Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflege-Pauschbetrag: Von der Pflegekasse übernommene Rentenversicherungsbeiträge als „Einnahmen“ i. S. des § 33b Abs. 6 EStG?
Leitsatz (redaktionell)
Die Gewährung eines Pflege-Pauschbetrages gem. § 33b Abs. 6 EStG scheitert nicht daran, dass die Pflegekasse für den Steuerpflichtigen gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB-XI in Verb. mit §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 166 Abs. 2 Nr. 2b SGB-XI Rentenversicherungsbeiträge entrichtet. Letztere stellen keine „Einnahmen“ i. S. des § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG dar.
Normenkette
EStG § 33b Abs. 6 S. 1; SGB XI § 44 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 166 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Die Kläger sind vom Beklagten zusammenveranlagte Eheleute. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1998 beantragten sie die Gewährung des Pflege-Pauschbetrages in Höhe von 1.800,00 DM wegen der Pflege der Mutter der Klägerin, Frau ..., welche im Haushalt der Kläger lebte.
Die Klägerin bezog im Streitjahr 1998 in der Zeit vom 1. Januar bis zum 28. September Arbeitslosengeld in Höhe von rund 14.300,00 DM, für die restliche Zeit des Jahres erhielt sie Krankengeld (rd. 4.800,00 DM). Die am ... 1915 geborene Mutter der Klägerin verfügt über einen Schwerbehindertenausweis, in dem ihr ab 16. Februar 1998 ein Grad der Behinderung von 90 % und die Merkmale ’G’; ’H’ und ’RF’ bescheinigt werden; die Mutter der Klägerin erhielt ab 1. März 1998 von der Pflegekasse X Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II in Höhe von monatlich 800,00 DM.
Das Amtsgericht ... hat die Klägerin am 18. September 1998 zur Betreuerin ihrer Mutter bestellt; die Betreuung umfasst die Sorge für die Gesundheit, die Vertretung vor Behörden und die Aufenthaltsbestimmung.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1998 wich der Beklagte u. a. hinsichtlich des geltend gemachten Pflege-Pauschbetrages von der Erklärung der Kläger ab. Als Begründung führte er in einer Anlage zum Einkommensteuerbescheid aus:
„Durch die Zahlung der X ist der Gewährung des Pflege-Pauschbetrages ausgeschlossen. Die Aufwendungen für die Pflege der Mutter / Schwiegermutter sind damit abgegolten (vgl. § 33 b Abs. 6 EStG).“
Hiergegen haben die Kläger sich rechtzeitig mit einem als ’Widerspruch’ bezeichneten Einspruch gewandt. Sie machten geltend, dass die Zahlung des Pflegegeldes durch die X an die gepflegte Person, Frau ..., und nicht an die Kläger erfolge. Die Klägerin pflege ihre Mutter unentgeltlich. Die X übernehme lediglich gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch XI - SGB XI - aufgrund der ehrenamtlichen Tätigkeit der Klägerin deren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Hierbei handele es sich um kein Einkommen; außerdem kämen diese Leistungen der Klägerin erst nach Eintritt in den Ruhestand und dann mit einem Rentenwert von ca. 20,00 DM monatlich zu Gute.
Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 1. März 2000 gab der Beklagte dem Einspruch teilweise - wegen anderer Streitpunkte - statt; hinsichtlich des geltend gemachten Pflege-Pauschbetrages wies er dagegen den Rechtsbehelf als unbegründet zurück.
Es sei zwar unbestritten, dass die Mutter der Klägerin eine pflegebedürftige Person i. S. d. § 14 SGB XI, und dass die Klägerin eine Pflegeperson i. S. d. § 19 S. 1 SGB XI sei sowie dass sie die Pflege mindestens 14 Stunden wöchentlich nicht erwerbsmäßig ausübe. Weiterhin sei unstreitig, dass das Pflegegeld nicht den Klägern, sondern der gepflegten Person zugeflossen sei und kein Entgelt für die Pflege durch die Klägerin darstelle; allerdings scheitere der Anspruch auf Gewährung des Pflege-Pauschbetrages daran, dass die Klägerin für die Pflege eine Einnahme in Form der von der X getragenen Rentenversicherungsbeiträge erhalten habe (§ 33 b Abs. 6 S. 1, letzter Halbsatz EStG).
Aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin neben ihrer Pflegetätigkeit nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig gewesen sei, sei die X gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB XI verpflichtet gewesen, zur Verbesserung der sozialen Sicherung der Klägerin deren Rentenversicherungsbeiträge nach Maßgabe der §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 166 Abs. 2 Nr. 2 b SGB XI zu entrichten. Dies stelle eine Einnahme der Klägerin im Sinne des § 33 b Abs. 6 S. 1 EStG dar, wenn diese Einnahme ihr auch erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Gute komme.
Hiergegen haben sich die Kläger mit der rechtzeitig erhobenen Klage gewandt.
Sie wiederholen im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem außergerichtlichen Vorverfahren; ergänzend weisen sie darauf hin, dass die Intentionen des Gesetzgebers, die häusliche Pflege zu stärken und die damit einhergehenden Belastungen für die Pflegeperson auch steuerlich zu berücksichtigen, ins Leere laufen würden, wenn die Ansicht des Beklagten zuträfe; denn dann gäbe es praktisch keinen Fall mehr, in dem der Pflege-Pauschbetrag zu gewähren sei.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über Einkommensteuer für 1998 vom 30. August 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2000 zu ändern, indem der Pflege-Pauschbetrag in Höhe von 1.800,00 DM gemäß § 33 b Abs. 6 EStG gewährt wird.
Der Beklagte be...