rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG oder § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei erstmaligem Erwerb von Grundbesitz durch eine neugegründete Kapitalgesellschaft erst Monate nach ihrer Gründung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG maßgebend ist der Einheitswert, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem Ende des Erhebungszeitraums lautet, weshalb der Erwerb eines Grundstücks im Laufe des Erhebungszeitraums keine Kürzung des Gewinns nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG ermöglicht.

2. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG steht einem Unternehmen nur zu, wenn grundsätzlich auch ein Anspruch auf Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG besteht (Divergenz zum Urteil BFH, Urteil v. 15.3.2000, I R 17/99, BStBl 2001 II S. 251).

3. Erwirbt eine neugegründete Kapitalgesellschaft erst mehrere Monate nach ihrer Gründung erstmals Grundbesitz, erfüllt sie im Wirtschaftsjahr ihrer Gründung nicht die Voraussetzungen für eine Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG und folglich auch nicht für eine erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 1-2; GewStDV § 20 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.10.2021; Aktenzeichen III R 7/19)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde unter einer abweichenden Firmenbezeichnung als Vorratsgesellschaft im Januar 2014 gegründet. Nach der Satzung war Gegenstand des Unternehmens die Verwaltung eigenen Vermögens. Nach Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 6. März 2014 wurde sie in B… GmbH umbenannt. Gleichzeitig wurde § 2 des Gesellschaftsvertrages neugefasst und als Gegenstand des Unternehmens der Erwerb von Grundstücken im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sowie deren Verwaltung geändert. Die Klägerin erwarb am 24. Juni 2014 Grundbesitz in C…, den sie nach Übergang von Nutzen und Lasten seit dem 1. Juli 2014 in ihrem Betriebsvermögen bilanziert.

Die Klägerin erklärte einen Gewinn aus der Vermietung von Grundstücken i.H.v. 67.624,60 EUR und beantragte in der Gewerbesteuererklärung zugleich die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags i.H.v. 82.308 EUR. Der Beklagte berücksichtigte die erweiterte Kürzung nicht und wies darauf hin, dass die Grundstücke zu Beginn des Erhebungszeitraums noch nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehört hätten. Gegen den entsprechend ergangenen Gewerbesteuermessbescheid vom 24. Juni 2016 legte die Klägerin Einspruch ein. Sie führte aus, die Tätigkeiten, die der Anbahnung des Grundstückskaufvertrages gedient hätten, seien nicht von ihr selbst sondern zentral durch andere Konzerngesellschaften des Konzernverbundes erbracht worden. Nach Abschluss der Anbahnung sei sie, die Klägerin, zufällig aus dem Bestand an Vorratsgesellschaften zur Aufnahme der Grundstücke ausgewählt worden. Bis zum Lastenwechsel habe sie keine relevanten Geschäftstätigkeiten erbracht und sei niemals originär tätig geworden. Zum Nachweis hierfür reichte die Klägerin eine betriebswirtschaftliche Auswertung bis zum 30. Juni 2014 ein, wonach lediglich Kosten für Geldverkehr und öffentliche Bekanntmachungen i.H.v. 292,60 EUR bis zum 30.6.2014 angefallen sind. Ferner legte sie Verträge und Kontoauszüge über das in der Bilanz ausgewiesene Darlehen vor. Hieraus ergibt sich, dass das Darlehen erst in der zweiten Hälfte des Streitjahres gewährt worden war, nachdem die Klägerin bereits Eigentümerin der Grundstücke war. Die Klägerin vertrat die Auffassung, aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass sie ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müsse die Haupttätigkeit eines Unternehmens nur so lange durchgängig in der schlichten Verwaltung und Nutzung eines Grundbesitzes bestehen, solange das Unternehmen während des Erhebungszeitraums überhaupt wirtschaftlich tätig sei.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23. März 2017 als unbegründet zurück. Er führte aus, dass nach den Gewerbesteuerrichtlinien die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung während des gesamten Erhebungszeitraums vorliegen müssten. Die Klägerin habe aber bis zum Kauf des Grundstücks keine Grundstücke verwaltet. Die Klägerin habe zudem trotz Aufforderung nicht nachgewiesen, von wem der Grundstücksankauf angebahnt worden sei. Zu berücksichtigen sei zudem, dass von dem Wahlrecht nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nur dann Gebrauch gemacht werden könne wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen. Dies sei jedoch nicht der Fall, da der Grundbesitz zum Beginn des Erhebungszeitraums nicht zum Betriebsvermögen der Klägerin gehört habe.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie weist darauf hin, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht auf die Regelung des § 20 Abs. 1 Satz GewStDV abzustellen sei, die nur im Rahmen des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG beachte...

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