Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erstattung von einbehaltenen Zinsabschlägen und Solidaritätszuschlag, wenn nicht geklärt ist, ob der Steuerpflichtige im Inland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat
Leitsatz (redaktionell)
Ist bei einer mit internationalem Haftbefehl gesuchten Person, deren steuerliche Interessen durch einen Abwesenheitspfleger wahrgenommen werden, nicht geklärt, ob die Person im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, so entspricht es der Sicherungsfunktion des § 43 EStG, in diesen Zweifelsfällen den Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 43 Abs. 1 Nr. 7b S. 1; AO § 37 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von im Jahr 1999 einbehaltener Kapitalertragsteuer auf Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen.
Der am ... geborene, zuletzt bis 1962 in Baden-Baden wohnhaft gewesene Kläger wird seit ca. 40 Jahren erfolglos vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg gesucht. Vom Landgericht Baden-Baden wurde ein internationaler Haftbefehl auf den Kläger ausgestellt. Er ist dringend verdächtig, im Jahr 1941 als SS-Lagerarzt des früheren Konzentrationslagers Mauthausen zahlreiche Häftlinge durch Herzinjektionen ermordet zu haben. Ausweislich einer Pressemitteilung des Spiegels (Der Spiegel) wähnten Geheimdienstler den Kläger im Jahr ... als Polizeiarzt in ... und Kriminalisten glaubten, dass er im Grenzgebiet von Deutschland, der Schweiz und Österreich unter einem Falschnamen lebe. Für den Kläger wurde wiederholt, zuletzt am 5. Februar 1997 ein Abwesenheitspfleger zur Verwaltung des Vermögens, soweit es sich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befindet, bestellt. Der Kläger verfügt über umfangreiches Kapitalvermögen in der Bundesrepublik, das von dem Abwesenheitspfleger auf Sparkonten bei der Berliner Sparkasse angelegt worden ist. Die Berliner Sparkasse hat für das Jahr 1999 von den Kapitalerträgen Zinsabschlagsteuer sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 19.926,15 DM einbehalten und abgeführt. Der Prozessbevollmächtigte des Abwesenheitspflegers beantragte beim Beklagten erfolglos die Erstattung der einbehaltenen Steuern.
Der Beklagte lehnte die Erstattung ab, da nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger noch lebe bzw. sich nicht in Deutschland aufhalte und damit nicht feststehe, wer die Kapitalerträge zu versteuern habe. Der Nachweis, dass es sich bei dem Kläger um einen Steuerausländer handele, fehle für den vorliegenden Erstattungsantrag. Die möglicherweise gerechtfertigte Vermutung, dass sich der Kläger schon deshalb dauerhaft im Ausland aufhalte und dort seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort bzw. Wohnsitz habe, weil er sich beim Aufenthalt in Deutschland mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einer Strafverfolgung wegen Mordes aussetze, ersetze den Nachweis der Steuerausländereigenschaft nicht. Der Kläger trage die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - für die Erstattung des gezahlten Zinsabschlages erfüllt seien.
Mit der nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren erhobenen Klage macht der Abwesenheitspfleger geltend, dass der Kläger als Steuerausländer anzusehen sei, da mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort habe. Zudem habe der Kläger gemäß § 1921 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - auch für das Besteuerungsverfahren als lebend zu gelten.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 25. Februar 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2000 zu verpflichten, den Anspruch auf Erstattung einbehaltener Kapitalertragsteuer und einbehaltenen Solidaritätszuschlags für 1999 auf 19.926,15 DM festzusetzen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt an, dass der Kläger trotz Aufforderung bisher keine Beweismittel vorgelegt habe, die belegen würden, dass er sich wirklich dauernd im Ausland aufhalte. Die Vermutung eines dauernden Auslandsaufenthaltes des Klägers reiche für die Steuererstattung nicht aus.
Dem Gericht haben die für den Beklagten geführten Kapitalertragsteuer-Erstattungsakten (ein Band) vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen Zinsabschläge nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 19.926,15 DM für das Jahr 1999 nach § 37 Abs. 2 AO nicht zu. Ist eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Der Kapitalertragsteuerabzug ist entgegen der Ansicht des Klägers im Streitjahr jedoch zu Recht durchgeführt worden.
Die Erträge des Klägers aus Sparguthaben stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz - EStG - dar. Allerdings sind ...