rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zur Frage, ob die mit Wirkung ab August 2019 durch § 62 Abs. 1a EStG eingeführte Nichtgewährung von deutschem Kindergeld an nicht erwerbstätige Angehörige eines anderen Mitgliedstaats in den ersten drei Monaten ab Begründung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland gegen das unionsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 verstößt. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim EuGH: C-411/20
Leitsatz (redaktionell)
Dem EuGH wird nach Art. 267 des AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind Art. 24 RL 2004/38/EG und Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats, der im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt begründet und nicht nachweist, dass er inländische Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus nichtselbständiger Arbeit hat, für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Familienleistungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. j in Verbindung mit Art. 1 Buchst. z VO (EG) Nr. 883/2004 hat, während ein Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats, der sich in der gleichen Situation befindet, ohne den Nachweis inländischer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus nichtselbständiger Arbeit einen Anspruch auf Familienleistungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. j VO (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 1 Buchst. z VO (EG) Nr. 883/2004 hat?
Normenkette
EGRL 38/2004 Art. 24 Abs. 1-2; EGV Nr. 883/2004 Art. 4, 1 Buchst. z, Art. 3 Abs. 1 Buchst. j; EStG § 62 Abs. 1a Sätze 1-2, § 52 Abs. 49a S. 1
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt und dem EuGH wird nach Art. 267 des AEUV zur Vorabentscheidung folgende Frage vorgelegt:
Sind Art. 24 RL 2004/38/EG und Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats, der im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt begründet und nicht nachweist, dass er inländische Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus nichtselbständiger Arbeit hat, für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Familienleistungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. j in Verbindung mit Art. 1 Buchst. z VO (EG) Nr. 883/2004 hat, während ein Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats, der sich in der gleichen Situation befindet, ohne den Nachweis inländischer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus nichtselbständiger Arbeit einen Anspruch auf Familienleistungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. j in Verbindung mit Art. 1 Buchst. z VO (EG) Nr. 883/2004 hat?
Tatbestand
I. Sachverhalt
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Bescheid vom 27. Dezember 2019, mit dem die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld ab August 2019 für das 2003 geborene erste Kind S. und das 2005 geborene zweite Kind N. in der gesetzlichen Höhe von jeweils 204,00 EUR pro Monat und für das 2010 geborene dritte Kind A. in der gesetzlichen Höhe von 210,00 EUR pro Monat abgelehnt hatte.
Die Klägerin ist Mutter der Kinder S., N. und A. Vater der drei Kinder und Ehemann der Klägerin ist V. Die Klägerin, ihr Ehemann V. und die drei Kinder sind bulgarische Staatsangehörige.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten erstmals im Mai 2015 Kindergeld für ihre drei Kinder. Mit Bescheid vom 13. Mai 2015 setzte die Beklagte antragsgemäß Kindergeld für die drei Kinder ab dem Monat Mai 2015 fest und zahlte fortlaufend Kindergeld an die Klägerin aus.
Am 25. April 2016 meldete die Meldebehörde die Klägerin und ihre drei Kinder mit Wirkung ab 6. April 2016 von ihrer bisherigen Meldeanschrift in der Y-Str. in der Stadt B. (Bundesrepublik Deutschland) von Amts wegen ab, weil die Wohnung unter dieser Anschrift leer stand. Am 3. Juni 2016 stellte die Beklagte die Zahlung von Kindergeld an die Klägerin für ihre drei Kinder ein, nachdem sie hiervon erfahren hatte. Außerdem hob die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juni 2016 die Festsetzung des Kindergeldes ab dem Monat Mai 2016 auf und forderte das für diesen Monat gezahlte Kindergeld in Höhe von 576,00 EUR von der Klägerin zurück.
Im Dezember 2017 stellte die Klägerin unter Angabe einer Anschrift in H. (Bundesrepublik Deutschland) einen Kindergeldantrag für zwei ihrer drei Kinder, nämlich für N. und A., bei der Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord. Mehrere Schreiben, die die Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord an die Klägerin versandte, kamen jeweils mit dem Vermerk des Postdienstleisters „Empfänger unbekannt” auf dem Briefumschlag zurück.
Mit Bescheid vom 1. August 2018 lehnte die Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord den Antrag...