Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkter Abzug der Vorsorgebeiträge für Kranken- und Pflegeversicherung bei unterlassener Zustimmung zur Übermittlung der Vorsorgeaufwendungen durch Datenfernübertragung nicht verfassungswidrig
Leitsatz (redaktionell)
Es ist unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Ziels der Verwaltungsvereinfachung nicht verfassungswidrig und verstößt insbesondere nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dass ein unbeschränkter Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 10 Abs. 4 S. 4 EStG i. V. m. § 10 Abs. 2 S. 3, Abs. 2a EStG nicht möglich ist, wenn der Steuerpflichtige nicht nach § 10 Abs. 2a EStG in die elektronische Datenübermittlung der Vorsorgeaufwendungen eingewilligt hat, und dass in diesem Fall auch bei Vorlage einer schriftlichen Bestätigung der Krankenkasse bzw. -versicherung über die Höhe der Kranken- bzw. Pflegeversicherungsbeiträge kein unbeschränkter Abzug der Versicherungsbeiträge nach § 10 Abs. 4 S. 4 EStG möglich ist (Anschluss BFH, Urteil v. 18.1.2012, II R 49/10 zur Verfassungsmäßigkeit der Zuteilung einer Steueridentifikationsnummer und der Datenspeicherung).
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nrn. 3, 3a, Abs. 2a, 2 S. 3, Abs. 4 Sätze 1, 4; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Umfang der Abzugsmöglichkeit von Beiträgen des Klägers zur Kranken- und Pflegversicherung.
Der als Beamter privat krankenversicherte Kläger zahlte im Streitjahr Beiträge zur Kranken- und Pflegversicherung in Höhe von 2.673 EUR. Der Übermittlung der Beitragshöhe an eine zentrale Stelle nach § 10 Abs. 2a Einkommensteuergesetz –EStG– hatte der Kläger –im Gegensatz zur Klägerin– widersprochen. Die Klägerin ist gesetzlich versichert und leistete im Streitjahr Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 3.262 EUR. In ihrer Steuererklärung gaben die Kläger ferner an, Beiträge für die Arbeitslosenversicherung in Höhe von 531 EUR und für die Haftpflichtversicherung in Höhe von 274 EUR gezahlt zu haben.
Der Beklagte folgte der Steuererklärung der Kläger. Dabei wurden die o.g. Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben entsprechend § 10 Abs. 4 EStG mit dem doppelten Pauschbetrag in Höhe von insgesamt 3.800 EUR berücksichtigt. Zu einem vollständigen Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 10 Abs. 4 S. 4 EStG kam es nicht, weil die Aufwendungen des Klägers aufgrund der fehlenden Einwilligung in die Datenübermittlung gemäß § 10 Abs. 2 S. 3 EStG nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG, sondern nur nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG zu berücksichtigen sind. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Mit ihrer Klage machen die Kläger verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 10 EStG geltend. So verstoße es gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz –GG–, dass bei fehlender Einwilligung in die Datenübermittlung die Vorsorgebeiträge nicht auch bei Vorlage einer Bescheinigung auf Papier voll abzugsfähig seien. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keinen rechtfertigenden Grund. Die vom Gesetzgeber angestrebte Minderung des bürokratischen Aufwandes werde nicht erreicht, weil lediglich die Beifügung von schriftlichen Belegen der Krankenkasse gespart würde. Hingegen gebe es bürokratischen Mehraufwand durch den komplizierten Weg der elektronischen Mitteilung über die zentrale Stelle an die Landesfinanzverwaltungen.
Ferner werde das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Durch elektronische Erhebung, Speicherung und Weiterleitung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge werde elementar dieses Recht eingegriffen. Zwar sei zuvor eine Einwilligung in die Datenübermittlung notwendig. Es bestehe jedoch ein faktischer Zwang, diese zu erteilen. Es sei zudem kein rechtfertigender Grund dafür ersichtlich, weshalb bei der Datenübermittlung die Deutsche Rentenversicherung Bund eingebunden werde, die mit Beamten keine Berührungspunkte habe. Ferner begegne die Erfassung, Speicherung, Verarbeitung und Übermittlung der Daten erheblichen Bedenken wegen der Datensicherheit.
Die beschränkte Abzugsmöglichkeit der Vorsorgeaufwendungen verstoße auch gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, wonach Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben abzugsfähig sein müssten.
Um dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen, müsse der Nachweis der geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung individuell über eine der Steuererklärung beigefügte Bescheinigung ermöglicht werden. Dieses Verfahren sei bei der steuerlichen Veranlagung bisher erfolgreich angewandt worden. Dies sei auch genau das Verfahren, welches der Bundesdatenschutzbeauftragte befürworte und welches den Bedenken des Bundesrates Rechnung tragen würde.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Bescheids vom 24.4.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.6.2015 die Einkommensteuer 2013 um 557,56 EUR herabz...