Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung eines Unternehmens, mit dem noch keine Ausgangsumsätze erzielt worden sind, als Geschäftsveräußerung im Ganzen
Leitsatz (redaktionell)
Auch ein Unternehmen, mit dem noch keine Ausgangsumsätze erzielt worden sind, kann Gegenstand einer Geschäftsveräußerung im Ganzen sein. Jedoch ist auch insoweit erforderlich, dass der Erwerber das übertragene Unternehmen fortführt, wobei es sich um eine innere Tatsache handelt, für die der Veräußerer die Feststellungslast trägt und für die objektive Anhaltspunkte bestehen müssen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1a
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 94 % dem Kläger und zu 6 % dem Beklagten auferlegt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger mit der Veräußerung eines Grundstücks im Streitjahr eine Geschäftsveräußerung im Ganzen bewirkte und davon ausgehend nicht zur Berichtigung von Vorsteuer gemäß § 15a Umsatzsteuergesetz –UStG– verpflichtet war.
Der Kläger erzielte jedenfalls bis 2015 Umsätze aus einem IT-Service.
Er war in den Jahren 2012 bis 2019 Eigentümer von Grundstücken mit dem ehemaligen Gut B… in C… (Flurstücke … mit 1.778 m² und … mit 37.745 m²). Insoweit firmierte der Kläger als „D… e.K.” und gab an, im Rahmen des Ferienparks Beherbergungsumsätze mit barrierefreien Ferienappartements, Umsätze aus der Bewirtung der Gäste, aus der Vermietung von Sportgeräten und Fahrrädern sowie mit Sport- und Tourismusangeboten für körperlich benachteiligte Personen erzielen zu wollen. Dabei sollte das Wohnhaus Nr. 2 des Lageplans zu Ferienappartements und das ehemalige Gutshaus zum Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäude mit Rezeption, Gemeinschaftsräumen, Verwaltung, Wirtschaftsräumen und Küche ausgebaut werden. Die weiteren Gebäude sollten in weiteren Projekten zu Wohnungen mit Gemeinschaftsräumen und Gastronomie umgebaut werden. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf das Unternehmenskonzept des Klägers.
Nach den Feststellungen einer Umsatzsteuersonderprüfung, die im Frühjahr 2017 für den Veranlagungszeitraum 2014 durchgeführt wurde, hatte der Kläger im Mai 2013 mit dem Umbau eines ehemaligen Speichers in eine Pension mit 12 Zimmern begonnen. Die finanzierende Bank habe dem Kläger Ende 2015 die Fortführung der Finanzierung versagt, so dass der Bau seit diesem Zeitpunkt ruhe. Seit Anfang 2017 vermiete der Kläger 4 … und hoffe auf eine Umschuldung und Fortführung der Finanzierung durch eine andere Bank. Der Umsatzsteuererklärung 2014, mit der der Kläger Umsätze aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 7.269,00 EUR, unentgeltliche Wertabgaben in Höhe von 6.280,00 EUR und Vorsteuer in Höhe von 61.211,92 EUR erklärte, stimmte der Beklagte zu.
In den Vor- und Folgejahren bis 2018 machte der Kläger (bei in der Regel vierstelligen Umsätzen) Vorsteuer in Höhe von 43.680,15 EUR in 2012, (ausgehend von den Ansätzen im Jahresabschluss auf den 31.12.2013) 47.954,00 EUR in 2013, 59.045,58 EUR in 2015, 8.739,55 EUR in 2016, 8.244,43 EUR in 2017 und 4.784,95 EUR in 2018 (zusammen: 233.660,58 EUR) geltend, worauf die vom Kläger abgegebenen Umsatzsteuererklärungen jeweils wirksam wurden.
Mit Kaufvertrag vom 25.02.2016 veräußerte der Kläger das Flurstück … an einen E… zu einem Preis von 22.000,00 EUR.
Am 09.02.2018 untersagte der Landesbetrieb F… dem Kläger, den Wald mit … zu befahren und ordnete die sofortige Vollziehung an.
Am 23.11.2018 schloss der Kläger mit der G… UG in H… einen Vermarktungsauftrag für eine Teilfläche von 18.000 m² des dem Kläger gehörenden Grundstücks Flurstück …. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist das Gericht auf die Anlage K 17 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.03.2024. Aus der im Vorfeld vom Kläger mit seinem damaligen Rechtsvertreter geführten Korrespondenz geht hervor, dass der Kläger davon ausging, aus dem Teilverkauf einen Erlös (nach Abzug der zu zahlenden Provision) in Höhe von ca. 500.000,00 EUR erzielen zu können, „um das fast fertige Hotel fertig zu bauen”.
Mit Kaufvertrag vom 20.05.2019 veräußerte der Kläger das Flurstück … zu einem Preis von 650.000,00 EUR an die I… GmbH mit Sitz in J… –Erwerberin–, ohne im Kaufvertrag oder in einer sonstigen Rechnung Umsatzsteuer auszuweisen. Satzungsmäßiger Gegenstand der Erwerberin war und ist der Erwerb und die Vermittlung von Immobilien. Verkauft wurde das Kaufobjekt mit allen gesetzlichen Bestandteilen und sämtlichem Zubehör, einschließlich der auf dem Verkaufsobjekt befindlichen Baumaterialien (z.B. Dachziegel, Schiebetüren und Badezimmerlüfter). Der Kaufpreis sollte im Wesentlichen durch Zahlung an Grundpfandrechtsgläubiger beglichen werden. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht Bez...