instandhaltung, Erneuerung und Erweiterung zu treffen.
Außerdem blieb die B. GmbH Inhaberin der Konzessionen, die ihr von den Gemeinden auf der Grundlage der Konzessionsabgabenverordnung (KA) eingeräumt worden waren. Nach § 1 Abs. 2 KA sind Konzessionsabgaben Entgelte für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Strom und Gas dienen. Mit Beginn der Verpachtung dienten die Konzessionen unmittelbar dem Betrieb der D. GmbH & Co. KG als Netzbetreiber bzw. Netzpächter. Die Konzessionsabgaben entrichtete weiterhin die B. GmbH an die Gemeinden. Die D. GmbH & Co. KG erstattete der B. GmbH vereinbarungsgemäß die Abgaben und stellte diese zusammen mit dem Netznutzungsentgelt den jeweiligen Netznutzern, also auch der B… GmbH, in Rechnung (§ 12 des Pachtvertrags).