Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für eine Immobilien-GmbH bei Verkauf des einzigen Objekts und Erwerb eines neuen Objekts erst nach mehreren Monaten
Leitsatz (redaktionell)
1. Verkauft eine Immobilien-GmbH ihr einziges Grundstück und verwaltetet sie bis zum Erwerb eines neuen Grundstücks mehrere Monate lang nur ihr Kapitalvermögen, so steht ihr die erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zu. Das gilt auch dann, wenn sie bereits beim Verkauf des bisherigen Objekts die feste Absicht zum Erwerb eines neuen Objekts hatte (Abgrenzung zu FG München, Urteil v. 29.2.2016, 7 K 1109/14, EFG 2016 S. 932). Maßnahmen zur Vorbereitung oder Anbahnung eines (erneuten) Grundstückserwerbs stellen noch keine Grundstücksnutzung, also auch keine „Verwaltung und Nutzung” in diesem Sinne dar.
2. Das Ausschließlichkeitserfordernis des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist nicht ausschließlich tätigkeitsbezogen, sondern gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Strittig ist die sog. erweiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. Gewerbesteuergesetz –GewStG– des Erhebungszeitraums 2013.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine im Jahr 20… gegründete GmbH. Eingetragener Unternehmensgegenstand ist der Erwerb, die Bebauung, die Vermietung, die Verwaltung, die Veräußerung und die Vermittlung von Grundstücken […]. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die B… AG aus C… (Schweiz).
Die Klägerin erwarb im Jahr 20… zum Kaufpreis von XXX.000 EUR das bebaute Eck-Grundstück D…-straße / E.-straße in F…. Die Klägerin vermietete die Wohnungen und Ladenlokale an fremde Dritte. Mit notarieller Urkunde vom 02. Mai 2013 veräußerte die Klägerin dieses Grundstück an die G… AG zum Verkaufspreis von X.XXX.000 EUR. Die Übergabe des Grundstücks sollte nach § 4 der Notarurkunde einen Tag nach vollständiger Kaufpreiszahlung erfolgen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der tatsächliche Besitzwechsel (Übergang von Nutzen und Lasten) im Zeitraum zwischen dem 01. Juli 2013 und 17. August 2013 erfolgt ist. Danach verfügte die Klägerin über keine weiteren Grundstücke im eigenen Vermögen.
Mit notarieller Urkunde vom 13. November 2013 erwarb die Klägerin von Herrn H. den hälftigen Miteigentumsanteil des bebauten und vermieteten Grundstücks I…-straße in F…. Die Klägerin sollte den Kaufpreis von XXX.000 EUR in drei Raten zahlen, davon einen ersten Kaufpreisteil in Höhe von XXX.000 EUR nach Mitteilung des Notars über die erfolgte Eintragung der Auflassungsvormerkung und dem Vorliegen der Voraussetzungen zur Löschung von Belastungen (§ 3 Abs. 2 der Notarurkunde). Nach § 4 der Notarurkunde vereinbarte die Klägerin mit dem Verkäufer, dass sie sich im Innenverhältnis so stellen würden, als ob die Klägerin bereits einen Tag nach Gutschrift des ersten Kaufpreisteils Eigentümer des Grundstücks geworden sei. In ihrem Jahresabschluss für 2014 gab die Klägerin an, dass der Nutzen-Lasten-Wechsel des ideellen hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück I…-straße zum 01. Februar 2014 erfolgte.
Mit weiterer notarieller Urkunde vom 28. Februar 2014 erwarb die Klägerin von Frau J… den anderen hälftigen Miteigentumsanteil des bebauten und vermieteten Grundstücks I…-straße. Die Klägerin sollte den Kaufpreis von XXX.000 EUR in drei Teilbeträgen zahlen, davon XXX.000 EUR an Herrn K… – den ehemaligen Arbeitgeber von Frau J… –, für den eine Grundschuld im Grundbuch des Grundstücks I…-straße eingetragen war und der die Zwangsvollstreckung in den Miteigentumsanteil betrieb. Der Restkaufpreis von XXX.000 EUR sollte am 31. März 2014 (XX.000 EUR) sowie am 30. Juni 2014 (XXX.000 EUR) gezahlt werden. Nach § 4 der Notarurkunde vereinbarte die Klägerin mit der Verkäuferin, dass sie sich im Innenverhältnis so stellen würden, als ob die Klägerin bereits einen Tag Zahlung der XXX.000 EUR an Herrn K… Eigentümer des Grundstücks geworden sei. In ihrem Jahresabschluss für 2014 gab die Klägerin an, dass der Nutzen-Lasten-Wechsel des ideellen hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück I…-straße zum 01. April 2014 erfolgte.
In der Bilanz auf den 31. Dezember 2013 wies die Klägerin im Anlagevermögen auf dem Buchungskonto #1590 eine geleistete Anzahlung in Höhe von XXX.000 EUR aus. Grundstücke und Gebäude wies sie zu X EUR aus. In ihrer Gewinn- und Verlustrechnung zum Jahresabschluss 2013 wies die Klägerin einen Aufwand aus einem Buchwertabgang in Höhe von XXX.XXX,XX EUR sowie einen Veräußerungserlös in Höhe von X.XXX.000 EUR aus. Insgesamt erklärte die Klägerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von XXX.XXX EUR.
Mit der Gewerbesteuererklärung für 2013 vom 03. Februar 2015 erklärte die Klägerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von XXX.XXX EUR und beantragte die einfache Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG aus...