Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerrufs der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 27.01.1998; Aktenzeichen VII R 65/97) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt … DM.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung –GmbH– mit Sitz in … (Tochtergesellschaft). Ihre alleinige Gesellschafterin, von der sie im vorliegenden Verfahren als Prozeßbevollmächtigte vertreten wird, ist ebenfalls eine Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in … (Muttergesellschaft). Deren Gesellschafter sind natürliche Personen im Sinne des § 50 a Abs. 1 Nr. 1 Steuerberatergesetz –StBerG–.
Die Beklagte widerrief nach Anhörung der Beigeladenen und der Klägerin deren Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft, weil diese sich im Hinblick auf die gerügte Verfassungswidrigkeit des § 50 a Abs. 1 Nr. StBerG geweigert hatte, den dem Gesetz entsprechenden Zustand herbeizuführen, daß ihre Gesellschafter nur natürliche Personen im Sinne der §§ 50 a Abs. 1 Nr. 1, 50 StBerG sind.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin unter Vorlage eines verfassungsrechtlichen Gutachtens von … zuvörderst beantragt,
den Widerrufsbescheid der Beklagten vom 10. November 1993 III A 2 – S 0938 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, daß der Widerrufsbescheid der Beklagten der Rechtslage nach dem Steuerberatergesetz entspricht. Die gerügten Verfassungsverstöße liegen nicht vor.
I.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft, die bereits am 16. Juni 1989 anerkannt war (Altgesellschaft). Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt waren ausschließlich natürliche Personen. In den Jahren 1991 und 1992/1993 erwarb die Muttergesellschaft, eine GmbH, sämtliche Gesellschaftsanteile an der Klägerin. Damit ist über § 155 Abs. 4 Satz 4 StBerG auch § 55 Abs. 2 und 3 StBerG anwendbar. Als Kapitalgesellschaft durfte sich die Muttergesellschaft nicht an der Klägerin beteiligen (§ 50 a Abs. 1 Nrn. 1 und 3 StBerG). Soweit die Beklagte von einer unmittelbaren Anwendung des § 55 Abs. 2 und 3 StBerG ausgegangen ist, führt diese unvollständige Begründung nicht zur Annahme eines Ermessensfehlers.
II.
Die Klägerin wird durch die einfachgesetzlichen Vorschriften des Steuerberatergesetzes nicht in ihren Grundrechten verletzt.
1. Zunächst greift die Rüge eines Verfassungsverstoßes nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz –GG– nicht durch.
a) Die Klägerin ist gemäß Art. 19 Abs. 3 GG als inländische Steuerberatungs-GmbH jedenfalls für den Bereich der von ihr selbst ausgeübten (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 StBerG), durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit der Steuerberatung Trägerin des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG (vgl. Sachs, Gutachten S. 2 ff.). Die §§ 155 Abs. 4 Satz 4, 55 Abs. 1 Nr. 1, 3 StBerG beschränken die Grundrechtsfähigkeit der Klägerin nicht mit der Folge, daß eine Grundrechtsverletzung durch sie von vorneherein ausgeschlossen wäre. Der – allerdings vom Oberverwaltungsgericht –OVG– Koblenz (Neue Juristische Wochenschrift –NJW– 1980, 1866, 1867) gewählte – Ansatz, juristischen Personen eine Grundrechtsfähigkeit nur insoweit zuzuerkennen, als ihre Bestätigung durch das einfache Gesetzesrecht zugelassen wird, ist mit Art. 19 Abs. 3 GG nicht zu vereinbaren (… Gutachten S. 7, Henssler, Die Freiberufler-GmbH, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht –ZIP– 1994, 844, 846). Die anerkannte Anwendbarkeit des Grundrechts der Berufsfreiheit für juristische Personen hinsichtlich einer Erwerbszwecken dienenden Tätigkeit (vgl. nur Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl. 1995, Rz. 9 zu Art. 12; Sachs Gutachten S. 4 jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG–) würde leerlaufen, wollte man Einschränkungen der Bestätigungsfreiheit nicht am Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG messen, sondern selbst erst als Konkretisierung des Umfangs des Grundrechtsschutzes auffassen.
Die Erwägung, die Ausübung der Steuerberatungstätigkeit durch eine GmbH widerspreche der Steuerberatung als einem freien Beruf, kann danach nicht von vorneherein zu einer Verneinung der Grundrechtsfähigkeit der Klägerin führen, sondern erst als Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs Bedeutung erlangen (vgl. … Gutachten S. 4 f.)
Auch aus der in der Gesetzesbegründung zum Steuerberatungsgesetz verwandten Formulierung, die Steuerberatungsgesellschaften seien nur „Instrumente” für eine gemeinsame Berufsausübung der Steuerberater, läßt sich nichts gegen eine eigene Grundrechtsträgerschaft der Klägerin herleiten (vgl. … Gutachten S. 5 ff. mit der entsprechenden Fundstelle aus den BT-Drucksachen). Wenn die Bundessteuerberaterkammer unter Berufung u. a. auf diese Formulierung meint, zwischen...