rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Behauptete Sitzverlegung einer GmbH an den Wohnsitz ihres Geschäftsführers. Handelsrechtlich nichtiger Jahresabschluss ist der Besteuerung zugrunde zu legen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit tritt erst ein, wenn die die Zuständigkeit ändernden Umstände aus Sicht der betroffenen Finanzbehörden zweifelsfrei feststehen. Eine einfache Mitteilung des Steuerpflichtigen kann insoweit nicht ausreichen.

2. Allein der Umstand, dass der Geschäftsführer einer GmbH unter seiner Wohnanschrift an die GmbH gerichtete Schreiben in Empfang genommen hat, belegt die Behauptung der Gesellschaft, sie habe ihren Sitz an den Wohnsitz ihres Geschäftsführers verlegt, noch nicht zweifelsfrei im obigen Sinne und führt daher nicht zu einem Zuständigkeitswechsel.

3. Die Informationsfunktion des Jahresabschlusses hat für das Steuerrecht keine Bedeutung. Deshalb ist auch ein wegen des Fehlens von Anhängen handelsrechtlich nichtiger Jahresabschluss einer GmbH der Besteuerung zugrunde zu legen.

 

Normenkette

AO § 26 S. 1; KStG 1996 § 8 Abs. 1; EStG 1990 § 5 Abs. 1 S. 1; EStG 1997 § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 284

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde im Jahre 1995 gegründet. Ihr Zweck ist die Bauträgertätigkeit, der Erwerb und Vertrieb von Immobilien sowie die Verwaltung von Immobilien. Gesellschafter je zur Hälfte und gleichzeitig Geschäftsführer der Klägerin waren in den Streitjahren die Herren G und S, die gleichzeitig auch Geschäftsführer zweier weiterer Gesellschaften, nämlich der R GmbH und der B GmbH, waren. Seit Mitte 2003 ist Herr K alleiniger Gesellschafter der Klägerin. Er war zunächst auch ihr Geschäftsführer.

Der Beklagte führte bei der Klägerin im Jahre 2002 eine Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1997 durch. Dabei stellte der Prüfer u.a. fest, dass die Klägerin ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern im Jahr 1997 kein festes Gehalt gewährt, sondern lediglich eine Tantieme von je 25 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses vor Abzug der Tantiemen und der ertragsabhängigen Steuern zugesagt hatte. Die Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin bezogen aufgrund dieser Vereinbarung im Streitjahr insgesamt eine Vergütung in Höhe von DM 1 460 771,10. Der Beklagte sah demgegenüber – angesichts der Tatsache, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin auch noch für weitere Gesellschaften tätig waren, dass mehrere Geschäftsführer für die Klägerin tätig wurden, aufgrund des Alters und der Berufserfahrung der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und der Tatsache, dass sich die Klägerin noch in der Aufbauphase befunden habe – Bezüge von DM 128 000 für jeden der Gesellschafter-Geschäftsführer als angemessen an und behandelte die Differenz in Höhe von DM 1 204 771,10 als unangemessen und demzufolge als verdeckte Gewinnausschüttung. Wegen der Berechung des vom Beklagten als angemessen angesehenen Betrages bezieht der Senat sich auf das Schreiben des Beklagten an die früheren Bevollmächtigten der Klägerin vom 14. März 2002, S. 13.

Am 17. März 2004, der Klägerin mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 18. März 2004, erließ der Beklagte entsprechend den Ergebnissen der Außenprüfung geänderte Bescheide für die Veranlagungszeiträume 1996 und 1997. Der Einspruch der Klägerin dagegen hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 09. September 2004). Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide lehnte zunächst der Beklagte und sodann das seinerzeit zuständige Finanzgericht Berlin (Beschluss vom 18. März 2005, Aktenzeichen 8 B 8044/05) ab.

Die Klägerin macht geltend, dass die Änderungsbescheide von einer unzuständigen Behörde erlassen worden seien. Sie, die Klägerin, habe im Anschluss an den Erwerb ihrer Geschäftsanteile durch ihren derzeitigen Gesellschafter im Jahre 2003 den Ort ihrer Geschäftsleitung an den Wohnsitz ihres derzeitigen Gesellschafters in …verlegt. Ihre Geschäftsräume befänden sich – ebenso wie die Geschäftsräume einer …entwicklungs GmbH, an der ihr Gesellschafter ebenfalls maßgeblich beteiligt ist – nunmehr im Erdgeschoss des von ihrem Gesellschafter dort bewohnten Einfamilienhauses. Dort seien Regale, ein Schreibtisch, Stühle und ein Fotokopierer vorhanden. Auch die laufenden Akten würden dort gelagert. Bei schönem Wetter sei es möglich, diese Büroräumlichkeiten von außen durch das Fenster zu erkennen. Es seien ein Namensschild für sie, die Klägerin, dort angebracht und ein Sammelbriefkasten für sie und die …entwicklungs GmbH eingerichtet worden. Sie, die Klägerin, empfange unter dieser Anschrift Post, und zwar auch Zustellungen des Beklagten. Zwar sei – nachdem ihr Gesellschafter zunächst auch ihr Geschäftsführer gewesen sei – inzwischen ein Herr P zum Geschäftsführer bestellt worden; die Unternehmensentscheidungen würden jedoch nach wie vor in … zusammen mit ihrem Gesellschafter ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge