Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderausgabenabzug von Altersvorsorgebeiträgen bei nicht fristgerechter Einwilligung in die Datenübermittlung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Einhaltung der Zweijahresfrist des § 10a Abs. 2a EStG i.V.m. § 10 Abs. 2a S. 1 EStG ist materiell rechtliche Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug.
- Die Anwendung der Änderungsvorschrift des § 91 EStG bleibt durch die Einführung des § 175b AO unberührt.
- Hat ein steuerpflichtiger bei Altersvorsorgebeiträgen gegenüber dem Anbieter nicht innerhalb der gesetzlichen Zweijahresfrist in die Datenübermittlung nach § 10a Abs. 5 S. 1 EStG eingewilligt, ist das Finanzamt berechtigt, die Einkommensteuerbescheide nach § 91 Abs. 1 S. 4 EStG dahingehend zu ändern, dass es die Altersvorsorgebeiträge nicht länger als Sonderausgaben nach § 10a EStG berücksichtigt.
Normenkette
EStG § 91 Abs. 1 S. 4, § 10 Abs. 2a, § 10a Abs. 2a; AO § 175b
Streitjahr(e)
2011, 2012
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung von Altersvorsorgebeiträgen als Sonderausgaben nach § 10a des Einkommensteuergesetzes in der im jeweiligen Streitjahr geltenden Fassung (EStG).
Der Kläger erzielte als A in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. In seinen Einkommensteuererklärungen für 2011 vom 24. September 2012 und für 2012 vom 1. Juli 2013 machte er Beiträge für Altersvorsorge geltend, die nach entsprechender Günstigerprüfung vom Beklagten (das Finanzamt - FA -) als Sonderausgaben anerkannt wurden. Mit Bescheiden vom 21. Dezember 2012 und 20. September 2013 wurde die Einkommensteuer für 2011 auf 36.591 € und für 2012 auf 48.534 € festgesetzt. Zudem wurde eine Steuerermäßigung wegen berücksichtigter Altersvorsorgebeiträge auf jeweils 728 € (für 2011 und 2012) gesondert festgestellt.
Im November 2015 teilte die zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) dem FA mit, dass der erstellte Datensatz nicht verarbeitet werden konnte. Dies sei gegebenenfalls darauf zurückzuführen, dass der Kläger seinem Anbieter die Einwilligung zur Datenübermittlung nicht erteilt habe.
Daraufhin erließ das FA am 15. Januar 2016 nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG geänderte Bescheide, durch die die Einkommensteuer 2011 auf 37.319,-- € und die Einkommensteuer 2012 auf 49.262 € festgesetzt wurden. Die Steuerermäßigung wegen berücksichtigter Altersvorsorgebeträge nach § 10 Abs. 4 EStG wurde für beide Jahre auf 0,-- € festgestellt.
Gegen die geänderten Bescheide legte der Kläger am 21. Januar 2016 Einspruch ein. Zur Begründung verwies er auf die beiliegenden Bescheinigungen der Pensionskasse, aus denen die geleisteten Altersvorsorgebeiträge hervorgingen.
Mit seiner Entscheidung vom 25. Mai 2016 (zur Post am 30. Mai 2016) wies das FA die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück. In den Gründen seiner Entscheidung führte das FA aus, bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 2009 sei die Höhe der Sonderausgaben durch eine Bescheinigung des Anbieters nach amtlich vorgeschriebenem Muster nachzuweisen. Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 werde dieser Nachweis durch Datenübertragung zwischen dem Anbieter und den beteiligten Behörden erbracht. Dem Steuerpflichtigen obliege es, gegenüber dem Anbieter die Einwilligung in diese Datenübertragung gemäß § 10a Abs. 2a EStG zu erklären. Bei dieser Einwilligung handele es sich um eine materielle Voraussetzung des Sonderausgabenabzuges, deren Form, Frist, Wirkung und Widerruf durch Verweis des § 10a Abs. 2a Satz 1 EStG auf § 10 Abs. 2a Sätze 1 bis 3 EStG geregelt sei. Diese Regelung sehe vor, dass die Einwilligung bis zum Ablauf des zweiten Kalenderjahres, das auf das Beitragsjahr folge, schriftlich zu erteilen sei. Da der Kläger die Einwilligung zur elektronischen Datenübermittlung erst am 16. Februar 2016 erteilt habe, sei der geltend gemachte Sonderausgabenabzug nicht zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Klägers könne der Nachweis auch nicht durch die vorgelegten Bescheinigungen in Papierform erbracht werden. Die entsprechende Ausnahmeregelung des BMF-Schreibens vom 24. Juli 2013, Textziffer 90 (Bundessteuerblatt - BStBl - I 2013, 1022) greife lediglich dann, wenn die Datenübertragung aus Gründen scheitere, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten habe. Dies sei im Streitfall nicht gegeben.
Mit seiner Klage vom 13. Juni 2016 verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, da die geltend gemachten Beiträge für Altersvorsorge aufgrund eines vor dem 1. Januar 2010 abgeschlossenen Vertrages (sogenannter Altvertrag) geleistet wurden, hätte der Anbieter vom Vorliegen einer Einwilligung zur Datenübermittlung ausgehen können (konkludente Einwilligung). Denn es sei sehr unwahrscheinlich, dass Steuerpflichtige, die einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hätten, die geleisteten Beiträge nicht steuerlich gelten machen wollten. Insoweit werde auf die Auffassung von Myßen/Wolter in NWB 2011, 280 Bezug genommen. Dies gelte umso mehr, als die Einwilligung in die Datenübermittlung letztlich nur dem Sc...