rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnerzielungsabsicht eines von einem selbstständigen Kinderarzt unterhaltenen, für hippotherapeutisches Reiten vorgesehenen landwirtschaftlichen Betriebs u. a. mit Zuchtpferden
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat ein selbstständiger, nicht über eine Qualifikation als Hippotherapeut verfügender Kinderarzt ein landwirtschaftliches Anwesen mit mehreren Scheunen und landwirtschaftlichen Grundstücken gekauft, als landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb angemeldet, hält er dort u. a. mehrere Zuchtpferde und macht er nachträglich geltend, er habe auf dem Hof Pferde züchten und diese Pferde unter Anstellung eines Hippotherapeuten für hippotherapeutisches Reiten nutzen wollen, dieser Plan sei jedoch an der trotz eines langjährigen Rechtsstreits nicht erhaltenen Baugenehmigung zur Errichtung einer Reithalle gescheitert, und hat er in den zehn Wirtschaftsjahren nach Anmeldung des landwirtschaftlichen Betriebs nur Verluste erzielt, so fehlt dem Betrieb von Anfang die Gewinnerzielungsabsicht, wenn der Arzt auch unter Berücksichtigung der von ihm geplanten Einnahmen angesichts der angedachten und im Einzelnen dargelegten Betriebsstruktur des hippotherapeutischen Reitens (u. a. nur sehr niedrige Einnahmen zwischen 30 und 40 EUR je 20 bis 30 Minuten Hippotherapie, Anstellung von Fachpersonal, persönliche Teilnahme an jeder Sitzung, hohe Kosten für die landwirtschaftlichen Gebäude, Maschinen usw.) voraussichtlich nicht einmal kostendeckend arbeiten hätte können und eine Gewinnerzielung ausgeschlossen erscheint.
2. Die Gewinnerzielungsabsicht ist bei verschiedenen, wirtschaftlich eigenständigen Betätigungen nicht einheitlich für die Gesamttätigkeit, sondern gesondert für die jeweilige Aktivität zu prüfen. Selbstständige Tätigkeitsbereiche, die nicht lediglich bloße Hilfstätigkeiten oder Nebentätigkeiten zu einer Haupttätigkeit darstellen, müssen auch selbstständig beurteilt werden (sog. Segmentierung; im Streitfall: getrennte Beurteilung einer Kinderarztpraxis und des an einem anderen Ort betriebenen, für hippotherapeutisches Reiten vorgesehenen landwirtschaftlichen Anwesens).
3. Die Leistungen eines Hippotherapeuten gehören grundsätzlich zur selbstständigen Arbeit i. S. d. § 18 EStG.
Normenkette
EStG § 13 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger in den Jahren 2002 bis 2011 (Streitjahre) aus einer Pferdezucht bzw. Reittherapie steuerlich relevante Einkünfte gemäß § 13 oder 18 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielte oder ob eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei bestand.
Der Kläger ist Kinderarzt und beschäftigt sich seit längerem mit behinderten Kindern. Er erzielt mit seiner Kinderarztpraxis in C… (Einzelpraxis) seit 1985 Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Der Kläger besitzt keine Qualifikation als Hippotherapeut.
Seit 1996 ist der Kläger Eigentümer des Grundstücks B…-straße in D… mit einer Gesamtfläche von 4.702 qm. Das Grundstück ist im vorderen Bereich entlang der B…-straße mit einem Wohnhaus bebaut, an das sich in nördlicher Richtung eine Scheune direkt anschließt. An der östlichen Grundstücksgrenze befinden sich im vorderen Bereich zwei Scheunen zur Lagerung von Stroh und Heu.
Zum 1. März 2002 meldete der Kläger einen allgemeinen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb an. Am 14. Mai 2002 beantragte er, eine Genehmigung für den Bau einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle zu erteilen.
In 2002 nahm der Kläger die Wallache Nathan und Domino sowie die Zuchtstute Peppy A… in sein Betriebsvermögen auf. 2003 folgte eine weitere Zuchtstute mit Namen Farina. Die Zuchtstuten gebaren in den Jahren 2004 bis 2006 die Fohlen Peppy B…, Peppy C… und Contessa. Zudem gehörte der Wallach Prinz zum Betriebsvermögen. Zwei weitere Pferde wurden in E… zur Ausbildung untergebracht. Darüber hinaus gab es auf dem Hof drei Heidschnucken, zwei Lämmer sowie zwei Minipigs.
Am 1. Juli 2002 erstellte die landwirtschaftliche Unternehmensberatung F… für den Kläger ein „Betriebskonzept Pferdehaltung” sowie einen Sachbericht. Wegen der Einzelheiten wird auf das Konzept und den Sachbericht verwiesen.
In den eingereichten Steuererklärungen und Gewinnermittlungen bezeichnete der Kläger den Betrieb als Pferdezucht; es wurden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt.
Die Gewinnermittlungen der Streitjahre nach § 4 Abs. 3 EStG wiesen die folgenden Ergebnisse aus:
Zeitraum |
Einnahmen (ohne Erstattungen der Umsatzsteuer) |
Ausgaben |
Gewinn |
1.3.2002-30.6.2002 |
2.140,00 EUR |
6.176,64 EUR |
./. 4.036,54 EUR |
1.7.2002-30.6.2003 |
2.140,00 EUR |
12.388,34 EUR |
./. 10.248,34 EUR |
1.7.2003-30.6.2004 |
2.140,00 EUR |
26.829,42 EUR |
./. 23.878,84 EUR |
1.7.2004-30.6.2005 |
7.185,00 EUR davon 5.000 EUR „aktivierte Eigenleistungen: Fohlen” |
22.950,05 EUR |
./. 14.127,48 EUR |
1.7.2005-30.6.2006 |
2.200,00 EUR |
25.565,46 EUR |
./. 20.547,97 EUR |
1.7.2006-30.6.2007 |
4.567,00 EUR davon 2.467 EUR umsa... |