rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensverfall eines Steuerberaters. Gefährdung der Auftraggeberinteressen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Vermögensverfall ist erst dann beseitigt, wenn der Schuldner mit den Gläubigern der (titulierten) Forderungen Vereinbarungen getroffen hat, die erwarten lassen, dass es zu keinen weiteren Vollstreckungsmaßnahmen mehr kommen wird.
2. Die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerberaters ausgelöste gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls entfällt nicht im Hinblick auf die Möglichkeit, dass sich nach Auskunft des Insolvenzverwalters zwischenzeitlich der Abschluss des Insolvenzverfahrens abzeichnet und der Eintritt in die Phase der Restschuldbefreiung bevorsteht.
3. Die ungeordneten Vermögensverhältnisse eines Berufsangehörigen rechtfertigen im Regelfall die Annahme, die Auftraggeberinteressen seien gefährdet. Ein Nachweis, dass eine solche Gefährdung im konkreten Fall nicht gegeben sei, ist nur in Ausnahmefällen denkbar.
4. Eine Gefährdung der Interessen der Mandanten entfällt nicht dadurch, dass der in Vermögensverfall geratene Steuerberater seinen Beruf im Angestelltenverhältnis für eine Steuerberatungsgesellschaft ausübt, für die neben ihm selbst nur ein weiterer Berufsträger tätig ist.
5. Steht fest, dass ein Steuerberater sich in sonstigen geschäftlichen oder auch in eigenen (insbesondere steuerlichen) Angelegenheiten unzuverlässig verhält und sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben hält, besteht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Berater unter dem Druck seiner Vermögenslosigkeit ungeachtet der vertraglichen Vereinbarungen die Interessen seiner Mandanten verletzt.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger wurde im Jahre 19xx zum Steuerbevollmächtigten und im Jahre 19xx zum Steuerberater bestellt. Insbesondere durch Immobiliengeschäfte geriet der Kläger in eine finanzielle Schieflage. Ausweislich einer Vermögensaufstellung des Klägers vom 30.04.2005 standen ihm zuzurechnenden Grundstücken im Wert von 1.496.750,00 EUR grundstücksbezogene Verbindlichkeiten in Höhe von 1.469.854,00 EUR sowie private Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 713.305,00 EUR gegenüber. Im Juli 2004 teilte das für den Kläger ursprünglich zuständige Finanzamt D der Oberfinanzdirektion … mit, dass für den Kläger ausweislich der beigefügten Rückstandanzeigen – trotz unregelmäßiger Zahlungen an den Vollstreckungsbeamten – offene Forderungen in Höhe von insgesamt 185.348,46 EUR (Steuern: 143.959,94; Säumniszuschläge: 41.388,52) bestünden. Darin enthalten waren unter anderem nicht beglichene Lohnsteuer- und Umsatzsteuerbeträge, die zum Teil die Jahre 1997 und 2003 betrafen. Zudem habe der Kläger rund zwei Monate zuvor zugesagt, eine Darstellung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sowie einen Tilgungsplan zu übersenden, beides sei nicht geschehen.
Im Zuge des von der Beklagten eingeleiteten Anhörungsverfahrens zeigte der Kläger der Beklagten zunächst an, im Januar 2005 seine berufliche Niederlassung nach E verlegt zu haben. Eine Nachschau der Steuerberaterkammer C ergab jedoch, dass nach Einschätzung der Kammer unter der angegebenen Adresse in F, …, tatsächlich – etwa mangels Praxisschilds – keine beruflichen Aktivitäten des Klägers erkennbar seien. Im August 2005 unterrichtete der Kläger die Steuerberaterkammer C dahingehend, dass er sein Einzelunternehmen von F nach G verlegt habe. Schließlich zeigte der Kläger im Mai 2006 der Kammer in … an, den Sitz seines Einzelunternehmens zurück nach B verlegt zu haben.
Erstmals im März 2005 teilte der Kläger der Steuerberaterkammer C mit, dass und aus welchen Gründen ein Vermögensverfall zu verneinen sei. Im Mai 2005 ergänzte der Kläger seine Angaben im Hinblick auf Einzelheiten seiner Vermögenssituation. Im Juni 2005 teilte das Finanzamt D der Steuerberaterkammer C mit, dass für den Kläger offene Forderungen in Höhe von insgesamt 175.495,42 EUR bestünden; über Anträge des Klägers, Vollstreckungsaufschub zu gewähren, sei noch nicht entschieden.
Daraufhin bat die Steuerberaterkammer C den Kläger im September 2005, bis zum 14. November 2005 Stundungs- bzw. Tilgungsvereinbarungen mit den zuständigen Finanzämtern sowie die schriftliche Stundungsvereinbarung mit dem Privatgläubiger H zu übersenden. Der Kläger übersandte der Kammer eine Zusage des Finanzamts I vom 04.11.2005, nach der das Amt für die Dauer von sechs Monaten von weiteren Vollstreckungsakten absehen wollte, wenn der Kläger die vereinbarten monatlichen Raten in Höhe von 1.500,00 EUR und die laufend fällig werdenden Steuern pünktlich entrichten werde. Zu diesem Zeitpunkt beliefen sich die Forderungen des Finanzamts I auf insgesamt 165.907,54 EUR (Steuern: 121.614,01 EUR, Säumniszuschläge: 44.293,53 EUR). Ein weiterer privater Gläubiger, Herr H, bestätigte dem Kläger die zinslose Stundung der offenen Forderung zunächst bis zum 31.12.2006.
Nachdem der Kläger im Mai 200...