rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auch Zinseinkünfte einer im Pflegebereich tätigen GmbH aus einem ihrer Gesellschafterin zum Anteilserwerb gewährten Darlehen sowie Provisionen für die Empfehlung eines Anbieters von Treppenliften sowie eines Anbieters sozialer Dienste sind nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG steuerfrei
Leitsatz (redaktionell)
1. Gibt eine GmbH, die Pflegeleistungen gegenüber kranken Personen entsprechend der Leistungskataloge der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen erbringt, ihrer neuen Alleingesellschafterin ein Darlehen zur Finanzierung des Anteilserwerbs und erhält sie Provisionen von Anbietern im Bereich des Einbaus von Treppenliften sowie im Bereich „Notfallvorsorge”, so unterliegen sowohl die diesbezüglichen Zinserträge der GmbH als auch die Provisionen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG.
2. § 3 Nr. 20 GewStG enthält keine unbeschränkte persönliche Steuerbefreiung. Von der Gewerbesteuer wird nicht der Rechtsträger der in § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG genannten Einrichtungen mit seinem gesamten Gewerbeertrag befreit; begünstigt wird vielmehr nur die Einrichtung selbst. Soweit der Träger der Einrichtung außerhalb derselben Erträge erzielt, unterliegen diese der Gewerbesteuer.
3. Nur diejenigen Erträge sind nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG begünstigt, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden, denn nur insoweit entstehen für die Sozialversicherungsträger Kosten. Eine wirtschaftliche Betätigung mit anderem Gegenstand ist dagegen steuerpflichtig (vgl. BFH-Urteil v. 22.6.2011 – I R 43/10). Mangels subjektiver Steuerbefreiung müssen jedoch nicht sämtliche Einnahmen- und Aufwandspositionen daraufhin untersucht werden, ob diese im Ergebnis die Sozialversicherungsträger belasten oder nicht, sondern es ist danach abzugrenzen, ob Erträge aus dem Pflegebetrieb oder aus einem weiteren Betrieb resultieren oder nicht. Nur wenn die strittigen Erträge aus einem anderen Geschäfts- bzw. Gewerbebetrieb resultieren, wäre die Befreiung insoweit zu versagen.
4. Mit der – den Rahmen einer Vermögensverwaltung nicht verlassenden – Erzielung von Zinseinkünften wird kein weiterer Geschäfts- bzw. Gewerbebetrieb neben der Pflegeeinrichtung begründet.
Normenkette
GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. d; AO § 14 Sätze 1, 3
Nachgehend
Tenor
Die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 bis 2011 vom 22. Oktober 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2015 werden aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Reichweite der Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchstabe d Gewerbesteuergesetz –GewStG–.
Die Klägerin wurde im Jahr 2001 gegründet. Eingetragener Gegenstand der Klägerin ist die Erbringung von Pflegeleistungen gegenüber kranken Personen entsprechend der Leistungskataloge der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. Durch Notarurkunde vom 12. Januar 2009 erwarb Frau B. sämtliche Geschäftsanteile an der Klägerin von Frau C.. Mit Wirkung vom 01. Februar 2009 übernahm Frau B. zudem die Geschäftsführung der Klägerin.
Zur Finanzierung der Übernahme der Anteile an der Klägerin nahm die Klägerin selbst ein Darlehen bei der D. Bank über 250.000 EUR auf (Darlehensvertrag vom 10. Dezember 2010). Das Darlehen war mit 7,4 % jährlich zu verzinsen. Zudem wurde ein einmaliges Bearbeitungsentgelt in Höhe von 5.000 EUR vereinbart. Die Klägerin vereinbarte mit Frau B. eine entsprechende Darlehensgewährung zu ebenfalls 7,4 % Zinsen an Frau B.. Frau B. stellte zur Sicherheit u.a. eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 300.000 EUR und trat Ansprüche aus einer Risikolebensversicherung auf ihren Todesfall an die D. Bank ab. Das Darlehen wurde im Jahr 2011 ausgezahlt und Frau B. bezahlte damit (anteilig) den Kaufpreis für die Anteile an der Klägerin an Frau C.. Die Klägerin zahlte im Jahr 2011 Zinsen in Höhe von 17.620 EUR, die sie als Betriebsausgaben in Abzug brachte. Die Klägerin gewährte Frau B. zudem ein weiteres Darlehen aus eigenem Vermögen, dass in Höhe von 4 % jährlich verzinst werden sollte.
Die Klägerin aktivierte Forderungen gegenüber Frau B. wie folgt:
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Forderungskonto |
Darlehenskonto |
Summe Zinsen |
Stand 1.1.2009 |
- EUR |
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Valutierung |
127.187,87 EUR |
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Zinsen |
2.295,88 EUR |
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2.295,88 EUR |
Stand 31.12.2009 |
129.483,75 EUR |
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Valutierung |
57.101,08 EUR |
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Zinsen |
6.530,79 EUR |
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6.530,79 EUR |
Stand 31.12.2010 |
193.115,62 EUR |
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Valutierung |
- EUR |
244.000,00 EUR |
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Zinsen |
7.724,62 EUR |
7.608,45 EUR |
15.333,07 EUR |
Stand 31.12.2011 |
200.840,24 EUR |
251.608,45 EUR |
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Im Jahr 2011 erzielte die Klägerin zudem Zinserträge aus Bankguthaben in Höhe von 392,16 EUR. Sie erfasste gewinnmindernde Zinsa...